In der ackerdemiker.in Reihe "Zu Tisch bei ..." besuchen wir unsere Forschungsmitarbeitenden an ihrem Schreibtisch. An unserem Fachbereich arbeiten aktuell 33 Menschen in unterschiedlichen Forschungsprojekten. Diese Beitragsreihe soll helfen das Rätsel um (noch) unbekannte Gesichter am Fachbereich zu lüften! In diesem Interview erfahrt ihr mehr über Annemarie Kaiser und über das Projekt „Zweinutzungshühner im Ökolandbau - Zucht und Potentialermittlung geeigneter Herkünfte sowie Umsetzung in die Praxis“ (Öko2Huhn), in dem sie arbeitet.
Hallo Frau Kaiser, vielen Dank dass Sie sich die Zeit nehmen, mit Ackerdemiker.in zu reden. Was und wo haben Sie studiert?
Meinen Bachelor habe ich an der HNEE im Studiengang Ökolandbau und Vermarktung (ÖLV) gemacht. Für den Master bin ich dann an die Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin) gewechselt und habe dort Agrarökonomie studiert.
Sie arbeiten am Projekt Öko2Huhn, wie kamen Sie dazu und arbeiten Sie noch an weiteren Projekten?
Privat habe ich schon zuvor Hühner gehalten und fand sie daher bereits interessant, bevor ich begann, mich beruflich mit ihnen zu beschäftigen. Als die Stelle zur wissenschaftlichen Mitarbeiterin im Projekt ÖkoHuhn 2016 ausgeschrieben wurde, habe ich mich daher beworben. In der Forschung zu arbeiten, habe ich mir schon zuvor vorgenommen und bereits während des Studiums als Hilfskraft in verschiedenen Projekten gearbeitet. Dabei konnte ich Prof. Dr. Anna Maria Häring an der HNEE im Projekt „Evaluation des Bereichs Forschung und Entwicklung im Bundesprogramm Ökologischer Landbau“ als studentische Hilfskraft unterstützen. An der HU Berlin habe ich drei Jahre lang an dem Projekt „ÖKOTAWEK - Ökonomische, ökologische und Tierwohlaspekte der Weidehaltung von Hochleistungskühen“ als wissenschaftliche Hilfskraft mitgearbeitet. Und am ZALF habe ich im Projekt „FLINT - Indikatoren auf Betriebsebene für neue Themen in der politischen Bewertung“ mitgewirkt. Dabei ging es um Nachhaltigkeitsindikatoren für landwirtschaftliche Betriebe.
Im Projekt ÖkoHuhn war ich viel beschäftigt. Als daraus das Folge-Projekt Öko2Huhn unter der Leitung von Prof. Dr. agr. habil. Bernhard Hörning entstand, konnte ich meine Arbeit darin fortführen. Dort arbeite ich bis heute. Wir haben allerdings weitere Projekte in der Antragsphase. Darin geht es unter anderem um alternative Eiweißquellen für Hühner, wie zum Beispiel Insekten und Algen.
Über das Vorgänger-Projekt ÖkoHuhn haben wir bereits hier berichtet.
Cream-Hähne in umgebautem Bauwagen auf einem Praxisbetrieb in Hessen (Fotos: Annemarie Kaiser)
Welche Aufgaben übernehmen Sie in dem Projekt?
Zu meinen praktischen Aufgaben zählt es, auf Betriebe zu fahren und dort u.a. Tierbeobachtungen, Verhaltenstests und Bonituren durchzuführen. Außerdem mache ich Schlachtkörper-, Ei- und Fleischqualitätsuntersuchungen.
Daneben kümmere ich mich um die Koordination. Wir betreuen im Projekt deutschlandweit 90 Hühnergruppen, die in bestimmten Lebenswochen beobachtet werden. Dafür muss die Planung stimmen. Für die Betriebe müssen Kooperationsverträge erstellt werden, es muss kontrolliert werden, dass alle Daten vorliegen und dass diese auch eingegeben sowie am Ende ausgewertet werden. Mehrmals im Jahr nehme ich auch an Veranstaltungen teil, in denen Projektergebnisse vorgestellt und diskutiert werden. Zum Beispiel in Kürze an der Internationalen Tagung für angewandte Ethologie in Freiburg oder im vergangenen August am Tag der Offenen Tür des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Sie konnten am Tag der offenen Tür des BMEL das Projekt vorstellen, wie kam es an?
