5 Fragen an unsere Dual-Studierenden-ÖLV*innen Greta Gößwein und Tobias Rocnik
Netflix, Apple TV und Amazon Prime sind so 2019. Der nächste Serien-Marathon läuft ab Februar auf ackerdemiker.in. Holt die Chips raus, zieht die Wollsocken an und macht es euch bequem! „Total dual! – Zwischen Acker und Hörsaal“: Unser erntefrisches Format stellt euch die dual-studierenden ÖLV*innen an unserem Fachbereich vor und nimmt euch mit in den abwechslungsreichen Alltag von Studium und Ausbildung.
In unserer Pilotfolge treffen wir Greta und Tobias vom Landgut Pretschen wie es sich für eine klassische Sitcom gehört im Stammcafé der Eberswalder Studierenden.
Seit wann studierst du in Eberswalde? Und was hast du davor gemacht?
Greta: Ich bin seit 2018 in Eberswalde, vorher habe ich zusammen mit Tobias auf dem Landgut Pretschen für 14 Monate praktisch gearbeitet, nachdem ich auf einigen Betrieben zum Probearbeiten und kennenlernen war. Davor hatte ich eine orientierungslose Phase, in der ich nicht wusste, was ich mit mir und meinem Leben anfangen will. Und davor habe ich mein Abi gemacht.
Tobias: Vor meiner Zeit auf dem Praxisbetrieb habe ich anderthalb Jahre lang eine Kochausbildung gemacht. Danach habe ich in verschiedenen Ländern in der Landwirtschaft gearbeitet. In dieser Zeit habe ich mich auch dazu entschieden, dieses Studium anzugehen.
Warum hast du dich für den dualen Studiengang an der HNEE entschieden?
Greta: Auf die HNEE bin ich gestoßen, weil mich Umwelt- und Naturschutz interessiereren. Mir waren dabei Themen zu Nachhaltigkeit und Soziales wichtig. Darüber bin ich zur HNEE gekommen. Dann habe ich erstmal überlegt, LANU zu studieren. Als ich dann gesehen habe, dass die Möglichkeit beseht, ÖLV dual zu studieren, ist mir die Entscheidung leichtgefallen. Vorher habe ich nämlich viel darüber nachgedacht, wie ich am besten lerne. Ein einfaches Studium war mir irgendwie zu theoretisch und eine rein praktische Ausbildung irgendwie… wie soll ich sagen? Zu praktisch.
Tobias: Ich habe vorher schon viele Erfahrungen in der Landwirtschaft gesammelt und wollte daraus was machen. Gleichzeitig habe ich aber auch nicht so gute Erfahrungen während meiner Ausbildungszeit in der Kochschule gesammelt. Mir war es wichtig, eine andere Lernform zu finden. Und nach Eberswalde bin ich vor allem gekommen, weil ich Familie in Berlin habe.
Studium und Ausbildung finden ja im Wechsel statt: Wo finden wir dich, wenn du nicht gerade im Hörsaal bist, sondern auf Deinem Ausbildungsbetrieb? Warum hast Du Dich für den entschieden?
Tobias: Vermutlich tatsächlich auf dem Acker, bei den Arbeiten die gerade anstehen, oder eben in der Berufsschule. Das Landgut Pretschen ist relativ vielfältig, am häufigsten habe ich aber wahrscheinlich auf Getreidefeldern zu tun. Ich arbeite aber auch viel im Grünland und mache Grünlandpflege oder die Heuernte. Am liebsten übernehme ich das Drillen. Von Beginn an mit der Kultur zu tun zu haben, ist besonders schön, finde ich. Ich habe mich aufgrund der Betriebsgröße für Pretschen entschieden. Bei uns in Baden-Württemberg gibt es ja vor allem kleine Betriebe. Mich hat interessiert, wie sowas in groß geht. Außerdem und das hat mich erstaunt, gab es relativ wenige Rückmeldungen auf meine Bewerbungen. Ich habe mich bei ziemlich vielen Betrieben beworben, aber nur von sehr wenigen eine Rückmeldung bekommen.
