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Die Transformation befeuern – Heike Walk im Interview

Aktualisiert: 26. Okt. 2021

Teil 2 der Interviewreihe mit dem ehemaligen Präsidenten Prof. Dr. Vahrson, Interimspräsidentin Prof. Dr. Heike Walk und dem neuen Präsidenten Prof. Dr. Matthias Barth

Bevor Prof. Dr. Heike Walk von März bis Ende August 2021 die Hochschule als Interimspräsidentin zwischen den Präsidentschaften von Prof. a.D. Dr. Wilhelm-Günther Vahrson und Prof. Dr. Matthias Barth leitete, war sie Vizepräsidentin für Studium und Lehre an der HNEE.



Wie war die Zeit als Interimspräsidentin für Sie?

Die sechs Monate als Interimspräsidentin waren eine tolle Erfahrung. Ich habe wirklich nochmal einen ganz anderen Blick auf das Innenleben, die Strukturen, die Herausforderungen und die unterschiedlichen Themenbereiche der Hochschulpolitik bekommen.


Könnten Sie sich auch vorstellen langfristig Hochschulpräsidentin zu sein?

Nein. Ich muss sagen, ich bin froh, dass ich das Amt abgeben kann. Das hängt vor allem mit meiner persönlichen Situation zusammen. Ich kam im Januar 2017 an die HNEE und wurde nach einem Jahr schon Vizepräsidentin. Je mehr Verantwortung ich für die Hochschulgremien übernehme, desto weniger Zeit bleibt für die Studierenden und die Lehre. Ich möchte mich nun erstmal mit meinen Modulen beschäftigen und habe große Lust mich mit neuen digitalen Formaten auseinanderzusetzen, um die Lehre voranzubringen.


Was machen Sie normalerweise an der Hochschule?

Ich habe zwei halbe Professuren, eine am Fachbereich für Wald und Umwelt für „Transformation Governance“ und die andere am Fachbereich Nachhaltige Wirtschaft für „Transformative Innovation und Service Learning“. Im Bereich Transformation Governance schaue ich mir mit den Studierenden an, was Transformation bedeutet und wie eine Transformation zu mehr Nachhaltigkeit in unterschiedlichen Organisationen vorangetrieben werden kann. Ich arbeite viel mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen wie Vereinen und Genossenschaften und in Eberswalde vor allem mit der Bürgerstiftung Barnim, der Bürgerenergiegenossenschaft Barnimer Energiewandel, der Freiwilligen Agentur und der Thinkfarm. In Berlin habe ich gute Kontakte zum Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, das größte Netzwerk zivilgesellschaftlicher Organisationen in Deutschland.

Studierende, die sich in zivilgesellschaftlichen Organisationen engagieren, setzen sich in meinen Kursen Transformative Innovation und Service Learning mit ihrem Engagement auseinander und reflektieren, warum das für den Zusammenhalt einer Gesellschaft wichtig ist. Studierende, die sich noch nicht engagieren, können dadurch das Vereinsleben kennenlernen und werden motiviert, auch Initiative zu ergreifen. Für eine Demokratie ist zivilgesellschaftliches Engagement unabdingbar. Durch den Einsatz des Einzelnen für die Gemeinschaft können sich Demokratien festigen und bleiben lebendig. Ich denke, dass Studierende durch gesellschaftliches Engagement oft mehr für ihr Leben mitnehmen, als durch Module an der Hochschule. Service Learning ist ein Begriff aus dem angelsächsischen Raum, damit sind ehrenamtliche (Service-)Leistungen von Studierenden gemeint, die mit dem akademischen Lernen verbunden werden.


Und was haben Sie als Vizepräsidentin gemacht?

Mit der Vizepräsidentschaft, die ich vor drei Jahren angetreten habe, habe ich mir die Aufgabe gestellt, einen Strategieprozess einzuleiten, um den Hochschulentwicklungsplan möglichst partizipativ zu gestalten. Ein erster Schritt war eine große Strategiekonferenz vor eineinhalb Jahren, auf der wir zusammen mit Studierenden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet haben, z.B. für Lehre, Forschung, Transfer und Verwaltung. In diesen Arbeitsgruppen wurden unterschiedliche Maßnahmen und Konzepte erarbeitet, z.B. das neue Leitbild für die Lehre, das fachübergreifend und praxisorientiert ausgerichtet ist.


Bevor Sie nach Eberswalde kamen, haben Sie an der Freien Universität Berlin (FU) und der Technischen Universität Berlin (TU) gelehrt. Warum haben Sie sich dann für die HNEE entschieden?

