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AutorenbildSophie Freitag

Vom Kleinen Rummelsberg zur großen Etna



Im Januar wurden an unserer Hochschule die alljährlichen Fachbereichspreise verliehen. Wir stellen die diesjährigen Preisträgerinnen und ihre Abschlussarbeiten vor und reisen den winterlichen Temperaturen zum Trotz in Gedanken mit nach Sizilien und wagen einen Sprung in der Zeit und auf die Baustelle eines mittelalterlichen Klosters bei Meßkirch.

Moderner Technik sei Dank, fühlt sich Sizilien gar nicht so weit weg an, wie es tatsächlich ist (Wir sprechen da aus Erfahrung: Letztes Jahr haben wir die Insel an der Stiefelspitze Italiens auf unserer Interrail-Tour bereist und auf dem Weg dorthin sehr viel Zeit in schnellen, mäßig schnellen und langsamen Zügen verbracht) und die Verbindung zu Marie Spallek - mal mit Bild, mal nur mit Ton - ist so klar, als wäre sie mit im Zimmer, als wir an einem Sonntag im Februar über ihre nun ausgezeichnete Bachelorarbeit reden.

#Worumgeht’sdaeigentlich?

Marie hat ihre Abschlussarbeit im Sommer 2016 über die Entstehung des Kleinen Rummelsbergs zwischen Brodowin und Pehlitz geschrieben. Der Rummelsberg mag der oder dem einen Fachbereich II’ler*in noch von der Einführungsexkursion aus dem ersten Semester bekannt sein: Der straffe Aufstieg, der bei den ungeübten Bergsteiger*innen zu kurzzeitiger Schnappatmung führte, dafür aber mit einem herrlichen Ausblick über Wesensee und Parsteinersee belohnte.

Genau hier, an diesem schönen Flecken Erde, hat Marie eben jene ganz genau unter die Lupe genommen. Bis zu 4 Meter tiefe Bodenbohrungen mit dem Handbohrer hat Marie im Schweiße ihres Angesichts (und dem ihrer Freunde) durchgeführt, um herauszufinden, ob es sich beim Kleinen Rummelsberg um einen Drumlin (so stand es bis dato in der Literatur) oder einen Kame (Vermutung des Erstbetreuers Dr. Olaf Juschus) handelt. Fachlich unterstützt wurde sie ebenso von ihrer Zweitbetreuerin Dr. Jana Chmieleski und dem Geologen Dr. Norbert Schlaak.

Drumlin? Kame? Das klingt irgendwie ein bisschen wie zwei Riesen-Brüder, die sich in der Landschaft mal kurz zum Schlafen hingelegt haben und mit der Zeit verwittert sind und von der Pflanzen- und Tierwelt erobert wurden. Ist leider nicht ganz so. Drumlins sind typische Landschaftsformen in der eiszeitlich geprägten Landschaft und entstanden unter einem sich bewegenden Gletscher. Wie auch der Kleine Rummelsberg sind sie meist von länglicher Form. Kames hingegen haben ihren Ursprung in Eiszerfallslandschaften und entstanden aus Sedimentbildungen bei Ablagerungen in Schmelzwässern wie zum Beispiel Toteisseen, welche sich zwischen den Gletscherresten sammelten. 

Um herauszufinden worum es sich bei der Erhebung nun eigentlich handelt, hat Marie die Sedimente der Bohrungen auf ihre Korngrößen untersucht und sich die Schichtungsverhältnisse genau angeguckt. Zur Feldansprache auf dem „wunderschönen Rummelsberg“ kam die Analyse im Labor. Zusätzlich zu den Bohrungen hat Marie Bodengruben ausgehoben und Bodenprofile ausgewertet. Mit einem Bodenschurf landete Marie einen besonderen Treffer: Hier zeigte sich die für Kames typische Sackung im Sediment! Diese entsteht durch das nachträgliche Abschmelzen von Toteisblöcken und somit der Störung von Sedimentstrukturen. Team Spallek/Juschus/Chmieleski/Schlaak: 1, Literatur: 0!

Die bisherige Annahme ließ sich also widerlegen.

Über die eigentliche Arbeit hinaus hat Marie eine Info-Tafel für die Besucher des Kleinen Rummelsbergs konzipiert.

Rückblickend sagt Marie und lacht, habe sie viel geschwitzt während der Erstellung ihrer Bachelor-Arbeit, aber die Aussicht habe sich gelohnt. Und Auto fahren könne sie nun auch richtig!

Und was hat das jetzt alles mit Sizilien zu tun?

Nach der Verteidigung ihrer Bachelor-Arbeit hat Marie ihren Rucksack gepackt und hat sich auf in das kleine Nest Bronte am Fuße der Etna gemacht.

Entschuldigung, das heißt doch aber der Etna, oder? Nein, die Sizilianer*innen nehmen das sehr streng: der höchste Vulkan Europas ist ganz klar weiblich!

Bei den „Giacche Verdi“, den Grünjacken, setzt sich Marie mit aktuell 12 anderen Freiwilligen aus aller Welt für den Umwelt- und Zivilschutz mit Schwerpunkt Umweltbildung ein. Gerade wirkt sie mit am großen Klimaschutzprojekt “Boschi per la Biosfera“ („Wälder für die Biosphäre“). Sie informiert Schulklassen über die Bedeutung der Wälder für den Klimaschutz, sammelt mit den Grundschulkindern Eicheln, sät sie gemeinsam mit ihnen aus, konzipiert Infotafeln und hilft beim Gestalten von Schulhöfen, Parks und einem Naturerlebnispfad.

Während ihres einjährigen Volontariats (finanziert über den Europäischen Freiwilligendienst und die Manfred-Hermsen-Stiftung), gewann sie durch allerlei Mithilfe einen Einblick in die langjährige Arbeit der „Giacche Verdi“, wie z.B. die Errichtung eines Biosphärenreservats und die Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft.

Und wie ist es so, das sizilianische Leben?

Es wird kurz still in der Leitung. Dann sagt Marie aus vollem Herzen „Ich liebe es!“. In Bronte ist alles ein bisschen später: Aufstehen vor halb neun kann mit unter zur Herausforderung werden. Jeden Mittag gibt es zweieinhalb Stunden Siesta. Das Abendessen kommt in unseren Augen zu nächtlichen Zeiten auf den Tisch und generell bleiben die Sizilianer*innen wohl länger auf, als es bei uns üblich ist.

Das Beste sind aber die Dolci. Bronte ist bekannt für seine Pistazien und seine leckeren, kleinen und sehr süßen (Pistazien-)Teilchen. Die dürfen natürlich beim nachmittäglichen Caffè nicht fehlen.

Mitte März geht es für Marie wieder in die alte Heimat. Die neue Heimat fest im Herzen. So ganz kann sie Italien aber noch nicht los lassen: Für den Master möchte Marie sich in Bozen, Südtirol, für „Environmental Management of Mountain Areas“ bewerben. Wir drücken die Daumen.

Wer genaueres über die Arbeit wissen möchte, findet das Werk „Bodenkundliche und landschaftsgenetische Untersuchungen am Kleinen Rummelsberg bei Brodowin“ unter der Signatur A14493 bei den Abschlussarbeiten der Hochschulbibliothek.

Wer sich für einen Freiwilligendienst bei den „Giacche Verdi“ interessiert, kann weitere Informationen auf der Homepage der Organisation nachlesen.

Wer vor hat die Insel über den Winter zu besuchen, dem empfiehlt Marie ordentlich warme Kleidung. Die Sizilianer haben das nicht so mit dem Heizen.

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