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AutorenbildSophie Freitag

ÖLV*innen fliegen aus nach Brodowin



Am dritten Tag der Einführungswoche startete das erste Semester des Bachelorstudiengangs Ökolandbau und Vermarktung (ÖLV) sowie des Masters Öko-Agrarmanagement (ÖAM) mit zwei vollen Bussen ins Eberswalder Hinterland.


Erste Station: Brodowin. Eine ehemalige LPG und heute mit 600 Milchrindern einer der größten Demeterbetriebe Deutschlands. Dort nahm uns Susanne Poinke – zuständig für die Hofführungen in Brodowin - in Empfang und zeigte uns als erstes die angeschlossene Molkerei. Durch große Scheiben bewunderten wir, wie eine Mozzarella-Kugel nach der anderen aus der Maschine plumpste. Noch in Käse-Paradies-Fantasien schwelgend wurden wir durch die Plastikmilchtüten , in die Brodowin seine Milch abfüllt, wieder ins Hier und Jetzt zurück katapultiert. Laut Frau Poinke haben diese allerdings eine ähnliche CO2-Bilanz wie die Brodowin-Glasflaschen. Grund sind der erhöhte Treibhausausstoß durch Transport aufgrund von Größe und Gewicht der Flasche, sowie die aufwendige Herstellung und Reinigung. Und immerhin: Die Brodowin-Milchtüte besteht zu 40% aus natürlicher Kreide (Calciumcarbonat).

Im Anschluss ging es weiter in den Stall zu den Hauptakteurinnen Brodowins – den Milchkühen. Das hatten sich viele auch etwas romantischer vorgestellt … Vom Idyll, wie es auf den meisten Milchpackungen zu sehen ist, kann hier nicht die Rede sein. Doch im Vergleich zur konventionellen Milchviehhaltung genießt hier jede einzelne Kuh den ein oder anderen Vorteil: Sie können sich frei bewegen, haben einen Auslauf, den sie jederzeit nutzen können, dürfen ihre Hörner behalten und - das Beste - einen Wellnessbereich mit Rückenkratzbürsten!


Zurück im Freien trifft ÖLVchen auf Kälbchen und erfährt das Kindchen Schema am eigenen Leib. Gleich regen Beschützerinstinkte und Muttergefühle eine Diskussion über muttergebundene Kälberaufzucht an, wie sie zum Beispiel auf dem Hof Schwalbennest praktiziert wird. In Brodowin hingegen werden die Kälber nach einer Woche von ihrer Mutter getrennt und in sogenannten Iglus untergebracht. Frau Poinke gab zu bedenken, dass sie ebenfalls eine natürlichere und artegerechtere Haltungsform begrüßen würde, dies aber in der Praxis oft schwer umsetzbar sei. Grund dafür ist ein sehr hoher Personalaufwand, da Mutter und Kalb jedes Mal zum Melken getrennt werden müssten und natürlich insgesamt weniger Milch für die Vermarktung übrig bliebe. Ergebnis wäre ein höherer Milchpreis, welcher sich auf dem Markt bisher nicht durchsetzen lässt, solange es noch Billig-Milch beim Discounter zu kaufen gibt und der Konsument im Schnitt nicht bereit ist etwas mehr pro Liter Milch zu bezahlen.

Für Erheiterung sorgte die Besichtigung der Rührmaschine für biodynamische Präparate – in diesem Fall ein Hornmist-Präparat, ganz wie es die Demeterrichtlinien vorschreiben. Anders als zu Rudolf Steiners Lebzeiten – dem Impulsgeber für Demeter – muss hier nicht Mann oder Frau den Rührlöffel selbst über mehrere Stunden schwingen. Diesen Job übernimmt eine vollautomatische Rührmaschine – Rationalisierung ahoi! Frau Poinke versicherte uns, dass diese Maschine deutlich gewissenhafter arbeitet als so mancher Mensch, der vor lauter Langeweile nebenbei noch am Handy hängt.


Nicht alle ÖLV*innen waren von der Wirksamkeit der biodynamischen Präparate überzeugt und es fiel schon der ein oder andere Satz à la „ein bisschen esoterisch ist das aber schon, oder“? Frau Poinke gab zu, dass sie es durchaus verstehen könne, dass es ein befremdliches Bild sein kann zu beobachten, wie sie in einen Haufen Kuhhörner Mist löffelt, um diese dann für ein halbes Jahr zu vergraben. Verwies aber auch darauf, dass wir nicht die ersten Zweifler wären und es dazu auch schon die ein oder andere wissenschaftliche Studie gebe. Zu welchem Ergebnis diese Studien kamen, konnte bis zu Redaktionsschluss nicht geklärt werden.

Nach dieser sehr informativen Hofführung ging es weiter zum Rummelsberg. Da verstand dann auch der/die letzte ÖLVe, dass es NICHT nach Rummelsburg in Berlin geht, sondern auf den RummelsBERG. Na ja, oder eher Hügel … zumindest für diejenigen aus Süddeutschland.

Die Stufen erklommen, wurden wir mit einem wunderschönen Ausblick belohnt und durch einen Kurzvortrag von Dr. Ralf Bloch in die Besonderheiten des Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin eingeführt. Hier wurde so manchen ÖAM-/ÖLV*innen bewusst, dass der Geographieunterricht schon etwas zurück lag und man sich vielleicht nochmal über Begriffe wie „glaziale Serie“ etc. informieren sollte.


Nach einer kleinen Stärkung in Brodowin ging es mit neuen Kräften auf zum letzten Teil der Exkursion: Ein Walk ‘n Talk. Eine gesellige Wanderung inklusive kreativem Kennlernquiz mit dem Ergebnis, dass wir zwar längst noch nicht alle Namen kennen, dafür aber wissen, wer der größte „Öko“ des Semesters ist (er misst stolze 2 Meter), welcher Vorname im Semester am häufigsten vorkommt und warum wir Ökolandbau studieren und nicht kreatives Schreiben:


Wir lieben es zu ölven,

mit Kühen und mit Wölfen.

Ach! Halt! nein! Ich hab vergessen,

dass die Wölfe Kälber fressen.


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