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Auf den Spuren der Alleen – ein Tag voller Visionen

Aktualisiert: 14. Dez. 2021

Eine abgelegene Kopfsteinpflasterstraße gesäumt von 200 Jahre alten Lindenbäumen, die die Fahrbahn zu einem grünen Tunnel verwandeln, eine vereiste Eichenallee durch deren Geäst die Wintersonne scheint, eine Straße umgeben von Obstbäumen, die eine*n auf der Radtour mit Zwetschgen versorgen, aber auch eine vierreihige alte Baumallee, die über Berlins Straßenlärm ein grünes Dach bildet - das alles sind Bilder, die in einer oft verbauten oder von intensiver Landwirtschaft geprägten Landschaft für Abwechslung sorgen. Zum einen für das menschliche Auge und Wohlbefinden, aber auch als Habitate für Vögel und Käferarten.

Foto Credits: Jürgen Peters


Alleen-Tag ist nicht alle Tage

„Seit mehr als 200 Jahren sind Alleen ein wichtiger Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Sie sind gleichermaßen Natur- und Kulturgut und bilden wichtige Lebensräume in einer vielerorts ausgeräumten Agrarlandschaft. Alleen sind Heimat und Bereicherung. Wie können wir sie für die Zukunft bewahren und neue Potenziale erschließen?“ lauten die einleitenden Worte der Einladung zur diesjährigen Alleentagung, die am 04.11.2021 an unserer Hochschule stattfand.


Wo sind all die Alleen?

Die Alleentagung wurde eingeleitet mit der Abschlusspräsentation des HNEE-Projektes „Alleen als schützenswerte Landschaftselemente - Bundesweite Erfassung und Sicherung von Alleen“, das 2019 bis 2021 von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wurde. Das Projekt setzte sich zum Ziel, auf Basis von Fernerkundungsdaten den aktuellen Bestand aller Allen (zweireihige Straßenbäume) und Baumreihen (einreihige Straßenbäume) in ganz Deutschland zu erfassen. In der Vergangenheit gab es nur Schätzungen zu den Alleebeständen in vielen Bundesländern. Doch um etwas zu schützen, sind genaue Kenntnisse und Daten unverzichtbar. Dafür wurden in den letzten zwei Jahren durch eine aufwendige grafische Modellierung mit Hilfe des Digitalen-Basis-Landschaftsmodells Daten zu Straßen, Alleen und Baumreihen extrahiert. Daraus konnte die Gesamtlänge aller Alleen und Baumreihen in Deutschland ermittelt und auf dieser Grundlage zudem Alleendichten sowie Nachpflanzungspotentiale abgeleitet werden. Beantragt wurde das Projekt von Prof. Dr. Jürgen Peters und RuN-Absolventin Annemarie Wilitzki. Vor zwei Jahren berichteten wir bereits über den Projektstart, als alle Straßen- und Alleendaten gerade bei Annemarie Wilitzki auf dem Schreibtisch ankamen. Übernommen wurde das Projekt dann von Katharina Luttmann, fachlich unterstützt von Frank Torkler.


Was dabei rauskam

Auch wenn das Projekt noch nicht ganz abgeschlossen ist, lassen sich bereits einige Fakten darlegen. Die Gesamtlänge aller Alleen in Deutschland beträgt 21.326 km, die Baumreihen machen 75.005 km aus. Brandenburg ist das Land mit den höchsten Zahlen an Alleen, knapp vor Mecklenburg-Vorpommern. Zudem konnte ein extremes Ost-West-Gefälle der Alleen ermittelt werden. Während in den 70ern und 80ern die DDR ihre Straßen nicht so stark ausbaute, wurden in den westdeutschen Bundesländern im Rahmen der „Verkehrssicherung“ viele Alleen gefällt. Aus den Daten lassen sich nun Nachpflanzungspotentiale ermitteln, um die Zahl an Straßenbäumen als wertvolle Verbindungselemente wieder zu erhöhen. Der Abschlussbericht mit einer vollständigen Methodenbeschreibung wird Ende dieses Jahres erscheinen.

Zudem ist gerade noch ein Leitfaden mit Anleitung zur Vor-Ort-Kartierung mit Geschichte, Bedeutung und Best-Practice-Beispielen von besonders wertvollen Alleen sowie ein Lehrfilm in Bearbeitung.

Foto Credits: Elisa Wätjen


Alle(e) anwesend – Expert*innen versammeln sich

Während sich der erste Teil der Tagung vor allem darum drehte, wie es um die Alleen steht, ging es im zweiten Teil darum, wie mensch mit den Daten und der speziellen Situation in Brandenburg umgeht. Dafür gab es unter anderem Vorträge zu „Schritte zum nachhaltigen Aufbau einer vitalen Allee“ vom Sachverständigenbüro Brehm, zu „Möglichkeiten und notwendige Rahmenbedingungen zur Initiierung von Alleenneupflanzungen im ländlichen Raum“ vom FV Baukultur Brandenburg e.V. sowie zum Thema „zeitgemäßer Umgang mit Alleen - neue Aufgaben und Versuchswesen im Land Brandenburg“ von der LVGA.

Jürgen Peters, der sich seit 30 Jahren mit Alleen in Brandenburg beschäftigt, merkte an, dass Alleen ein Landschaftselement seien, das zwischen den Zuständigkeiten des Naturschutzes, der Denkmalpflege und der Kulturwissenschaften steht. Daher war es schön, dass die Tagung von einem sehr breiten Publikum aus Vertreter*innen von Ministerien, Landesbetrieben für Straßenwesen, Landesämtern für Baum- und Denkmalschutz, Landkreisverwaltungen, Naturparks, Naturschutzverbänden, Baumpflege, Politik und Wissenschaft besucht wurde.


Alleene? Ne, jemeinsam!

Cornelia Behm des Alleenschutzgemeinschaft e.V. fasste zusammen, dass Alleenschutz vor allem Öffentlichkeit, zugängliche Daten und wissensbasierte Argumente braucht, die Vertrauen zwischen den verschiedenen Interessensgruppen schaffen. Vernetzung und Diskussionen können dazu führen, dass Alleen bleiben und auch unsere Enkelkinder sich noch an ihnen erfreuen werden! Dafür liefert das Projekt wertvolle Ergebnisse.

Bei der nächsten Radtour durch Brandenburg also einfach mal auf die verschiedenen Alleen achten.


Eine Aufzeichnung der gesamten Tagung ist unter https://www.youtube.com/watch?v=Y5KeIhuYyho abrufbar.

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