In unserer ackerdemiker.in Reihe "Zu Tisch bei ..." besuchen wir unsere Forschungsmitarbeiter*innen an ihrem Schreibtisch. An unserem Fachbereich arbeiten aktuell circa 30 Menschen in unterschiedlichen Forschungsprojekten und wir Studierende fragen uns in der Mensa // auf dem Campus natürlich oft:
Wer sind diese Menschen und was machen sie hier?
Mit dieser Beitragsreihe wollen wir das Rätsel um (noch) unbekannte Gesichter am Fachbereich auflösen und schauen, ob Schreibtische von Wissenschaftler*innen ein wenig ordentlicher sind als unsere.
Nach unserem letzten Gespräch mit Fania Taeger und Sebastian Yun Christmann, geht es weiter mit Susanne v. Münchhausen. Sie ist Koordinatorin des Projektes LIAISON am Fachbereich Politik und Märkte in der Agrar- und Ernährungswirtschaft.
Was und wo hast Du studiert?
Im Jahr 1992 habe ich meinen Abschluss als Diplom-Agraringenieurin der Fachrichtung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus in Göttingen gemacht. Zu Beginn meines Hauptstudiums war ich als Erasmus-Studentin für ein Semester an der Universität Louvain-la-Neuve in Belgien.
Wie bist Du an die HNEE gekommen?
Im Jahr 2011 war ich auf der Suche nach einer Stelle, nachdem ich nach zwei Jahren Leben und Arbeiten in Neuseeland mit der Familie zurück nach Deutschland kam. Über eine Kollegin am Thünen-Institut habe ich von einer Stellenausschreibung an der HNEE gehört. In dem Projekt, das über den Europäischen Sozialfond (ESF) im Land Brandenburg finanziert wurde, ging es darum, betriebswirtschaftliche Modellrechnungen für typische Grünlandbetriebe zu erstellen und mit einem Netzwerk von Mutterkuh- und Schäfereibetrieben zu diskutieren.
Kannst Du uns ein bisschen von Deinem Projekt erzählen?
Das Projekt LIAISON, für das ich im Moment zuständig bin, ist mein viertes mehrjähriges Projekt an der HNEE. Unser Fachgebiet ‚Politik und Märkte der Agrar- und Ernährungswirtschaft‘ ist für die Koordination des EU-Projektes verantwortlich. Insgesamt arbeiten wir mit 16 Partnern in 15 europäischen Ländern zusammen. Ziel von LIAISON ist es, einen maßgeblichen Betrag zur Verbesserung des Konzeptes der Europäischen Innovationspartnerschaften zu leisten. Dieses Politikkonzept wird von der EU und den Mitgliedstaaten mit sehr viel Geld vorangetrieben, denn man ist davon überzeugt, dass Innovationsprojekte zusammen mit den Praxispartnern schneller zur Lösung der dringen Probleme in der Land- und Forstwirtschaft führen. Von einem solchen Innovationsprojekt hat zum Beispiel Charlotte Kling in einem vorherigen Betrag von „Zu Tisch bei…“ berichtet.
Was liegt gerade auf Deinem Schreibtisch?
In LIAISON sind wir gerade dabei, vertiefende Fallstudien durchzuführen, um mehr darüber zu lernen, wie man die konkrete Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis, Beratung und Verarbeitung bzw. Vermarktung zu verbessern. Denn Ziel muss es sein, dass die gemischten Gruppen von engagierten Personen, mit gebündeltem Wissen und Energie innovative Lösungsansätze entwickeln und testen. Unsere HNEE-Arbeitsgruppe im Projekt LIAISON untersucht einerseits eine Innovationsgruppe in Nordhessen, die den Hanfanbau und die Verarbeitung/Vermarktung verbessern will und anderseits ein europäisches Multiakteursprojekt, das neue Verfahren im Ökolandbau im Bereich Tier, Pflanze und Boden entwickelt und testet.
Auf meinem Schreibtisch habe ich außerdem immer sehr viele Aufgaben, die mit der Organisation der Zusammenarbeit aller Partner zu tun haben.
Da wir damit rechnen, dass über viele Monate hinweg, keine Workshops oder Projekttreffen innerhalb Deutschlands oder auf EU-Ebene stattfinden werden, müssen wir jetzt alle Aktivitäten auf Telefoninterviews, Online-Meetings oder sonstige online Lösungen umstellen. Das ist sehr aufwendig. Denn weiterhin muss man sich ja mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten abstimmen und gut funktionierende Diskussionsprozesse sicherstellen.
Was findest Du an Deinem Projekt am spannendsten?
Spannend ist das gemeinsame Ringen, die Mechanismen besser zu verstehen, die diese Innovationsgruppen erfolgreich arbeiten lassen. Wo menschelt es, wo lassen die Strukturen oder Traditionen unkonventionelle Kooperationen nicht zu. Und wo sind es die förderpolitischen Instrumente, die den Aktiven Steine in den Weg legen? Spannend ist auch zu sehen, wie wir als EU-Projekt mit unseren unterschiedlichen Partnerorganisationen und Teams mit den diversen kulturellen Hintergründen diese Hemmnisse am eigenen Leib erfahren. Denn bei uns knirscht es natürlich auch mal, wenn es um die Arbeitsteilung und die Erwartungen der verschiedenen Personen geht.
Bist du auch in der Lehre tätig oder hast Kontakt zu Studierenden?
In meinem ersten Projekt an der HNEE, das ich bereits eingangs erwähnt habe, war ich auch in der Lehre tätig. In den vergangen Jahren bietet es sich dann an, eine Abschlussarbeit mit einem laufenden Projekt zu verbinden, wenn es thematisch sehr gut passt. Insofern betreue ich hin und wieder mal Studierende, wenn sie ihre Abschlussarbeit schreiben.
Gibt es Transferaktivitäten in und aus der Praxis?
Wenn der Begriff „Transferaktivität“ bedeutet, dass Erfahrungen und Empfehlungen von einem Forschungs- und Innovationsprojekt zusammen mit und für die Praxis entwickelt und verbreitet werden, dann kann ich die Frage klar mit ‚Ja‘ beantworten. Denn es steht der stete Austausch und die enge Zusammenarbeit mit Unternehmer*innen aus der Land- und Forstwirtschaft, der Verarbeitung und Vermarktung bzw. den Vertreter*innen aus der Verwaltung und der Politik im Vordergrund unserer Arbeit. Wenn Sie den Begriff „Transferaktivität“ allerdings direkt auf die Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells oder die Herstellung eines innovativen Produktes beziehen, dann kann unser sozio-ökonomisches Projekt lediglich unterstützende Hilfestellungen leisten indem es beispielsweise zeigt, wie erfolgreich Netzwerke aufgebaut oder Innovationsgruppen organisiert werden können.
Auf dem YouTube-Kanal der HNEE findet ihr übrigens seit Februar 15 Videos von den LIAISON Rural Innovation Botschafter*innen und ihren spannenden Projekten.
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