top of page

10 Betriebe in 5 Tagen - Exkursion nach Schleswig-Holstein

Ein Gastbeitrag von Deborah Roye und Vincent Schreiber

Im Rahmen des Moduls „Geschäftsmodelle in der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft“ besuchten wir eine Woche lang unterschiedliche Betriebe im Kontext ökologischer Wertschöpfungsketten. Unsere Gruppe bestand aus insgesamt 16 Studierenden des Masterstudiengangs Ökologische Landwirtschaft und Ernährungssysteme (OLE) und des Bachelorstudiengangs Ökolandbau und Vermarktung (ÖLV). Wie der Modulname vermuten lässt, standen besonders die Strategien der Unternehmen im Fokus, nachhaltig und wirtschaftlich zu produzieren und zu vermarkten.


Tag 1: regionales Marketing & Hofgemeinschaft

Bereits die erste Station unserer Tour, die EVG Landwege e.G. in Lübeck, ließ uns tief in die aktuellen Themen des Öko-Marktes einsteigen. Ein zentrales Thema war die inflationsbedingte Verunsicherung auf der Verbraucherseite, aber auch der wachsende Einfluss des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) und der Discounter auf Angebot und Nachfrage ökologischer Lebensmittel. Geschäftsführerin Heinke Martina Andres stellte die Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft vor. Dieses Geschäftsmodell bietet den Erzeuger*innen ein hohes Maß an Mitbestimmung bei den Lieferbedingungen und der Preisgestaltung. Eine weitere Besonderheit ist der konsequente regionale Einkauf der Produkte. Ein gelungenes Marketingkonzept macht die regionalen Waren im Verkauf klar erkennbar.

Weiter ging‘s auf das Gut Rothenhausen, das von einer Hofgemeinschaft aus drei Familien bewirtschaftet wird. Die Betriebszweige Ackerbau, Getreidereinigung und -lagerung, Mühle und Bäckerei, Gemüsebau, Milchvieh, Molkerei, Legehennen sowie der Hofladen machen die Vielfalt des Betriebes deutlich. Ein spannendes Thema im Gespräch mit einem der Betriebsleiter*innen, Phillip Henning, war die Zusammenarbeit in einer Hofgemeinschaft und wie herausfordernd Organisation und Kommunikation zwischen mehreren Verantwortlichen sein kann.

Hofstelle des Gut Rothenhausen (Foto: Fabienne Buchmann)

Tag 2: Obst- & Ackerbau

Der zweite Tag der Exkursion führte uns zunächst zur Vogelfängerkaten GmbH. Erfolgreich ist der vergleichsweise kleine Obst- und Geflügelbetrieb besonders durch die hofeigene Lagerung und Verarbeitung der Erzeugnisse. In der neu eingerichtete Mosterei werden zudem sortenreine Säfte hergestellt. Im schönen Altgebäude des Betriebes, in dem sich auch der Hofladen befindet, bekamen wir ein sehr leckeres Mittagsbuffet und konnten die verschiedenen Obstsäfte verkosten.

Betriebsleiter Harald Quint erklärt den Baumschnitt (Foto: Fabienne Buchmann)

Die zweite Station an diesem Tag war der Lämmerhof in Panten. Auf über 800 ha Nutzfläche betreibt der Hof Landwirtschaft und Naturschutz. Neben dem Ackerbau und der nachgelagerten Getreideaufbereitung und -lagerung hat sich der Betrieb auf die Pflege und Nutzung von Naturschutzflächen und die Vermehrung von Wildsamen spezialisiert.

Gruppenfoto mit Betriebsleiter Detlef Hack (5.v.l.) (Foto: Fabienne Buchmann)

Tag 3: Fischbrötchen & Melkburen

Unser dritter Exkursionstag begann auf Gut Wulksfelde, auf dem uns der ÖLV-Absolvent Tim Ruwe herumführte. Auf 452 ha werden hier Getreide, Ackerbohnen, Gemüse und Kartoffeln angebaut. Für das Beerenobst wird aktuell eine Fachkraft gesucht. Ebenfalls zum Bestand gehören Limousin- und Angus-Rinder, Hühner und Schweine. Tim erzählte uns von seinen Erfahrungen als Teamleiter, von Herausforderungen und Überstunden, aber auch von Mut und dem Ergreifen von Chancen. Zum Abschluss warfen wir einen Blick in Bäckerei und Hofladen. Das Fischbrötchen aus dem angeschlossenen Café setzte für die Gruppe einen unübertroffenen Maßstab in Sachen Exkursionsverpflegung.

