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Von der Theorie in die Praxis: RuNer*innen präsentieren Poster

Aktualisiert: 19. Dez. 2019

Ein Beitrag von Viola Debus

Wie arbeitet eine Biosphärenreservats-Verwaltung? Welche Aufgaben und auch welche Probleme kommen auf eine Biosphärenreservats-Verwaltung zu? Und wie kann die Wissenschaft ein Biosphärenreservat unterstützen, damit dieses als Modellregion für einen Wandel in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung – die sogenannte regionale Nachhaltigkeitstransformation – in Deutschland beispielhaft sein kann.

In dem Wahlpflichtmodul „Praxis regionaler Nachhaltigkeitstransformation“ im Studiengang „Regionalentwicklung und Naturschutz“ von Prof. Dr. Benjamin Nölting haben wir uns im Sommer 2019 mit genau diesen Fragen auseinandergesetzt. Praxispartner hierfür war das kleinste Biosphärenreservat Deutschlands, das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft in Sachsen. Die strukturschwache, ländliche Region beinhaltet eines der größten Teichgebiete Deutschlands, ein ehemaliges Braunkohletagebau-Gebiet und ist darüber hinaus zweisprachig (Sorbisch und Deutsch).


Ein kleiner Einblick in die Wissenschaft der Nachhaltigkeitstransformation

Transformation bedeutet allgemein „Umwandlung“ oder „Umgestaltung“. Der Begriff besteht genau genommen aus zwei Bestandteilen: Das Präfix „trans“ verweist auf einen quasi emergenten Prozess, während die zweite Worthälfte „formation“ auf Formung und Gestaltung verweist (vgl. Kluge, Hummel 2006). In der Regel bezeichnet der Begriff aber nicht jede Art von Veränderung, sondern einen besonders grundlegenden, weitgehenden, tiefgreifenden Wandel einer Gesellschaft, eines (politischen, soziotechnischen oder sozialökologischen) Systems oder auch einer Organisation (Heyen, Brohmann 2017). Spricht man von regionaler Nachhaltigkeitstransformation, kommt man schnell auch zur sogenannten Mehr-Ebenen-Perspektive („multi level perspective“) nach Geels (2002). Damit ist nicht die Unterscheidung staatlicher Handlungsebenen gemeint, sondern die Unterscheidung von drei Ebenen, deren Interaktionen Transformation prägt: 1. eine Mesoebene mit den Strukturen und Akteuren, die ein (soziotechnisches) System aktuell prägen („regime“); 2. eine Makroebene („landscape“) mit exogenen Faktoren und Entwicklungen und 3. eine Mikroebene („niches“) mit innovativen Praktiken in gesellschaftlichen Nischen.


Veränderungen der vorherrschenden, stabilen Strukturen eines soziotechnischen Systems können sich in dieser Perspektive zum einen durch Veränderungen auf der Makroebene ergeben (z.B. Wertewandel, demografischer Wandel oder globaler Problemdruck wie beim Klimawandel). Sie können aber auch das Resultat von Veränderungen in Nischen sein, wie z.B. Innovationen, die sich verbreiten und Druck auf das Regime ausüben. Das Auseinandersetzen mit dem Multi-Level-Ansatz war für uns wichtig, um am Ende unsere Ergebnisse in den aktuellen Kontext der Nachhaltigkeitstransformation einzuordnen. Denn wenn man sich die Biosphärenreservate in Deutschland genauer anschaut, auch das Beispiel aus dem Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaften, handelt es sich hierbei um ein Beispiel für eine Nische, die Impulsgeber für innovative Praktiken sein kann.


Fragen über (Forschungs-)Fragen

Um die durch das Modul vermittelte Theorie in die Praxis umzusetzen, fuhren wir gegen Semesterende auf Exkursion in das Biosphärenreservat, um dort mit den Menschen vor Ort zu sprechen, Interviews zu führen, Workshops zu geben und so wichtige Akteure der Region kennen zu lernen. So bekamen wir einen Eindruck über die Herausforderungen dieser eher strukturschwachen, aber natur-starken Region, mit welchen u.a. das Biosphärenreservat, aber auch natürlich andere Akteure, stets konfrontiert werden.

In drei Gruppen aufgeteilt, und mit unterschiedlichen Methoden, wurden die vorher erarbeiteten Forschungsfragen, mit dem Ansatz des forschenden Lernens, untersucht. Dabei waren die Forschungsfragen und -themen sehr vielseitig.


