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Rezension – „River“ von Jennifer Peedom 2021

In der letzten Woche hatte ich die Möglichkeit, den wirklich beeindruckenden Film „River“ der australischen Naturfilmregisseurin Jennifer Peedom auf dem Innsbrucker Naturfilmfestival zu sehen. Worum es geht und warum mensch „River“ unbedingt sehen sollte erfahrt ihr hier.

Niger, Fluss in Afrika (Foto: USGS auf unsplash)

#Das Wichtigste in Kürze


Worum geht es?

Der Titel sagt eigentlich alles: Im Film geht es um Flüsse. Aber nicht nur um das, denn es geht um viel mehr. Der Film stellt die Frage nach dem grundsätzlichen Wesen der Flüsse. Er erzählt mal poetisch, mal philosophisch ihre Geschichte nach. Dabei spannt River auch immer wieder den Bogen zu unserer Geschichte als menschliche Spezies und der innigen Verbindung, die wir mit unseren Strömen teilen.


Wer sollte sich „River“ ansehen?

River ist ein Film für all jene, die gerne mal beim Schauen von Naturdokumentationen Gänsehaut oder feuchte Augen bekommen.


Was macht „River“ besonders?

„River“ ist laut Regisseurin Jennifer Peedom ein Versuch, die Zuschauer*innen, die so viel Zeit im Büro und vor dem Bildschirm, getrennt von Naturerlebnissen verbringen, eine ganzheitliche intensive Naturerfahrung zu bieten – und das gelingt!


Der Film beginnt mit einem ausladenden Drohnenflug über einen stillen Fluss, in dem sich der Abendhimmel spiegelt. Begleitet wird diese Einstellung von den gewichtigen Worten des britischen Lyrikers W.H. Auden: „Tausende haben ohne Liebe gelebt. Nicht einer ohne Wasser.“ In den folgenden 75 Minuten wagt „River“ nicht weniger, als die Geschichte der Menschheit und ihrer innigen Verbindung zu ihren Strömen zu erzählen - von den ersten Siedler*innen bis hin zur heutigen, modernen Gewässerbewirtschaftung.


Was zunächst nach einer ganzen Menge für eine so kurze Laufzeit klingt, gelingt „River“ mit einer fast mühelosen Eleganz. Das liegt vor allem an der wirklich atemberaubend schönen Verbindung von Musik und Film. Ein Großteil des Filmes besteht aus Drohnenaufnahmen, sowie Aufnahmen eines LANDSAT-Satelliten der NASA. Diese zeigen ungebändigte Flussläufe, die sich wie blaue Adern durch eine bunte Landschaft winden und teils so kunstvoll und surreal wirken, dass man sie für ausgedacht halten könnte. Untermalt werden die Bilder von Musik des Australian Chamber Orchestra. Komponiert und arrangiert wurden die Stücke von Richard Tognetti, dem Dirigenten des Orchesters. Dieser hat bereits 2017 mit Regisseurin Jennifer Peedom den Film „Mountain“ entwickelt, der in Australien zunächst als Live-Konzert mit filmischer Untermalung aufgeführt wurde. River ist, so die Regisseurin, in gewisser Weise die Fortsetzung dieses Projektes. Das spiegelt sich wider in der nahtlosen Verbindung von Musik und Film. Bild und Ton scheinen miteinander zu spielen, sich immer wieder gegenseitig anzutreiben. Diese Interaktion ist dabei so organisch, dass kaum Worte notwendig sind, um die Geschichte des Filmes zu erzählen.


Gesprochen wird recht wenig. Die raue, tiefe Stimme des Erzählers Willem Dafoe bildet hier einen großartigen Kontrast zu der Symbiose aus Bild und Musik, die ansonsten stellenweise schon fast ins Kitschige abzurutschen droht. Die philosophischen und teils poetischen Einwürfe stammen aus der Feder der britischen Naturautors Robert MacFarlane. Durch die zurückhaltende, fast zaghafte Einstreuung in die Erzählung wirken diese nie leer oder platt sondern klingen im Gegenteil noch lange nach Ende des Filmes nach. So zum Beispiel der Satz, der mir am meisten im Gedächtnis geblieben ist: „Der Fluss an dem man aufwächst, der bleibt ein Leben lang der Fluss.“ Der Fluss, an dem mensch alle anderen misst. Hier stellt der Film auch die Frage, welche Flüsse wir unseren nachfolgenden Generationen mitgeben wollen: Begradigte, gefangene, in feste Bahnen gezwängte? Oder wilde, freie Ströme, die sich hier mal stürmisch tosend zeigen dürfen, um dort wieder sanft und ruhig zu fließen?


Besonders beeindruckend wirkt in diesem Zusammenhang auch die Schlüsselszene des Filmes. Die aus der Luft gefilmte Szene eines Staudamms, der gesprengt wird. Es ist die Befreiung eines Flusses – fast so als wäre der Strom ein lebendiges Wesen, das aus seinem Käfig bricht, um endlich wieder seinem natürlichen, wilden Charakter zu folgen.


Die Kernbotschaft von „River“ ist, dass das menschliche Handeln untrennbar mit dem Wesen der Flüsse verbunden ist. Er macht auf stille, schöne Weise deutlich, dass wir nicht Herrscher oder Untertan der Natur sind, sondern nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen. Eines Ganzen, das lange vor uns bestand und lange nach uns bestehen wird, welches wir aber, durch unser Denken und Handeln, nachhaltig verändern. Trotz unseres stetig wachsenden Wissens werden wir nie die Gesamtheit der Auswirkungen unseres Handelns begreifen. Im Film wird dieser Gedanke zusammengefasst in dem ebenso schönen wie einprägsamen Satz: „Jede Veränderung des Oberlaufes eines Flusses beeinflusst seinen Charakter weiter flussabwärts. Und so stehen auch wir als Menschheit am Oberlauf eines Flusses in eine ungewisse Zukunft.“ Was wir heute tun wird noch Generationen nach uns – flussabwärts der Gegenwart – betreffen. „River“ ermutigt, unsere Flüsse heute zu schützen und zu befreien, um ihre wilde Schönheit auf für nachfolgende Generationen zu bewahren.


Film: River


Trailer: hier


Länge: 75 Minuten


Jahr: 2021

Regisseurin: Jennifer Peedom, Joseph Nizeti


Derzeit ist der Film zum Anschauen nicht online verfügbar, aber als DVD im Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins


In unserer neuen Kategorie stellen wir euch Literatur, Podcasts, Filme, und sonstige Medien rund um das Thema Nachhaltigkeit vor.

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