Wir beschäftigen uns in dem Projekt mit Zweinutzungshühnern. Das ist für viele ein sehr unbekannter und sperriger Begriff, den ich deswegen auch nur bedingt anbringen konnte. Mehr Gespräche habe ich zur Tierhaltung im Allgemeinen und zu Problemen und Herausforderungen der Hühnerhaltung und -zucht im Speziellen geführt.
Das Interesse der Bürger, die an meinen Stand kamen, war dabei sehr hoch. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass die meisten mit einem eher schlechten Gefühl von mir gegangen sind. Die Probleme der Tierhaltung versuchen Verbraucher (teilweise erfolgreich) aus ihrem täglichen Bewusstsein zu streichen. Offen über Qualzucht, Kükentöten und gesundheitliche Probleme von Hochleistungshybriden zu sprechen, hat die Menschen getroffen und das war für mich teilweise unangenehm. Aber gut und wichtig. Letztlich haben sich viele für das Gespräch bedankt und das zeigt mir, dass ich durch die Gespräche doch was erreichen konnte.
Sie haben an dem Tag auch mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gesprochen. Was hält er von dem Projekt?
Ich habe Herrn Özdemir das Projekt kurz erklärt. Dazu gehören auch die Arbeitspakete unserer Projektpartner von der Ökologischen Tierzucht gGmbH, Bioland, der Universität Hohenheim und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Er fand das Thema, soweit ich es beurteilen konnte, spannend und hat ein paar Rückfragen gestellt. Schon vorher hatte er das Thema der Brustbeinbrüche bei Legehennen als problematisch bezeichnet und wollte, dass ich hierauf nochmal in Bezug auf Zweinutzungshühner eingehe.
Annemarie Kaiser stellt Cem Özdemir das Projekt Öko2Huhn vor (Fotos: Annemarie Kaiser)
Welche Eindrücke haben Sie außerdem an diesem Tag gesammelt?
Am meisten habe ich gesprochen und wie gesagt bemerkt, wie wenig der Normalverbraucher über Landwirtschaft weiß. Das ist ein wichtiger Eindruck, den wir schnell verlieren, wenn wir uns nur in unserem eigenen Bekanntenkreis befinden.
Gesellschaftlich interessant war aber auch das Bedürfnis vieler Menschen, selbst zu reden. Über einfach alles. Meine Vermutung ist, dass viele einsame Menschen ein solches Ereignis nutzen, um in Kontakt zu kommen.
Was waren Ihre schönsten und interessantesten Erfahrungen aus dem Projekt?
Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, wie unterschiedlich Hühner sind. Genau wie Menschen. Im Rahmen des Projektes fahre ich auf viele Betriebe in Deutschland. Dabei sammle ich immer wieder viele verschiedene Eindrücke. Insbesondere in Gesprächen mit den Betriebsleiter und/oder Mitarbeiter lassen sich zu diversen (landwirtschaftlichen) Themen die Kenntnisse vertiefen und Meinungen austauschen.
Was liegt heute auf Ihrem Schreibtisch?
Viele Datenblätter, die ich zuordnen muss, Finanzabrechnungen, Tabellen, Verträge, Rechnungen und Bestellungen. Auf den ersten Blick also nicht ganz so schöne Sachen. Aber da ich sehr selten am Schreibtisch sitze, ist das ok und dann auch eine ganz erholsame und klare Welt der Zahlen und Daten, in die man eintauchen kann.
Gibt es ab und an auch Kontakt zu unseren Studis? Betreuen Sie Abschlussarbeiten oder sind in der Lehre dabei?
Wir haben immer studentische Hilfskräfte im Projekt, was eine große Bereicherung ist.
Zurzeit betreue ich zwei Abschlussarbeiten von Studentinnen der HNEE. Eine Studentin wertet Videoaufzeichnungen der Hähne bezüglich sozialer Interaktionen aus, die andere Absolventin untersucht im Labor die Fleischqualität der Brustfilets verschiedener Hühnerherkünfte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Anmerkung der Redaktion:
In unseren Blogbeiträgen nutzen wir gendersensible Sprache. Für uns ist der Gebrauch geschlechtersensible Sprache eine einfache, direkte und wirkungsvolle Möglichkeit, an der Gleichstellung aller Geschlechter mitzuwirken. In Interviews verwenden wir die Ausdrucksweise, die unser*e Interviewpartner*in nutzen möchte.
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