Achtung - ein Zug fährt ein

Eine Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema Mobilität im Biosphärenreservat und konzentrierte sich auf die Frage: Was sind Möglichkeiten und Grenzen der thematischen Gestaltung der Bahnsteige innerhalb der Gebietskulisse des Biosphärenreservats, um die Attraktivität des ÖPNV für Tourist*innen und Pendler*innen zu steigern? Hierfür wurden qualitative Interviews mit wichtigen Akteuren der Region geführt.


Gebietserweiterung und Wertschöpfungsketten

Eine zweite Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema einer möglichen Gebietserweiterung des Biosphärenreservats und untersuchte hierfür die Frage: Welches Beteiligungsformat eignet sich für die Gebietserweiterung des Biosphärenreservats Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft? Auch hierfür wurden qualitative Expert*inneninterviews mit wichtigen Akteuren der Region geführt.

Eine dritte Gruppe beschäftigte sich mit dem Thema der Wertschöpfungsketten regionaler Produkte am Beispiel der Oberlausitzer Heidebräus und bearbeitete hierzu die Fragen: Wie hat sich die Vernetzung innerhalb der Wertschöpfungsketten Oberlausitzer Heidebräu in den letzten 12 Monaten entwickelt? Welche Motivation haben die Akteure, diese zu verbessern? Hierfür wurde ein Vernetzungs-Workshop mit Akteuren der Wertschöpfungskette durchgeführt. Siehe hier.


Antworten in Posterform

Jede Gruppe wertete nach der Datenerhebung die Ergebnisse aus und stellt nun diese in Form eines Posters der Biosphärenreservatsverwaltung und den Akteuren in der Region zur Verfügung. Dabei wurde je ein Poster für das methodische Vorgehen einer jeden Gruppe erstellt. Ein zweites Poster konzentrierte sich auf die Ergebnisse der Projektgruppen. Als Teil der Ergebnisse sind auch Handlungsempfehlungen für das Biosphärenreservat festgehalten. Die Ergebnisse sollen der Biosphärenreservatsverwaltung bei der weiteren Arbeit helfen und im Sinne der Nachhaltigkeitstransformation innovative Möglichkeiten für eine langfristige nachhaltige Entwicklung aufzeigen.



Abschliessend lässt sich sagen...

Besonders die enge Zusammenarbeit mit dem Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung Herrn Roch, Frau Lehmann und Herrn Peper aus der Verwaltung des Biosphärenreservates, war für das Gelingen des Moduls und der Erarbeitung der Ergebnisse von großer Bedeutung. Für das Modul und die Hochschule selbst ist das Biosphärenreservat ein wichtiger Praxispartner, der uns Student*innen ermöglicht, Wissen aus der Theorie auch in der „realen Welt“ auszuprobieren. Dabei investiert die Biosphärenreservatsverwaltung ihre Zeit und Energie, um uns bei der Untersuchung unserer Forschungsfragen zu unterstützen.


Deswegen auch nochmal an dieser Stelle ein „Dankeschön!“ an die Mitarbeiter*innen der Biosphärenreservatsverwaltung für ihre Unterstützung während des Semesters. Aber natürlich kann diese auch von den frischen Ideen der Student*innen profitieren. Man kann bei dieser Art der praxisnahen Lehre also durchaus von einer „win-win-win“-Situation (Hochschule- Biosphärenreservat - Studierende) sprechen.


Noch mehr Informationen

Mehr Informationen zum Thema Biosphärenreservate, allgemeiner Forschung und aktueller Projekte rund um das Thema an der HNEE gibt es hier.

Mehr Infos zum Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaften gibt es hier.


Literaturverweise

  • Geels, Frank W., 2002: Technological transitions as evolutionary reconfiguration processes. a multi-level perspective and a case-study. Research Policy, 31. Jg. (8-9), S. 1257–1274.

  • Heyen, Dirk Arne; Brohmann, Bettina, 2017: Konzepte grundlegenden gesellschaftlichen Wandels und seiner Gestaltung Richtung Nachhaltigkeit. Ein Überblick über die aktuelle Transformationsliteratur. In: Rückert-John, Jana; Schäfer, Martina (Hrsg.): Governance für eine Gesellschaftstransformation. Herausforderungen des Wandels in Richtung nachhaltige Entwicklung. Wiesbaden, S. 69–86.

  • Kluge, Thomas; Hummel, Diana, 2006: Transformationen. In: Becker, Egon; Jahn, Thomas (Hrsg.): Soziale Ökologie. Grundzüge einer Wissenschaft von den gesellschaftlichen Naturverhältnissen. Frankfurt am Main, New York, S. 259–266.

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