Sie geht raus in die Welt, um die Weiten Kolumbiens zu sehen. Camila Morgenstern hat ihr Praktikum bei der Naturschutzorganisation „Fundación Montecito“ gemacht. Heute erzählt Sie uns von Ihrer Reise zum anderen Ende der Welt und Ihrer Arbeit in den Anden.
Camila studiert nun im vierten Semester LANU. Im vergangenen Praxissemester wollte sie ihr Praktikum mit einer Reise verbinden. So nutzte sie die Zeit, um in Lateinamerika in einer Naturschutzorganisation ihr Praktikum zu machen und anschließend das Land kennenzulernen.
Hallo Camila. Warum zog es dich nach Kolumbien?
Lateinamerika samt all seiner Vielfalt hat mich schon immer fasziniert und Kolumbien war reiner Zufall. Über die Plattform „Workaway“ habe ich die Organisation „Fundación Montecito“ gefundenen, mit genau dem, was ich gesucht habe: Ein Ort an dem ich was lernen und entdecken, aber auch einen Impact hinterlassen kann. Nach einigen Nachrichten und einem BBB-Call mit Chef Felipe war klar: Ich will nach Kolumbien und das Projekt kennenlernen. Felipe und seine Frau Juanita leiten die Organisation und das mit ganzem Herzen. Ich fühlte mich bereit, Teil des Projekts zu werden.
Als NGO setzt sich die „Fundación Montecito“ besonders für die Berg- und Andenfeuchtgebiete ein. Die Organisation bietet Führungen, Umweltbildung und Aufforstungsprojekte an. Mittels dieser Projekte möchte sie nachhaltige und harmonische Lebensräume entwickeln, in denen eine besondere Mensch-Natur-Beziehungen entstehen soll.
Für alle Liebhaber*innen der Vorurteile – Kolumbien gilt als Land des Drogenkrieges und der Guerillas. Im Vergleich dazu klingt die Arbeit in den artenreichen Wäldern Kolumbiens idyllisch. Was musstest Du mitbringen, welche Erwartungen hattest Du und was wolltest Du lernen?
Ehrlich gesagt habe ich mich nicht besonders vorbereitet. Ich wollte die Menschen kennenlernen, die dort leben und das Land gestalten. Ohne Vorurteile, sondern mit viel Neugier wollte ich während meines Aufenthalts verstehen, wie Naturschutzorganisationen funktionieren, wie ich Teil davon sein kann und wie das Leben in Kolumbien ist. Die Organisation hat schon oft Freiwillige betreut und zielt darauf ab, für alle eine gute Zeit zu gestalten. Ich habe im Vorfeld mit Felipe über Kolumbien gesprochen. Er hat mir erklärt, was ich im Land zu beachten habe. Wie eine kolumbianische Redensart sagt: „no dar papaya“, also prahle nicht mit dem, was du hast. Außerdem sagte er, es sei wichtig bei Dunkelheit Zuhause zu sein. Zudem habe ich gelernt, auf mein Bauchgefühl zu hören und nur das zu machen, was sich richtig anfühlt.
Mit einem riesigen Rucksack und einer Ukulele ging es für Dich ins Praktikum. Nach einer langen Reise bist Du angekommen inmitten der Anden, auf 3000 Höhenmeter und wurdest mit offenen Armen empfangen.
Was waren deine Aufgaben und wie können wir uns deinen Alltag vorstellen?
Mein Arbeitsalltag begann mit einem Tee bei Felipe und seiner Frau Juanita. Wir kamen ins Gespräch, tauschten Ideen aus und planten Projekte. Für mich gab es viel Raum, eigene Projekte umzusetzen, wie das Anlegen eines Herbares über heimische Moosarten. Die Arbeit vor Ort basiert auf Vertrauen, Leidenschaft und Willenskraft. Gemeinsam entwickelten wir Projekttage zum Umweltschutz. Während meiner Zeit organisierten wir ein Festival der Kultur und Natur, in dessen Rahmen wir Geschichten und Erfahrungen über die Natur teilten. Immer mit dabei war viel Musik und Kunst. Beides prägte auch meine Arbeit in der Grundschule Guaquira. Mit spielerischem Lernen und Kreativität wird dort Umweltbildung greifbar gemacht. Es war schön zu sehen, wie stolz die Kinder am Ende der Projekttage waren. Des Weiteren lernte ich durch das Wildtiermonitoring und durch Aufforstungsprojekte die Flora und Fauna kennen. Ich war sofort verliebt und wusste, dass ich hier ich richtig bin.