Tim Ruwe (3.v.l.) stellt die Entwicklung des Gutes vor (Foto: Fabienne Buchmann)

Am Nachmittag besuchten wir De Öko Melkburen GmbH, einen Zusammenschluss aus fünf kleinen Milchviehbetrieben mit muttergebundener Kälberaufzucht und Weidehaltung. Hintergrund der Gründung war der Entschluss, weder weiter wachsen, noch weichen zu wollen. Zusammen halten die fünf Betriebe nur rund 150 Kühe. Als Genossenschaft sicherten die Melkburen 2014 das Fortbestehen der Meierei Horst e.G., über die sie jeden Monat etwa 40.000 kg Milch zu Frischmilch, Joghurt und Butter verarbeiten. Die Produkte werden über zahlreiche Naturkost- und Hofläden in der Umgebung, sowie den LEH vermarktet.

Begegnung zwischen Mensch und Tier auf Hans Möllers Betrieb (Foto: Fabienne Buchmann)

Tag 4: Getreide XXL & 1000 ha Biogemüse

Der vierte Tag führte uns zunächst zur Handelsgesellschaft für Naturprodukte mbH Gut Rosenkrantz. Hier führte uns der Freiherr von Münchhausen durch Lager und Feinmühle. Als Landwirtschaftsbetrieb gestartet, produziert und verkauft die Firma inzwischen vor allem Saatgut, Futtermittel und Rohstoffe für Bäckereien mit diversen Bio-Siegeln, darunter Bioland, Naturland, Biosuisse und demeter. Jährlich wird Brotgetreide zur Versorgung von 1 Mio. Menschen und Hafermehl für 25 Mio. Liter Hafermilch verkauft.

Ernst-Friedemann von Münchhausen (3.v.l.) gibt Einblicke in die Mühle (Foto: Fabienne Buchmann)

Am Nachmittag ging es zum Westhof. Hier findet auf über 1.000 ha ökologischer Gemüsebau statt. Angebaut wird unter anderem Kohlgemüse, Karotte, Erbse, Paprika und Tomate. Der Betrieb hat über die letzten Jahre stark in die Automatisierung der Veredelung investiert, was wir eindrücklich am Beispiel der Möhrenwasch- und -packanlage sehen konnten. Viele Projekte sind in Planung, beispielsweise die Erweiterung der Küche für Mitarbeitende, in der bereits 3 Köch*innen hofeigenes Gemüse zu leckeren Speisen verarbeiten.

Zum Abend ging es endlich an die Nordsee: Während vier mutige Student*innen direkt ins kalte Wasser sprangen, genoss der Rest die Gesellschaft der Schafe auf der Liegewiese.

Gruppenfoto an der Nordsee. Nicht im Bild: die Schafe (Foto: Fabienne Buchmann)

Tag 5: Hofnachfolge & außerfamiliäre Übernahme

Am letzten Tag steuerten wir den Buschberghof an. Der zweitälteste SoLaWi-Betrieb Deutschlands wirtschaftet seit 1954 ökologisch und versorgt ca. 300 Mitglieder mit frischem Gemüse und tierischen Produkten. Außerdem werden bis zu 14 Personen in der Sozialtherapie auf dem Hof begleitet. Nach einer Führung redeten wir ganz offen über Zukunftsaussichten in der Landwirtschaft, die Vorstellungen unserer Generation und Nachfolgeprobleme – auch der Buschberghof sucht nach Arbeitskräften für Milchvieh. Geringe Bezahlung, Rente und Wertschätzung sowie lange Arbeitszeiten des Sektors stehen im Kontrast zu dem Streben nach finanzieller Sicherheit und Work-Life-Balance. Gleichzeitig geht eine geburtenstarke Generation in die Rente über und eine vergleichsweise geburtenschwache tritt in das Arbeitsleben ein, sodass nicht alle frei gewordenen Stellen und Höfe Nachfolge finden.

Der letzte Stopp vor dem Heimweg führte uns zum Betrieb von Björn Stamer, einem ÖLV-Alumnus. Nachdem feststand, dass sein Bruder den elterlichen Milchviehhof weiterführen würde, übernahm er selbst 2018 außerfamiliär einen Betrieb in der Nähe in Mecklenburg-Vorpommern. Seitdem arbeiten die beiden Brüder eng zusammen. Unser Gespräch mit Björn gab uns einen kleinen Einblick in die rechtlichen und finanziellen Tücken von Nachfolgeregelungen, Krediten und der Renovierung alter Stallgebäude. So ließ er beispielsweise ein marodes Dach eines Kuhstalls kostenfrei neu decken, indem er die Dachfläche einem Unternehmen für Solarenergie bereitstellt.


Zwei Wochen nach der Rückkehr nach Eberswalde gab es einen letzten gemeinsamen Termin im Modul, um unsere Erlebnisse und Schlüsse für die berufliche Zukunft zusammenzufassen. Die Exkursion in drei Worten: bereichernd, spaßig, weiterzuempfehlen! Wo es wohl nächstes Jahr hingeht?


Hier geht’s zum Exkursionsbericht vom letzten Jahr (2022).

In die Zukunft blickendes Huhn auf Gut Rothenhausen (Foto: Fabienne Buchmann)


bottom of page