Was macht eigentlich Fabienne Buchmann? (Double-Degree Edition)
- Luisa Keim
- vor 14 Minuten
- 6 Min. Lesezeit
Fabienne hat den Masterstudiengang „Ökologische Landwirtschaft und Ernährungssysteme“ (OLE) an der HNEE studiert. Nach ihrem Abschluss hat sie sogar zwei Abschlüsse in der Tasche. Wie das möglich ist, warum sie sich für das Double-Degree-Programm entschieden hat und welche Erfahrungen sie damit gesammelt hat, erzählt sie in diesem Interview.

Hallo Fabienne. Was hast du in Eberswalde studiert?
Ich habe ab Herbst 2021 Ökologische Landwirtschaft und Ernährungssysteme im Double Degree mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) studiert.
Warum hast du dich damals für Eberswalde entschieden?
Ich habe von verschiedenen Menschen, die ich vorher getroffen habe, viel Gutes über Eberswalde und die HNEE gehört und wollte in der Nähe von Berlin sein. Es gibt nicht so viele Studiengänge in dieser Art. Außerdem fand ich es sehr reizvoll, durch den Double Degree ein Semester in der Schweiz zu verbringen. Das hat das Studium noch attraktiver gemacht.
Wo und wie hast du im Studium Praxiserfahrung gesammelt?
Im wissenschaftlichen Bereich in einem begrenzten Rahmen durch meinen HiWi-Job bei Prof. Dr. Anna Maria Häring. Da habe ich im Wert-Weide-Verbund-Projekt mitgearbeitet und einen Einblick bekommen, wie das Arbeiten in Forschungsgruppen und Projekten abläuft. Zusätzlich war ich am Gründungszentrum und habe die HNEE auf Messen vertreten. Im landwirtschaftlichen Bereich habe ich in der Zeit keine Praxiserfahrung gesammelt.
Wie war das Double Degree Programm in Kooperation mit der ZHAW?
In der Schweiz war es richtig schön. Ich war zuerst zwei wundervolle Semester in Eberswalde und danach ist es mir schwer gefallen in die Schweiz zu gehen. Dort angekommen, war das aber auch spannend. Ich habe in Wädenswil in der Nähe vom Campus Grüental gewohnt und es sehr genossen, am See zu wohnen und in die Berge fahren zu können - jederzeit. Das habe ich dann letzten Endes nicht so oft gemacht, weil der Workload extrem hoch war. Aber allein aufzuwachen und irgendwie Berge am Horizont zu sehen, das war richtig schön. Auch fachlich hat es Spaß gemacht. Ich war in der Forschungsgruppe Geography of Food, die ich mir vorher aussuchen konnte. Eigentlich macht man dann zwei Semesterarbeiten, die heißen PWRGs (Project Work in Research Group). Ich habe mich aber entschieden, nur eins davon zu machen, zum Thema Berglandwirtschaft. Statt des zweiten PWRGs habe ich ein Modul belegt, bei dem es um Landwirtschaft und Agrarökologie in der Schweiz ging. Dort haben wir viel über die Schweizer Landwirtschaft gelernt, Exkursionen gemacht und ich konnte außerhalb meiner Forschungsgruppe Menschen kennenlernen. Zusätzlich mussten alle Double Degree Student*innen das Modul Research Methods belegen. Das ist ein großes, intensives Modul, in dem es um Statistik und Datenvisualisierung mit R geht. Inkludiert ist zudem eine Projektarbeit in Kleingruppen, in der man entweder im sozial- oder naturwissenschaftlichen Bereich ein Projekt durchführt und auswertet, sodass man das, was im Modul gelehrt wird, gleich anwendet.
Worüber hast du deine Abschlussarbeit geschrieben?
