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Praxisluft schnuppern mit Mira Wehrle

Das Studium am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz beginnt mit Vorlesungen, Seminaren und Exkursionen. Je nach Studiengang heißt es dann irgendwann „ab ins Praxissemester“! Wir interviewen in unserer Rubrik „Frisch von draußen“ Studierende, die ihr Praxissemester absolviert haben oder mitten drinstecken, um zu erfahren, wie diese aufregende Zeit für sie war oder ist.


Hochmoor in der Steiermark
Abb. 1: Eins von den einst häufigen Hochmooren in der Steiermark. Hier gehören der Naturschutzjugend und dem Naturschutzbund Flächen, sodass es weiter erhalten bleibt. (Foto: Mira Wehrle)

Seit wann studierst du LANU in Eberswalde?

Seit dem Wintersemester 2020 bin ich an der Hochschule für den Studiengang „Landschaftsnutzung und Naturschutz“ immatrikuliert.


Wo hast du dein Praktikum gemacht?

Ich habe mein Praktikum beim Naturschutzbund Steiermark in Graz (Österreich) absolviert. Dieser ist eine unabhängige Organisation und nicht zu verwechseln oder in Zusammenhang zu bringen mit dem „NaBu“ wie wir ihn in Deutschland kennen und nennen.


Mit Blick auf dein Studium: Wonach hast du dein Praktikumsbetrieb ausgewählt und was wolltest du dabei vertiefen?

Tatsächlich ging es mir gar nicht darum, etwas Bestimmtes zu vertiefen, sondern vielmehr darum, in verschiedene Bereiche des Naturschutzes reinzuschauen. Durch die vielen Aufgaben eines Naturschutzverbandes und die verschiedenen Schwerpunkte des Naturschutzbundes Steiermark wurde mir dieser Wunsch erfüllt. Ich bin ein großer Fan des Reisens und verbringe gerne auch mal länger Zeit an einem anderen Ort, weshalb mich die Zusage aus Graz sehr gefreut hat.


Abb. 2: Der Große Wiesenknopf, Blume des Jahres 2021, wichtige Futterpflanze für beispielsweise den Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Ihn findet man auf den extensiv genutzten Wiesenflächen des Naturschutzbundes. Deshalb haben wir uns um eine insektenfreundliche Pflege bemüht.

Abb. 3: Mit Pflanzen und Geräten vollgepacktes Auto. Wir haben drei unterschiedliche seltene Wiesenarten, welche vom botanischen Garten in Graz vermehrt wurden, bei einem gemeinsamen Außeneinsatz auf Flächen des Naturschutzbundes ausgepflanzt, damit sie sich wieder weiterverbreiten. Das Saatgut wurde in vorherigen Jahren auch von diesen Flächen geerntet.

Abb. 4: Im Rahmen von Außeneinsätzen und in meiner Freizeit konnte ich in Laubwäldern immer wieder Feuersalamander beobachten.

Abb. 5: Bei einer Höhlenbegehung auf der Suche konnten wir Kleine und Große Hufeisennasen finden. Die kleine Hufeisennase gilt in Deutschland als vom Aussterben bedroht und ist auch in Österreich gefährdet.

Abb. 6: Ein Schlingnatter-Fund bei der Reptilienkartierung auf einem alten Bahndamm.

(Fotos: Mira Wehrle)


Wie können wir uns deinen Alltag im Praktikum vorstellen?

Es ist schwierig einen genauen Alltag zu beschreiben, da es sehr abwechslungsreich war und ich oft selbst nicht wusste, was der Tag bringen würde. Die meisten Arbeitstage habe ich jedoch im Büro in Graz verbracht. An meinem eigenen Arbeitsplatz habe ich vor allem meinem Praktikumsbeauftragten zugearbeitet, für ihn Dinge im Internet recherchiert, Beiträge für die sozialen Medien erstellt, aber auch bei der Konzepterstellung für einen Biotopverbund mitgewirkt.

Meine Aufgaben im Rahmen der politischen Beratung waren etwas herausfordernd, da mir sehr viel Verantwortung übertragen wurde und ich mich intensiv in die Thematik einlesen musste. Die Entwicklung des Konzeptes für einen verbindlichen Biotopverbund wurde unter anderem für politische Akteure entwickelt. Hierfür habe ich mir unzählige Positivbeispiele durchgelesen und recherchiert, wie es mit der rechtlichen Lage aussieht, bzw. inwiefern das in Österreich tatsächlich umgesetzt werden könnte. Dafür stand ich in direktem Kontakt mit entscheidenden Akteuren im Bereich Umweltpolitik. Diese Tatsache gab mir das Gefühl, dass die Ergebnisse meiner Arbeit Auswirkungen auf zukünftige Entscheidungen in der Umweltpolitik haben könnten. Es war ein gutes und ein ungutes Gefühl zugleich.