Das ist schön zu hören. Dennoch gehören Höhen und Tiefen wohl immer dazu. Camila, was waren Deine Herausforderungen bei der Arbeit und was war ein Highlight, welches Dir für immer in Erinnerung bleiben wird?
Es klingt verrückt, aber die Zeit bei der Arbeit war super und es gab keine wirklichen Herausforderungen. Mein Highlight war der Auftritt mit unserem selbstorganisierten Chor in der Schule. Wir haben uns drei Monate mit dem Apolinar Zaunkönig beschäftigt, seine Lebensweisen studiert und in Kunst und Musik zum Ausdruck gebracht. Das Endergebnis: ein Chor mit selbstgeschriebenen Texten zum Schutz des Tieres und strahlende Kinderaugen. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, die Reise hatte sich gelohnt.
Schöner kann es nicht sein. Inwiefern war Dein Praktikum für Deine berufliche Orientierung hilfreich?
Ich konnte viel lernen und mich weiterentwickeln. Ich kann mir gut vorstellen, später in der Umweltbildung und als Rangerin aktiv zu sein. Im Gleichgewicht mit der Natur zu arbeiten und durch Umweltbildung Kindern die Natur näherzubringen, macht mir Freude. Ich kann mit Sicherheit sagen, es war nicht mein letzter Besuch dort.
Camila strahlt vor Abenteuerlust und Fernweh. Erzähl uns von den Menschen vor Ort und deinem dortigen Umfeld. Wie können wir uns deine Freizeit vorstellen?
Felipe und Juanita leben in Sogamoso. Sieben Minuten mit dem Fahrrad von Ihnen wohnen die Mama und der Bruder von Felipe auf einer Finca, wo auch ich ein Zimmer hatte. Normalerweise ist das Haus für Reisende, aber während meiner Zeit war wenig los. Ich hatte viel Zeit für mich, Musik, Podcasts und Yoga. Nebenbei habe ich ein Herbar über Moose und Laubbäume angelegt. Ab und an ging es in die Stadt, zu Freunden oder zum Tee zu Juanita und Felipe.
Es erfordert sehr viel Mut allein zu reisen. Möchtest Du uns einen Einblick geben in deine persönlichen Herausforderungen?
Nach einem Sommer mit den engsten Freunden im bunten Eberswalder-Treiben, habe ich mich dort manchmal allein gefühlt. Die sieben Stunden Zeitverschiebung nach Hause haben es nicht leichter gemacht. Es gab mir jedoch die Möglichkeit, mich besser kennenzulernen und zu lernen, wie schön es ist, Zeit mir selbst zu verbringen, ohne einsam zu sein.
Was möchtest du den Leser*innen noch mitgeben?
Zunächst: Habt den Mut und nutzt die Zeit des Praktikums, um herauszukommen und die Welt zu entdecken. Ihr werdet wertvolle Erfahrungen sammeln und an Euch selbst wachsen. Zudem ist es ein schönes Gefühl, einen Impact zu hinterlassen und eine Familie am anderen Ende der Welt zu haben. Mir hat es so gut gefallen, dass ich die Organisation von hier aus weiter unterstütze. So bin ich jetzt offizielle Ansprechpartnerin für Studierende unsere Hochschule und Interessierte aus aller Welt. So gebe ich erste Informationen über die Naturschutzorganisation, die Organisation und teile meine Erfahrungen. Es ist eine Organisation, die mit so viel Herzblut arbeitet und es ist sicher, dass gespendetes Geld dort ankommt, wo es hin soll.
Wir freuen uns, dass Du so eine bereichernde Zeit hattest. Vielen Dank für das Interview!
Jede*r am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz wird im Laufe des Studiums ein Praktikum oder sogar ein ganzes Praxissemester absolvieren. In unserer Rubrik „Praxisluft schnuppern mit ..." interviewen wir regelmäßig Studis um von Ihren Erfahrungen aus dem "echten" Leben zu hören.
Hier findet ihr weitere Interviews dieser Rubrik.
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