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„Alles hat seine Zeit“ – Prof. Dr. Horst Luley geht in den Ruhestand

Ein Beitrag von Dr. Henrike Rieken


Prof. Dr. Horst Luley geht nach 30 Semestern an der HNEE in den Ruhestand. Anlass genug zurück und nach vorn zu schauen. Wir haben ihn interviewt und dafür noch mal im Seitenwind-Archiv gewühlt. Denn in der Ausgabe Nr. 10 unserer Hochschulzeitung vom September 2006, wurde Horst Luley zu Beginn seiner Tätigkeit an der damals noch „FH Eberswalde“ befragt. Mal sehen, was er heute dazu sagt.

Foto: Horst Luley, Credits: Sandra Herrmansen


Hier könnt ihr auf Seite 6 das Interview von damals nachlesen:

Seitenwind Ausgabe Nr.10:2006
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Lieber Horst, danke, dass Du Dir Zeit nimmst für dieses Interview. Du selbst hast angeregt, dass wir im Seitenwind-Archiv schauen und Bezug auf Dein Interview aus dem Jahr 2006 nehmen können. Du meintest im Vorgespräch, das könne doch witzig sein. Bevor wir loslegen: Das Zentrum von Eberswalde hast Du mittlerweile gefunden, oder?

Das, was man im stadtsoziologischen Sinne unter einem Zentrum versteht, kann und konnte sich in dem Siedlungsband Finowfurt-Finow-Eberswalde nur schwerlich entwickeln. Seitdem ich an der HNEE arbeite, hat sich zwar baulich und kulturell eine Menge getan: vor allem das Landratsamt, das Paul-Wunderlich-Haus, den Marktplatz in der heutigen Form, all das gab es ja 2006 noch nicht. Ansätze für identitätsstiftende Räume sind vorhanden. Es wurden meiner Meinung nach aber mit viel Beton und Fördermitteln auch Fehlinvestitionen getätigt, wie z.B. die sogenannte Promenade am Finowkanal. Insgesamt kann man wohl feststellen, dass in der Stadtentwicklung generell und beim Standort- bzw. Citymarketing speziell noch viel zu tun bleibt. Dieses Thema betreffend war die Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und der Stadt noch nicht erfolgreich. Und wenn ich die Diskussion um die Freifläche an der Friedrich-Ebert-Straße anschaue, dann wird sich das auch so schnell nicht ändern.


Im Interview wurdest Du aufgefordert Regionalentwicklung in einem Satz zu erläutern. Das war vor 15 Jahren. Was zeichnet Regionalentwicklung heute aus und was sind im Vergleich zu damals Unterschiede?

In den letzten 15 Jahren haben wir eine sehr dynamische Entwicklung aller raumwirksamen menschlichen Aktivitäten feststellen können. Große Entwicklungstrends, wie die Überalterung der Bevölkerung, die Digitalisierung vieler Bereiche, fortschreitende Konzentration auf wenige große Unternehmen in vielen Branchen, die langsame Abkehr von der Nutzung fossiler Energieträger und der verstärkte Ausbau erneuerbarer Energie, der Verlust an Biodiversität etc. haben die Situation in den ländlichen Regionen stark verändert. Auf der regionalen Handlungsebene stellen sich viele neue Aufgaben. Die Nutzung endogener Potenziale in ländlichen Räumen mit Unterstützung staatlicher Förderprogramme ist heute weit verbreitet und in Landkreisen, sowie Gemeinden zum Standard geworden, ebenso wie die Professionalisierung derer, die hiermit beruflich befasst sind: Regionalmanager*innen etc.

Weil die Probleme auf der regionalen Ebene zugenommen haben, haben sich z.B. die Absolvent*innen aus dem Masterstudiengang „Regionalentwicklung und Naturschutz“ auch weitere Berufsfelder erschließen können und arbeiten heute als Klimaschutzmanager*innen, als Vermittler*innen im Bereich Landnutzung und Biodiversität (Management in Öko-Modellregionen), für die verschiedensten Organisationen in der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie leisten so wichtige Beiträge für mehr Nachhaltigkeit in den Regionen.