Darüber hinaus konnte ich Kartierungen begleiten, habe Malaise-Fallen ausgewertet (Anm. der Redaktion: Malaise-Fallen sind Zeltfallen, also vorstellbar als sehr kleine Zelte, mit denen Insekten gefangen werden) und hatte mein eigenes kleines Projekt zur Gewinnung von Wiesensaatgut. Kurz gesagt, es war eine sehr vielfältige Arbeit.

DAS Highlight war auf jeden Fall das ERASMUS+ Projekt, bei dem wir in der Steiermark eine Gruppe junger deutscher und serbischer Menschen empfangen haben und uns zusammen eine Woche mit dem Thema „Biodiversität“ beschäftigt haben. Hier konnte ich zusätzlich etwas bei der Planung helfen, aber auch im Nachgang bei der Erstellung des Berichtes. Auch jetzt bin ich noch im Austausch mit den Teilnehmenden bezüglich weiterer gemeinsamer Projekte.


Auch das Sortieren der Fänge in den Malaise-Fallen war anfangs eine fordernde Aufgabe, aber da es mir unglaublich viel Spaß gemacht hat, die Vielzahl und Vielfalt der Insekten (wie z.B. Hymenoptera, Diptera, Syrphidae, Heteroptera, …) genauer betrachten zu können, habe ich die Herausforderung gerne angenommen und von den netten Mitarbeitenden viel über Arthropoden-Gruppen lernen können.

Inwiefern war dein Praktikum für deine berufliche Orientierung hilfreich? Was nimmst du aus deiner Zeit dort mit?

Ich habe nicht nur viel über Arthropoden gelernt, sondern allgemein die Arbeit bei einem Naturschutzverband kennengelernt - die Probleme, Konflikte, aber auch, was er für einen Einfluss haben kann. Es war eine wertvolle Erfahrung, allerdings möchte ich noch weitere Berufsfelder kennenlernen, vor allem noch Berufe, bei denen mehr direkt im Gelände gearbeitet wird.


Abb. 7: Graz (Foto: Mira Wehrle)

Graz ist eine wunderschöne Stadt, vor allem wenn im Herbst die Bäume an der Mur und in den Parks bunte Blätter haben. Aber auch in der Adventszeit lohnt es sich, durch die weihnachtlich beleuchteten, alten Gassen zu schlendern.

Wie blickst du auf den Abschluss deines Studiums an der HNEE und deine weitere Laufbahn?

Das Praktikum hat bei mir auf jeden Fall ein großes Interesse an Insekten geweckt, sodass ich versuchen werde, mich hier weiter einzuarbeiten. Außerdem hat mir die Öffentlichkeitsarbeit und die Umsetzung von selbst entwickelten Projekten sehr viel Spaß gemacht. Daher kann ich mir schon vorstellen, zumindest für eine Zeit in einem Naturschutzverband zu arbeiten. Dennoch glaube ich, dass es innerhalb der Naturschutzverbände große Unterschiede gibt und dass das Team einen erheblichen Einfluss hat, sowohl auf die Arbeitsatmosphäre als auch auf die Ergebnisse. Entscheidend ist außerdem, auf was die Kolleg*innen spezialisiert sind, wie groß das Team ist und inwiefern alle Beteiligten zusammenarbeiten und sich bei ihren Projekten ergänzen können.


Angenommen, ein Studi interessiert sich ebenfalls für „deinen“ Betrieb für das eigene Praktikum, was wären deine Hinweise? Was sollte die Person mitbringen, um hier ein ertragreiches Praktikum zu absolvieren?

Mitbringen „müssen“ tut mensch auf jeden Fall nichts. Der Naturschutzbund Steiermark freut sich jedoch sehr, wenn bereits Erfahrungen in einem Teilgebiet (z.B. Tier- oder Pflanzengruppen, …) vorliegen: Er bindet Praktikant*innen dann gerne in ein Projekt aktiv ein und gibt einem viele Möglichkeiten, aktiv die eigenen Ideen umzusetzen. Daher sollte mensch dies unbedingt in die Bewerbung schreiben, beziehungsweise in den Lebenslauf.


Hier kommst du zum Naturschutzbund Steiermark.


Jede*r am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz wird im Laufe des Studiums ein Praktikum oder sogar ein ganzes Praxissemester absolvieren.

In unserer Rubrik "Praxisluft schnuppern mit ..." interviewen wir regelmäßig Studis um von ihren Erfahrungen aus dem "echten" Leben zu hören.

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