Erstmals von der HNEE gehört habe ich 2010 bei deren Umbenennung. Ich war schon viele Jahre im Nachhaltigkeitsbereich unterwegs und als ich hörte, dass sich eine Hochschule komplett in Richtung Nachhaltigkeit ausrichtet und sogar den Namen dahingehend ändert, habe ich Feuer gefangen. Ich hatte zu vielen Unis und Hochschulen Kontakt, in denen einzelne Schwerpunktbereiche eingerichtet wurden zum Thema Nachhaltigkeit, aber dass es eine Hochschule so früh schafft, ein Leitbild und Grundsätze zur nachhaltigen Entwicklung aufzustellen, das fand ich phänomenal. Prof. Dr. Vahrson hat da wirklich sehr viel gewagt –

zu einer Zeit, zu der das an anderen Hochschulen noch undenkbar gewesen wäre. Heutzutage schreiben sich viele Hochschulen Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen, aber 11 Jahre zurückgedacht, war das wirklich großartig. Ich habe damals auch gehört, dass es in Eberwalde bereits internationale Studiengänge wie Global Change Management oder International Forest Ecosystem Management gab, während viele andere Hochschulen noch darüber nachdachten, ob sie internationale Studiengänge aufbauen sollen. Für mich war seitdem die HNEE eine kleine Perle im Umland. An der FU und TU Berlin habe ich über Jahrzehnte erfahren, wie schwierig es ist, Bildung für eine nachhaltige Transformation durchzusetzen. Die HNEE war hier immer ein Stückchen weiter, deshalb ist sie nach wie vor meine Traumhochschule.


Was wünschen Sie sich für die Hochschule? In welche Richtung sollte sie sich entwickeln?

Ich würde mir wünschen, dass die HNEE hinsichtlich der Internationalisierung nochmal einen Schritt zulegt. Dass wir in Zukunft nicht nur vereinzelt internationale Kooperationen haben, sondern langfristige Hochschulkooperationen. Unsere Studierenden sollen die Möglichkeit haben, sich weltweit auszutauschen und in anderen Regionen der Welt Erfahrungen zu sammeln. Der neue Präsident bringt da auf jeden Fall noch mal neuen Schwung rein.

Eine weitere Vision ist, dass die Hochschule die Nachhaltigkeitstransformation in der Region voranbringt. Es wäre wunderbar, wenn noch mehr Austausch mit Praxisakteur*innen stattfinden würde. Der Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz macht das schon gut, ÖLV*innen und LANUs sind in der Region vertreten und schaffen sich selbständige Arbeitsmöglichkeiten. Bisher gibt es in Eberswalde vereinzelt tolle Initiativen von ehemaligen Studierenden wie z.B. das KoBaMugasmus oder den Globus. Das ist aber im Vergleich sehr wenig, wenn wir an die vielen Studierenden denken, die jedes Jahr von der Hochschule abgehen. Unsere Hochschulabsolvent*innen sollten in allen Berufssparten noch sichtbarer sein, und sollten auch noch mehr in den Institutionen, Behörden, Vereinen wirken. So kann unsere Hochschule auch zur Nachhaltigkeitstransformation in der Region beitragen.


Was wünschen Sie Herrn Prof. Dr. Barth für sein Amt als Hochschulpräsident?

Dass er gut unterstützt wird von allen Hochschulangehörigen, dass Kolleg*innen und Studierende ihm gegenüber offen sind, Ideen vortragen und gemeinsam mit ihm versuchen, neue Wege zu gehen. Er bringt tolle Ideen mit, aber ich denke, er braucht viel Unterstützung und Menschen, die das mit ihm gemeinsam umsetzen wollen. Nach der langen Amtszeit von Prof. Dr. Vahrson, der wirklich Großartiges für die Hochschule geleistet hat, ist es nun auch an der Zeit eine neue Ära einzuleiten.


Wäre nach 22 Jahren Präsidentschaft von Herrn Prof. Dr. Vahrson nicht mal eine Frau an der Reihe gewesen?

Ja, das wäre toll gewesen für unsere Hochschule. Wir haben sogar eine Headhunter Firma eingeschaltet, die ganz gezielt nach Frauen gesucht hat, aber es hat sich einfach keine beworben. Das ist eigentlich überraschend, weil sich die Situation der Hochschulleitungen momentan stark verändert. Noch vor wenigen Jahren gab es kaum weibliche Leitungen, aber jetzt haben wir in Brandenburg mehr Präsidentinnen als Präsidenten. Von den acht staatlichen Hochschulen werden momentan fünf von Frauen geleitet.


Möchten Sie den Studis noch etwas sagen?

Jede*r Einzelne ist verantwortlich dafür, zur guten Atmosphäre an der HNEE beizutragen. Nur wenn wir alle ein bisschen was dafür tun, bleibt unsere Hochschule auch so toll, wie sie es momentan ist.


Vielen Dank für das Gespräch!


Bald folgt der 3. Teil unserer Interviewreihe in der wir mit dem neuen Präsidenten Prof. Dr. Matthias Barth sprechen

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