Greta: Weil wir auf dem gleichen Betrieb sind, ist das bei mir relativ ähnlich. Zusätzlich habe ich aber auch viel im Stall zu tun gehabt. Dort habe ich ein halbes Jahr lang gemolken. Manchmal habe ich auch in der Werkstatt rumgelümmelt und durfte ne Schraube halten. Ich mag vor allem abwechslungsreiche Zeiten. Also Zeiten in denen man nicht eine Woche lang das Gleiche machen muss. Das kommt schon ab und zu mal vor. Am liebsten bin ich bei den Tieren im Stall. Generell stehe ich der Tierhaltung zwar kritisch gegenüber, aber mit den Tieren zusammen zu sein, ist wirklich etwas Besonderes. Für das Landgut Pretschen, habe ich mich entschieden, weil der Betriebsleiter sehr nett gewirkt hat und weil der Betrieb sehr vielfältig aufgebaut ist. Es gibt einen Gewächshausbereich, Gemüsebau, Ackerbau, die Chicorée- Treiberei, es gibt ein paar Schweine und Rinder. Das fand ich positiv.
Was nimmst Du von der Hochschulwelt mit in die Praxis und andersherum?
Greta: Aus der Praxis an die Hochschule nehme ich auf jeden Fall den praktischen Bezug mit. Ich muss mir viel weniger vorstellen oder ausmalen als ich es sonst müsste, sondern kann auf ganz reale Erfahrungen zurückgreifen. Bei einigen Sachen habe ich konkrete Bilder vor Augen. Das wäre sonst anders, gerade bei technischen Sachen, glaube ich. Außerdem wird in der Praxis manchmal mein erlerntes Uniwissen hinterfragt und relativiert. Aus der Hochschule nehme ich vor allem Tatendrang mit. Außerdem stärken mich die vielen Menschen, die ich hier kennenlerne. Was mich überrascht ist, dass die Konzepte und Anbaumethoden, die wir in der Praxis kennenlernen zu einem großen Teil deckungsgleich mit denen aus der Uni sind. Ich hätte erwartet, dass wir hier alternative regenerative Konzepte für „die große ökologische Transformation“ kennenlernen. Ich will das gar nicht schlecht machen und glaube, dass es seine Berechtigung hat, altbewährte Systeme zu lehren, aber zum Teil wird hier eben auch „konventioneller“ Ökolandbau gelehrt.
Tobias: Bei mir ist das eigentlich ähnlich, wie bei Greta. Abstraktes Wissen mit praktischen Erfahrungen verbinden zu können, ist glaube ich ein großes Thema beim Dualstudieren. Außerdem sieht man hier auch mal wie hart Landwirtschaft sein kann. Und sieht was dort abgeht. Einfach mal raus aus der HNE- Blase, in der alles immer gut ist. Vor allem im ersten Semester gab es eine große Diskrepanz zwischen dem, wie es in der Praxis zuging und unserem hochschulgeprägten Erwartungen. Was ich von der Hochschule mitnehme ist eine große Portion Optimismus, einfach dadurch, dass ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die sich mit dem Thema Ökolandbau befassen und ständig nach Verbesserung streben.
Wo siehst du den Vorteil des dualen Studiengangs im Vergleich zur Ausbildung zum Landwirt oder dem klassischen Ökolandbau-Studium?
Tobias: Also das Ziel dieser Art des Studierens ist ja der Erfahrungs- und Wissenstransfer im Wechsel. Ich glaube das läuft gerade an. Wir gehen jetzt das erste Mal wieder in die Ausbildung zurück. Ich glaube das könnte in Zukunft noch stärker ausgebaut werden. Daran arbeiten auch gerade die Vertreter*innen der Hochschule und Ausbildungsbetriebe. Sie versuchen die beiden Lernformen noch stärker ineinander zu verschränken. Ziel ist es, die Betriebe noch intensiver einzubinden. Ein großer Vorteil ist für mich auch die Motivation. Ich habe jetzt, nach anderthalb Jahren Hörsaal wieder richtig Lust darauf, die Ausbildung weiterzumachen. So war das auch nach den 14 Monaten praktischer Arbeit. Die Abwechslung macht es, glaube ich.
Greta: Für mich ist die Abwechslung auch das Hauptargument für ein duales Studium. Sie verhindert, dass man in einen Alltagstrott kommt. Ich finde mich dadurch immer wieder in einer veränderten Lebenssituation und treffe auf ganz unterschiedliche Arten der Wissensvermittlung. Natürlich kann man auch durch Praktika tiefe Einblicke in die Praxis gewinnen, aber warum dann nicht gleich eine Ausbildung machen? Schließlich ist man als Azubi, oder Dualstudi nochmal ganz anders in den Betrieb eingebunden und integriert.
Tobias: Für mich ist außerdem die Bachelorarbeit ein guter Weg, um dem Ausbildungsbetrieb etwas zurückzugeben. Wenn das klappt, ergänzen sich Theorie und Praxis positiv und alle profitieren.
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