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Was hat Zuhören mit Demokratie zu tun? Vorstellung eines Nachhaltigkeitsprojekts der Bachelor-Erstsemester



Auftakt

Brandenburg 2024: Dieses Jahr stehen Landtags- und Kommunalwahlen an. Populismus, rechte Ideologien und Polarisierung beeinträchtigen die Demokratie. Das beunruhigt mich und ich fürchte mich ein wenig davor, wie es nach den Wahlen politisch und gesellschaftlich weitergeht. Ich will etwas tun; ich muss etwas tun. Also mache ich mich auf die Suche nach sinnvollen Möglichkeiten dafür.


Eine Idee schält sich heraus

September 2023. Ich studiere den M.Sc. Nachhaltige Regionalentwicklung und besuche das Modul „Methoden und Konzepte einer Bildung für nachhaltige Entwicklung“ bei Prof. Dr. Heike Molitor. Nach einer kurzen Einführungsphase werden wir im Team eine Gruppe von Bachelor-Erstis bei der Bearbeitung eines kleinen Nachhaltigkeitsprojektes begleiten. Alle Bachelor-Erstsemesterstudierenden besuchen ENE, eine Einführungsvorlesung in Nachhaltigkeitsthemen. Im Rahmen dieser Vorlesung bearbeiten sie in einer Achter- bis Zehnergruppe ein kleines Praxisprojekt in und um Eberswalde. 

„Unser Ziel ist es, dass die Erstsemesterstudierenden bereits zu Beginn ihres Studiums erfahren, dass sie auch ohne vertiefte Fachkenntnisse durch die Mikroprojekte aktiv zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Region beitragen können“, sagt Dr. Josefa Scalisi (Zentrale Koordination ENE). Begleitet werden die Bachelor-Studierenden von Mentor*innen aus höheren Semestern entlang aller Studiengänge. 

Das Projekt, das wir später als Mentor*innen begleiten, entwerfen wir selbst. Da sind wir also fleißig am Brainstormen und es entstehen Projektideen wie „Läuft bei euch? Gesundheit. Sport. Nachhaltigkeit.“: Studierende sollen Sportstätten und andere Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung in Eberswalde kartieren und in einem Flyer präsentieren. Das Brainstorming ist die Gelegenheit für mein Anliegen! Ich bringe es ein und eine Idee schält sich heraus.


Wir wollen Polarisierung und (Rechts-)Populismus entgegenwirken. Wir wollen Brücken zwischen den verschiedenen Menschen und Bubbles bauen und ein Gefühl des “Gehört- und Ernstgenommen Werdens” geben. Und letztlich die Demokratie stärken. Aber wie? Na klar – durch Zuhören! Zuhören verbindet, ist die Basis für konstruktiven Meinungsaustausch und Voraussetzung für demokratische Prozesse. Dabei meinen wir allerdings nicht irgendein Zuhören, sondern die Methode “Aktives Zuhören”. Sie wurde vom Psychologen Carl Rogers für die Psychotherapie erfunden. Das Besondere an ihr ist die offene, aufmerksame und wertschätzende Haltung der zuhörenden Person gegenüber der sprechenden Person. Erst dadurch kann beim Gegenüber das Gefühl des Ernstgenommen Werdens entstehen, das wir erreichen wollen.

Da ist es, unser Projekt: “Aktives Zuhören! Gemeinsam demokratische Formate entwickeln”. Die Aufgabe unserer Gruppe ist es, ein Veranstaltungsformat zu entwickeln, in dem Menschen mit der Methode des “Aktiven Zuhörens” zugehört wird. Sie können selbst entscheiden, ob sie bei der Erarbeitung eines Konzepts bleiben oder die Veranstaltung auch durchführen werden.



Ran an den Speck!

Und schon gehen die Gruppensitzungen mit den Bachelor-Studierenden los. Unsere Projektgruppe findet Politik irgendwie abstrakt, aber das Zuhören und die gelebte Demokratie scheinen zu interessieren. Die praktischen und alltäglichen Aspekte von Demokratie zeigen auch Kai Jahns und Katja Schmidt von der Bürgerstiftung Barnim-Uckermark und Prof. Dr. Heike Walk von der HNEE. Die drei sind Praxispartner*innen unseres Projekts. Jedes Mikro-Nachhaltigkeitsprojekt hat neben den Mentor*innen auch Praxispartner*innen. Auf unserer Exkursion in die Bürgerstiftung geben sie einen Einstieg ins Thema und sind schon gespannt auf das Projektergebnis. Unsere Gruppe liest Texte, malt Übersichten, diskutiert und brainstormt – und übt sich bei alledem selbst im Aktiven Zuhören. Nach sieben intensiven Gruppensitzungen kann sich das Ergebnis sehen lassen: 

(… Trommelwirbel ….)

Tadaa

Ein Konzept für einen Workshop, in dem Studierende “Aktives Zuhören” lernen können. Den lockeren und zugleich kritischen Einstieg bildet ein kurzer Sketch, angelehnt an Loriot. Danach werden die Grundlagen des “Aktiven Zuhörens” erklärt und die Teilnehmenden können üben und reflektieren. Zur Umsetzung des Workshops hat die Zeit nicht gereicht. Stattdessen gibt es nun ein schriftliches Konzept für die Praxispartner*innen. Und eine Menge Kommunikationserfahrungen für die Projektgruppe:

„[…] ich persönlich lernte den Wert für jegliche Kommunikation schätzen. Gleichzeitig aber auch, festzustellen, wie zeit- und energieintensiv die Kommunikation mit dieser Technik ist. Und, dass die Relevanz für jegliche Auseinandersetzung – egal, ob privat oder im öffentlichen, politischen Kontext – für mich sehr wichtig erscheint. Vor allem hat es für mich eine Möglichkeit eröffnet, einen achtsameren Umgang mit den Mitgliedern zu führen“ – Vincent Gross (Mitglied der Projektgruppe Aktives Zuhören).

Auch ich habe etwas gelernt. Nämlich, die Projektidee – mein „Baby“ – in die Hände der Projektgruppe zu geben und zu vertrauen. Letztlich ist etwas ganz anderes herausgekommen, als ich mir jemals vorgestellt hatte. Und es ist gut so. Jetzt bin ich gespannt, wann und wie das Konzept einmal umgesetzt wird.


Auf die Plätze, fertig, …

Lust auf das ENE-Projekt bekommen? Wer als Praxispartner*in oder Mentor*in ein Projekt anbieten und begleiten möchte, kann sich an Dr. Josefa Scalisi (ene@hnee.de) wenden. Alle Studierenden ab dem 3. Semester können das Mentoring im Rahmen des Wahlpflichtmoduls „Methodisch Gruppen begleiten“ durchführen. Und sonst?


… unbubble! 

Einlassen, zuhören und Brücken bauen zu anders Denkenden – gemeinsam für die Demokratie!

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