Ein Gastbeitrag von Anne Strieder
Einmal im Semester haben wir an der HNEE eine ganz besondere Woche – die Blockwoche. Fünf Tage am Stück haben Studierende und Dozierende Zeit und Raum sich einem konkreten Thema zu widmen. Aus 90 Minuten wöchentlicher Lehrveranstaltung werden eine Woche geblockte Lehrveranstaltung 9 to 5. In unserer letzten Winterblockwoche (3. Dezember - 7. Dezember 2018) haben wir von ackerdemiker.in wieder Modulteilnehmer*innen gebeten, uns Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen der Blockwoche zu geben. RUNerin und bloggerin Sarah Maria Hartmann hat angefangen, LaNu Anne Strieder macht nun weiter.
Montag
Später Vormittag, im Zug nach Potsdam. Während die erste Gruppe der GÖks (was das heißt? Steht am Ende) schon durchs Museum läuft, kommt die zweite um 13 Uhr im Naturkundemuseum an. Es folgt eine Führung des Sammlungs- und Ausstellungskonservators Dr. Berger durch diese Stätte für Brandenburgs Tierwelt. Die vielen Präparate geben uns einen Einblick in die heimischen Tierarten, von kleinen Insekten über Großtrappen und Wölfe bis zum Elch.
Doch auch die Welt unter Wasser ist nicht zu verachten, leben auch hier mehrere für Brandenburg typische und teils bedrohte Arten. Herr Rothe, Leiter des Aquariums, verschafft uns einen Überblick. Verschiedene Aquarien, die versuchen, die Lebensräume der Fische auf dem begrenzten Platz im Keller darzustellen, zeigen uns lebende Beispiele. Auf diese Weise können wir die unterschiedlichen Flussregionen mit ihren jeweiligen Bedingungen und vorkommenden Fischarten erkennen. So z. B. die Bachforelle auf einem kiesigen Untergrund. Zum Ende hin bekommen wir zusätzlich praxisnahe Tipps dazu, wo wir welche Fische hier in der Umgebung von Eberswalde finden können. Ebenso ist hier die europäische Sumpfschildkröte (die einzig heimische Art) zu sehen.
Der nächste Schwerpunkt liegt bei biologischen Invasionen durch das Handeln des Menschen. Hierbei begegnen uns jedoch Beispiele aus der ganzen Welt. Diese erklären, was Invasionen eigentlich sind, wie sie ablaufen, und ob wirklich alle immer schädlich sind (Antwort: nein). Aber wenn doch, können diese ein ganzes Ökosystem mit seinen über viele Jahre entstandenen und ausgefeilten Wechselwirkungen durcheinanderbringen. So brüten einige Vogelarten in Australien ihre Eier auf dem Boden aus und waren nie in Gefahr. Durch eingeschleppte Ratten werden die Eier jedoch gefressen und diese Änderung geschieht so rasch, dass eine Anpassung der Vögel an die neuen Bedingungen nicht möglich ist. Bei anderen sind die Gefahren und Verdrängungen im Ökosystem unklar, da Entwicklungen in einem so komplexen Netz nur sehr schwer vorhersagbar sind.
Nach der langen Führung werden dann doch die Glieder schwerer und die Aufmerksamkeit schwindet. Am Ende bleibt bei einem eigenständigen Rundgang noch etwas Zeit, selbst Themen zu vertiefen, die in der Führung angeschnitten wurden.
Dienstag
Gleicher Name, anderes Programm: Das Museum für Naturkunde in Berlin hat nicht viel gemeinsam mit dem in Potsdam (ein Besuch in beiden lohnt sich also!). Heute führt uns unser Dozent Prof. Dr. Schulz durchs Museum. Hier steht nicht unser kleiner Ausschnitt der Welt im Fokus, sondern verschiedene Gebiete. Sichtbar an der Biodiversitätswand und der Nasssammlung, wo die Präparate in Alkohol eingelegt sind. Doch auch bei der Wand sind die Betreibenden so „chauvinistisch“ unterwegs wie die meisten Menschen und zeigen nur wenige Arthropoden, obwohl diese einen so großen Teil der Tierwelt ausmachen. Na ja, Säugetiere sind für die meisten dann doch anschaulicher.
