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Prima Klima


photo credits go to Ulrich Wessollek

Wolkenloser Himmel, 30 Grad plus können schon ganz schön anstrengend sein. Über der B1767 flimmert die Hitze und die letzten Pfützen ziehen sich ganz schnell in die Atmosphäre zurück.

Da ist das Wörtchen Klimawandel plötzlich nicht mehr ganz so weit weg, nicht mehr so abstrakt, irgendetwas, gegen das Ökos ankämpfen wollen und über das Politiker*innen in fernen Hauptstädten die Schultern zucken.


Wie können wir selbst für das Weltklima aktiv werden? Sind wir mit verantwortlich für Dürren, Extremwetterereignisse, steigende Temperaturen? Wenn ja, in welchen Maßen? Oder sind das nur die anderen?


Diesen Fragen widmet sich die HNE diese Woche wieder besonders intensiv; es ist Klimaschutzwoche! Als Auftaktveranstaltung startete am Montag eine Podiumsdiskussion in Haus 1. (Dort war es übrigens vergleichsweise kühl, ganz ohne Klimaanlage, nur durch clevere Belüftungstechnik.)

Petra Pinzler und Günther Wessel (die das Buch „Vier fürs Klima“ schrieben) tauschten sich mit Frau Prof. Heike Walk sowie dem Eberswalder Bürgermeister Friedhelm Boginski und Tabea Frercks, AStA- und Senatsmitglied an der HNE, aus. Auch das Publikum übte fleißig sein Mitspracherecht aus.


Pinzlers und Vessels Tochter ermittelte für ein Schulprojekt den CO₂-Fußabdruck der Familie. Der lag zwar unter dem Bundesdurchschnitt, schien aber mit 42 Tonnen pro Jahr auf vier Personen erschreckend hoch. In einigen Ländern stoßen Menschen umgerechnet weniger als eine Tonne CO₂ aus.


Wie konnten sie klimagerechter leben? Die Frage ließ die Familie nicht mehr los. Die vier beschlossen, ein Jahr lang möglichst CO₂-neutral zu leben. Soviel sei verraten: Es hat nicht geklappt. Das funktioniere allein deshalb nicht, weil wir Gebäude und (öffentliche) Verkehrsmittel nutzen. Die schlagen im CO₂-„Konto“ besonders heftig zu Buche. Trotzdem hat sich der Einsatz gelohnt. Die Familie konnte ihren ökologischen Fußabdruck um ein Drittel verringern. Dieses Jahr werden sie ihr Auto verkaufen, weil sie es nicht mehr brauchen. Einkaufen fahren sie mit dem Lastenrad, Günther Wessel radelt auch zur Arbeit.


Die Eberswalder Radfahrer*innen müssten sich stärker für ihre Rechte einsetzten, so Bürgermeister Boginski. Auch er wünsche sich eine Erneuerung der Radwege in der Stadt. Dafür bräuchte er aber lautstarke Unterstützung der Pedaltreter*innen, etwa durch vermehrte Leserbriefen in Regionalzeitungen – oder neue Initiativen! Die, die schon da sind, sollten sich enger vernetzen und Synergien nutzen, findet Anja Neumann von WandelBar, denn viele Initiativen wüssten gar nicht, welche es noch so in der Stadt gäbe. Bottom-up-Bewegung in Eberswalde. Aber reicht das? Können viele kleine Lager etwas bewegen, oder braucht es irgendwann auch Hilfe „von oben“? Die vielen (Studi-)Initiativen seien eine große Stärke der Stadt, meint Tabea Frercks. Die bräuchten aber auch die Unterstützung der Stadt, um bestehen zu können, etwa durch ein bereitgestelltes Gebäude, in dem sie sich regelmäßig treffen könnten. Plötzlich steht die Frage im Raum, warum Eberswalde sich nicht Klimastadt nennen, und damit weitere Veränderungen anstoßen könnte. Ist es vielleicht bald soweit?


Heike Walk bestätigt, dass die Städte als besonders klimafreundlich gelten, in denen Bildungseinrichtungen, Bürger*innen und Politik gemeinsam an einem Strang ziehen. Wie bekommen wir alle in ein Boot, überzeugt davon, sich für Klimaschutz einzusetzen? Vielleicht sollten wir aufhören, von Klimaschutz zu sprechen, meint ein ehemaliger Student aus dem Publikum. Das Klima, die Natur, kann sich außerhalb unseres Einflusses regulieren. Es ginge doch viel mehr darum, uns zu schützen, vor unserem eigenen zerstörerischen Handeln. Wenn wir damit argumentieren, dass unsere liebsten Menschen, Familie, Freund*innen, unsere Kinder und Enkel geschützt werden sollen, haben vielleicht mehr Menschen Interesse, sich für Mitwelt und Klima einzusetzen.


Jede*r hat die Entwicklung unsere Welt in der Hand. Es darf nicht nur ein Thema der grünen Szene bleiben. Und, ein bitteres Paradoxon am Rande: Die gebildete grüne Mittelschicht, die so gern von Bio-Schnitzel und Nachhaltigkeit redet, hat in unserer Gesellschaft die schlechteste Klimabilanz. Vielleicht muss es ja nicht immer die Flugreise nach Costa Rica sein?

Apropos Schnitzel: Das gibt’s öfters in der Mensa, und seine CO₂-Äquivalente ist die höchste in einem Vergleich der Mensa-Gerichte der Klimaschutzwoche. Immer gut weg kommen die fleischlosen Speisen, die mit regionalen Zutaten besonders gut. Am klimaschonendsten ist das Beelitzer Spargelragout.


Frisch aus dem Holzbackofen gab es am Mittwoch Pizza – beim DIY-Nachmittag auf dem Stadtcampus. Weitere Glanzpunkte der Woche waren die Filmabende Dienstag und Mittwoch (outdoor!) und der Vortrag von Pädagoge Prof. Dr. Thomas Vogel am Donnerstag ebenda.


Einen großen Beitrag zur Organisation leisteten Kerstin Kräusche und Henning Golüke, Klimaschutzmanager der HNE.


Wir sagen schon einmal herzlichen Dank und wünschen eine bereichernde Klimaschutzwoche!

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