Studierende der Projektwerkstatt Permakultur unternahmen vom 5. bis 7. August eine Exkursion ins Ökodorf Siebenlinden. Wovon viele träumen, ist hier Realität: Leben in einer Gemeinschaft nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit.
Ökodorf Sieben Linden (Foto: Nastasja Metz)
Der HNEE-Bus holpert über das Kopfsteinpflaster die letzten Meter auf der Landstraße. Ein großes Holzschild weist uns den Weg: „SIEBEN LINDEN“. Ob am Wegesrand wohl Linden stehen? Genau sieben? LaNus drücken ihre Nasen an die Fensterscheiben, ganz sicher sind sie sich da nicht.
Vereinzelt sehen wir die ersten Bewohner*innen des Ökodorfs vor dem Eingang sitzen: Sie hängen an ihren Handys und sind in Telefonate vertieft. Auf dem Gelände gilt ein allgemeines Handyverbot. Die Bewohner*innen wollen der Strahlung nicht ausgesetzt sein und das ständige Handyklingeln ist ihnen unangenehm. Also ein Ausflug in die 90er, als Handys zwar existierten, aber nur eingeschränkt genutzt wurden. Für Jugendliche wird wohl ab und zu ein Auge zugedrückt.
Viel haben wir schon gehört und gelesen über Sieben Linden, eines der bekanntesten Ökodörfer Deutschlands. Als wir dann endlich dort ankommen, fühlt es sich an wie das Eintauchen in eine neue spannende Welt, an die wir uns erst vorsichtig herantasten müssen.
Das Ökodorf wurde 1997 gegründet und versteht sich als ganzheitliches Gemeinschaftsprojekt mit dem Ziel, nachhaltige Lebensstile zu verwirklichen. Es liegt in Sachsen-Anhalt und ist Teil der Gemeinde Beetzendorf. Aktuell leben ca. 100 Erwachsene und 40 Kinder in der Gemeinschaft. Als die ersten 15 Bewohner*innen auf das Gelände kamen, gab es nur einen alten Bauernhof, den sie aus- und umbauten und der heute als Seminarzentrum dient.
Im Dorf sieht alles liebevoll angelegt und gepflegt aus. Das Gelände ist so weitläufig und verwinkelt, dass wir bei der abendlichen Führung mit einer Dorfbewohnerin nur einen kleinen Teil besuchen können. Besonders beeindruckend ist die nachhaltige Strohballen-Bauweise, mit der im Ökodorf viel Pionierarbeit geleistet wurde. Die 16 Öko- und Niedrigenergiehäuser bestehen hauptsächlich aus Holz, Stroh und Lehm und sehen dadurch sehr organisch aus. Das Raumklima soll durch den Lehmputz besonders angenehm sein. Die Häuser werden mit erneuerbaren Energien betrieben und sind z.B. mit modernen Holzheizungen, solarthermische Anlagen und Erdwärmepumpen ausgestattet. Das Holz kommt aus den Kiefernforsten, die das Dorf umgeben. Ein HNEE-Alumnus ist dort für den nachhaltigen Waldumbau zuständig.
Ein Haus, das besonders durch seine Individualität und das aufwändige Wandmosaik auffällt, ist die sogenannte „Villa Strohbunt“. Sie wurde über vier Jahre komplett von Hand, mit regionalen und recycelten Baustoffen gebaut.
Einblicke in die Exkursion nach Sieben Linden (Fotos: Nastasja Metz)
Wer sich dafür entscheidet, nach Sieben Linden zu ziehen und von der Gemeinschaft akzeptiert wird, wird Teil einer Genossenschaft, der alle Wohnhäuser zu gleichen Anteilen gehört. Wie uns eine Bewohnerin berichtet, ist die Wohnraumverteilung eines der größten Konfliktthemen im Ökodorf. In unendlich langen Plena wird ausgehandelt, wer wo wohnen darf. Der Platz ist zwar sehr begrenzt, aber Ziel der Gemeinschaft ist es, noch auf 300 Personen zu wachsen. Der Bau der Ökohäuser geht nur langsam voran und es wurden keine neuen Flächen zur Bebauung genehmigt.
Nach einer ruhigen Nacht auf dem Zeltplatz bereiten wir uns in der Freilandküche unser Frühstück zu und testen gleich die Bademöglichkeit im angelegten Löschteich-Biotop. Bevor unsere nächste Führung beginnt, nutzen wir noch die Zeit das Gelände weiter zu erkunden. Im Ortsteil „Globolo“ sind mehrere Jurten aufgebaut; das runde „Haus der Stille“ lädt zu Meditation und Entspannung ein. Es gibt auch ein Amphitheater für Veranstaltungen und ein stromfreies Karussell.
Ute, die in der Gärtnerei des Dorfes arbeitet, gibt uns am Samstag eine Führung zu den Prinzipien der Permakultur, die auf dem Gelände in verschiedener Weise umgesetzt wurden. Am Nachmittag packen wir auch selbst an und unterstützen sie bei der Gartenarbeit. Die Gemeinschaft versucht, sich möglichst selbst zu versorgen. Dafür gibt es einen großen Garten, Gewächshäuser und reichlich Obstbäume. Das Dorf hat seine eigene Pflanzenkläranlage und nutzt ausschließlich Komposttoiletten.
Unseren Samstagabend lassen wir gemütlich und mit kleiner Tanzeinlage in der „Transzendierbar“ ausklingen. Am Sonntag bleibt uns noch Zeit für eine kleine Wanderung zum Agroforstprojekt, bevor wir uns, vollgepackt mit Inspirationen und neuen Ideen, auf den Rückweg nach Eberswalde machen.
Für alle, die das Dorf gerne selbst kennenlernen möchten, gibt es reichlich Seminarangebote, Helfer*innen-Wochen und Cafénachmittage. Denn als Erfolgsrezept für das langjährige Bestehen der Gemeinschaft sehen die Bewohner*innen die Offenheit des Dorfes. Von Anfang an war es wichtig, den Kontakt und den Austausch mit den Anwohner*innen der umliegenden Dörfer zu suchen und zu pflegen.
Das Namensrätsel konnten wir am Ende auch noch lösen: Die Gemeinde pflanzte als Willkommensgeschenk für die ersten Bewohner*innen sieben Linden entlang des Zufahrtswegs.
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