Den Einfluss der Evolution auf die Artbildung können wir uns an verschiedenen Beispielen näher ansehen: So entwickelten sich z.B. auf Neuguinea verschiedene Paradiesvogelarten durch Isolation. Ein anderer Treiber der Evolution spielt beispielsweise beim Pfau eine große Rolle. Welchen Sinn sollte es haben, große Federn zu entwickeln und quasi zu schreien „Huhu, an meine Fressfeinde: hier bin ich, kommt doch und holt mich!“? Die einzig logische Erklärung ist die der sexuellen Evolution, sprich den Weibchen zu imponieren. Diese suchen sich die Männchen mit prächtigeren Federn aus und zeugen mit ihnen Nachkommen.
Anknüpfungspunkte an die Zoologie-Vorlesung finden sich in sehr großen Modellen von unter anderem einer Wanze und Fliege von Alfred Keller. Diese Modelle sind so anschaulich und exakt, dass Abbildungen von ihnen jahrelang verschiedene Schulbücher zierten.
Außerdem wird uns deutlich, dass Museen immer mehrere Funktionen haben. Die erste, offensichtliche ist die zu informieren und Begeisterung in fachfremden Leuten zu wecken. Doch darüber hinaus sind sie „Archive des Lebens“ und enthalten für die normalen Besuchenden nicht direkt sichtbare Sammlungen von Präparaten. Diese können interne und externe Wissenschaftler*innen untersuchen. So können sie Aussagen über neue Arten (durch Vermessen und Vergleichen von z.B. Vögeln aus verschiedenen Gebieten) oder die Auswirkungen des Klimawandels (durch Vermessen und Vergleichen von Funden aus verschiedenen Jahren) treffen.
Auch angehende Wissenschaftler*innen wie wir können diese Sammlungen nutzen; an dieser Stelle erhalten wir den Hinweis, das gerne auch für die Bachelor- oder Masterarbeit zu nutzen.
Auch hier streifen wir am Ende noch selbst durch das Museum und können Tristan (den Tyrannosaurus rex), die Entstehung der Erde, Gesteine und verschiedene Vogelpräparate näher betrachten.
Mittwoch
Zurück in der Hochschule geht es mit Professor Schulz zuerst um eine Einordnung der am Montag gesehenen Fische in die Regionen eines Flusses. Dann beschäftigen wir uns im Labor weiter mit Wasserlebewesen, doch hier im kleinen Bereich. Wasserproben von Herrn Schulz und die eigens im Campus-Tümpel Gesammelten schauen wir uns unter den Binokularen genauer an. Erstaunen unter den Studierenden, wenn sich in dem scheinbar leblosen Wasser beim Vergrößern Lebewesen bewegen und diese zuckenden Punkte und Striche dann noch genauer differenziert werden können. So treffen wir etwa auf Wasserflöhe, Büschelmückenlarven und Einzeller.
Donnerstag
Wieder im Labor bewegen wir uns dann in kleinsten Sphären, denen der Einzeller. Verschiedene Formen werden durch einen Videoeinstieg aufgezeigt. Im Anschluss stellen wir die Beziehungen zu ihrem Umfeld dar.
Wie vielleicht so manche*r zwischen den Zeilen gelesen hat, geht es viel um die Wechselwirkungen verschiedener Lebewesen mit ihrer Umwelt. Nun sollen wir als kleinen Höhepunkt des Fachs ein einfaches Nahrungsnetz erstellen, angefangen bei Einzellern und endend mit einem Prädator. Dabei helfen das Wissen aus den Vorlesungen und das Internet.
…und der Kurs geht weiter
denn diese Blockwoche ist in unser Wahlpflichtmodul Grundlagen der Ökologie (kurz: GÖk) eingebettet. Es findet im 1. Semester LaNu statt und beinhaltet grundlegende theoretische und praktische Aspekte zu Ökosystemen in verschiedenen Gebieten der Erde und die darin stattfindenden Wechselwirkungen.
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