Was machen LaNus an einem Mustersommertag, bei Sonnenhutwetter, 30 Grad?
Genau, sie reisen in die Landeshauptstadt! Nach der Bahnfahrt durch das optisch mäßig ansprechende Berlin trudelten kulturbegeisterte Sechs, die das Wahlpflichtmodul Landnutzungs-, Agrargeschichte und Dorfentwicklung belegen, in Potsdam ein. Dort, wo ein schmuckes Baudenkmal sich ans nächste reiht und Touristen zum Schloss Sanssouci strömen, fuhren wir erst einmal Straßenbahn.
Über die Havel, vorbei am Landtagsgebäude, bis kurz vor das Nauener Tor; begleitet und geführt von der LANU Studentin Sophia Dehn aus dem vierten Semester, die unser Tagesziel selbst schon aus dem 2. Semester kannte und dazu jede Menge berichten konnte. Von dort aus noch wenige Schritte zu Fuß, zum Sitz der Unteren Denkmalschutzbehörde, wo uns Andreas Kalesse empfing.
Je schöner die Häuser, desto näher kommt man der Denkmalschutzbehörde
Der Potsdamer Stadtkonservator gab uns eine kurze Einführung zur Geschichte der Potsdamer Garten- und Landwirtschaftskultur. Gleich darauf brach er mit uns zur historischen russischen Kolonie Alexandrowka auf, die nur einen kurzen Spaziergang entfernt liegt. Die 13 Gebäude mit den dazugehörigen großzügig angelegten Nutzgärten lassen vermuten, dass man viele tausend Kilometer weit nach Osten gereist ist. Die filigran verzierten, mehrgeschossigen Bauten sehen aus wie echte russische Blockhäuser, sind tatsächlich aber „nur“ Fachwerk, außen verkleidet mit halbierten Holzstämmen.
Vor stolzen 190 Jahren ließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. sie errichten, in Gedenken an seinen verstorbenen Freund Zar Alexander I., denn „ein Denkmal bauen kann ja jeder“, so Herr Kalesse. Die Häuser wurden von 12 russischen Kolonisten mit ihren Familien bewohnt, heute sind die meisten in Privatbesitz. Zur Kolonie gehören auch noch ein kleines Museum, ein Restaurant, die Alexander-Newski-Gedächtniskirche und natürlich die riesige Sammlung von Obstgehölzen in den Gärten. Die zum Teil nachgepflanzten Sträucher und Bäume (über tausend an der Zahl!) zeigen eine heute bedrohte Vielfalt; über 500 Sorten, vor allem Äpfel, wachsen hier. Herr Kalesse veröffentlichte gemeinsam mit Herrn Dr. Brudel sogar einen bebilderten pomologischen Führer, der alle Sorten in Alexandrowka auflistet und beschreibt.
Mit Sophia Dehn war er im letzten Jahr auf dem Gelände Äpfel ernten; die beiden suchten eine Verwendung für das anfallende Obst, das jedes Jahr in der Herbstsonne reift.
Paradiesapfel und Querfurter Königskirsche
An vielen Hochstämmen auf der Anlage sind Etiketten mit ihren Sortennamen zu finden. Vor über hundert Jahren war es selbstverständlich, dass in jeder Region eigene, angepasste Züchtungen angebaut (und kreativ benannt) wurden. Die Vielfalt war riesig, ein Kulturschatz für sich, von dem ein Teil in der russischen Kolonie zu bestaunen ist. Heute gibt es in
Supermärkten bestenfalls drei verschiedenartige Äpfel; rote, gelbe und grüne…Im September ist in der Alexandrowka wieder ein Apfelfest geplant, auf dem allen Interessierten die alten Obstsorten näher vorgestellt werden, dazu gibt es Kulinarisches frisch aus den Früchten, Vorträge und Baumschnittkurse. Als über Potsdam dunkle Wolken aufzogen, verließen wir das 18 Hektar große Gelände und ließen uns von Herrn Kalesse noch einige historische Pflaster in der Stadt zeigen. Nachdem auf die ersten Tropfen ein Gewittersturm folgte, verabschiedeten wir uns und fuhren vom Potsdamer Bahnhof zurück in Richtung Norden.
Wir durften einen sehr schönen und lehrreichen Tag in der Stadt verbringen; zwischen all unseren Exkursionen in die Natur war die Extraportion Kulturgeschichte eine wunderbare Abwechslung.
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