Wie ist es Dir gelungen, die RuNer*innen gut auf den Job vorzubereiten – als „Mann der Praxis“ wie Du im Interview damals angesprochen wurdest? Was sind Deine persönlichen Sternstunden aus der Lehre?

Von Anfang an, bereits in den Einführungstagen zum Studium, haben wir darauf hin gearbeitet, dass sich die gesamte Jahrgangsgruppe mit 30 – 40 Studierenden zu einem Netzwerk entwickelt, das nicht nur im Studium, sondern auch im Beruf tragfähig ist und eine wechselseitige Unterstützung der Einzelnen ermöglicht. Kooperation zum Vorteil aller – das gilt es ja auch im Beruf oft anzustoßen und konkret zu unterstützen. Ich erhalte viele Rückmeldungen, wonach das in vielen Jahrgangsgruppen auch lange nach dem Verlassen der Hochschule ganz gut gelingt. Aus einem gemeinsam erarbeiteten Verständnis von regionalen Entwicklungsprozessen und Kooperationsprojekten mit vielen Beteiligten haben die Studierenden dies für sich selbst umgesetzt. Sternstunden und viel Erfahrungslernen haben wir da erreicht, wo es gelang in konkreten Situationen z.B. in einer Kommune oder einer LEADER-Region, Probleme vor Ort gemeinsam zu bearbeiten. In der Stadt Storkow (Mark) z.B. waren die vielen Aktiven in den einzelnen, kleineren Ortsteilen nach der Zwangsvereinigung in den 00-er Jahren sehr frustriert und haben der Kernstadt misstraut: „Dort gehen alle Ressourcen hin, dort wird entschieden und wir in den Dörfern sind abgehängt“, so war der resignative Tenor. Wir haben uns auf Anfrage und nach Abstimmung mit der Bürgermeisterin dann eine Woche vor Ort aufgehalten, Interviews in allen Ortsteilen geführt und die Ergebnisse am Ende der Woche in der Burg Storkow öffentlich vorgestellt. Das hat neue Sichtweisen für die Beteiligten ermöglicht, zu mehr Verständnis geführt und Frustration aufgelöst. Die Bürgermeisterin hat daraufhin beschlossen, jeden einzelnen Ortsteil regelmäßig zu besuchen und diesen wurde ein jährliches Budget zur Verfügung gestellt, über deren Verwendung sie selbst entscheiden konnten.


Du hast auf Deiner digitalen Abschiedsfeier sehr wertschätzend über einen Kollegen gesagt, er mache Lehre „wild und assoziativ“. Wie würdest Du Deinen Lehr-Stil beschreiben? Was war Dir immer besonders wichtig?

Mein Konzept in der Lehre heißt: teilnehmerorientierte Erwachsenenbildung, bei den Vorerfahrungen der Studierenden ansetzen, die Gruppe als Netzwerk entwickeln, Teamfähigkeit erlernen. Ich habe immer versucht, die sich im Beruf stellenden Aufgaben mit den Studierenden zu erarbeiten und zu beschreiben, um dann Methoden und Theoriehintergrund anzubieten, mit deren Hilfe wir diese Aufgaben lösen können.


Ein paar Wochen bist Du noch an der Hochschule, bevor es dann so richtig in den Ruhestand geht. Was nimmst Du aus Deiner HNEE-Zeit mit … worauf blickst Du vielleicht auch etwas wehmütig?

Alles hat seine Zeit, ich hatte mit den Studierenden meine: wir haben viele Projekte erarbeitet, viele Gespräche mit Landwirt*innen, Bürgermeister*innen, Verbandsvertreter*innen etc. geführt und dabei eine Menge gelernt. Das geschah noch vor der Corona-Pandemie im direkten Kontakt. Der fehlt heute natürlich nicht nur mir.


Und worauf freust Du Dich besonders?

Zeit zu haben für Tun im Garten, die Region erkunden auf dem Fahrrad und mit dem Kanu, in Seen schwimmen etc., aber auch Zeit und Muße zu haben fürs Lesen und Schreiben.


Vielen Dank, dass Du Dir für das Interview Zeit genommen hast. Wir hoffen, wir treffen Dich ab und an im Zentrum von Eberswalde und wünschen Dir für Deinen Ruhestand alles Gute und Gesundheit.

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