Nach dem Auslandssemester bin ich nochmal nach Eberswalde zurückgekommen. In diesen fünf Monaten hat sich mein Entschluss gefestigt, für die Masterarbeit zurück in die Schweiz zu gehen, weil ich mich weiter mit der Berglandwirtschaft befassen wollte. Die Hauptbetreuung lief dann über meine Forschungsgruppe bei der ZHAW und nur die offizielle Erstbetreuung über die HNEE.
Der Titel ist: ‘Zukunft säen: Zwischen Tradition und Wandel – Treiber, Herausforderungen und Potenziale von Pflanzenbau für menschliche Ernährung im Berggebiet des deutschsprachigen Ostalpenraums’. Ich habe Betriebsleiter*innen landwirtschaftlicher Betriebe interviewt, die auf min. 800 m ü. NN Kulturen für die menschliche Ernährung anbauen, wie z. B. Getreide, Kartoffeln, Feingemüse oder Kräuter. Es war spannend zu hören, was diese Landwirt*innen umtreibt und motiviert, das überhaupt zu machen, weil die Herausforderungen sehr hoch sind. Aber die, die es machen, sind mit Feuer und Flamme dabei.
Für die Finanzierung der hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz wollte ich vor Ort über einen Studijob nebenbei Geld verdienen. Aber es hat sich dann ergeben, dass zu der Zeit in meiner Forschungsgruppe eine Stelle als wissenschaftliche Assistentin frei geworden ist, die ich übernehmen durfte. Das war zu dem Zeitpunkt ein Pensum von 60 % (bei einer Wochenarbeitszeit von 42 Stunden in der Schweiz), was hieß, dass sich die Masterarbeit in die Länge zog und beides gleichzeitig ein hoher Workload war. Zum Ende hin habe ich auf 80 % erhöht – da sind dann einige Wochenenden draufgegangen. Aber wahrscheinlich ist es bei jeder Masterarbeit so, dass man sich ein bisschen verkalkuliert.
Was war am Ende das Ergebnis deiner Masterarbeit?
Die Betriebe sind sehr verschieden und haben unterschiedlichste strukturelle Voraussetzungen, sowohl topographisch als auch durch die historische Entwicklung. Das heißt, der eine Betrieb hat zwei Hektar mit einer Neigung, die noch Getreidebau zulässt, der andere 30 Hektar und wieder andere Betriebe keinen einzigen. Dann kommen die Subventionen dazu, die im Berggebiet eigentlich nur die Viehwirtschaft unterstützen und Pflanzenbau nicht, sodass die Betriebe gar nicht damit kalkulieren (können). Oder sie haben so wenig Ackerfläche, dass sich der Kosten-Nutzen-Aufwand nicht lohnt, etwas zu beantragen. Geräte mit Hangausgleich werden kaum noch produziert und die alten, vorhandenen Geräte benötigen viel Wartung. Beratung gibt es auch kaum. Es spricht viel dagegen, das zu machen, aber die Landwirt*innen, die es machen, haben eine extrem hohe intrinsische Motivation. Alle Betriebe sind sehr divers aufgestellt und haben viele Ideen, um den Betrieb wirtschaftlich zu halten. Das ist, was die Betriebe am Laufen hält. Wenn aber gewollt ist, dass es nicht immer weniger davon gibt, muss die extrinsische Motivation erhöht werden, sonst bleibt es eine Nische. Für die regionale Ernährungssouveränität ist es interessant, die Betriebe zu diversifizieren und mit mehreren kleinen Standbeinen resilienter zu machen.
Wo hat es dich dann nach Abschluss der Masterarbeit hingezogen?
Ende Januar 2025 habe ich meine Masterarbeit verteidigt. Mittlerweile wohne ich in Zürich und bin immer noch als wissenschaftliche Assistentin an der ZHAW. Das mache ich noch eine Weile weiter, weil es mir Spaß macht und ich in verschiedene Forschungsprojekte involviert bin. Wir entwickeln ein Lernspiel für die landwirtschaftliche Grundausbildung, wo es um Kreislaufwirtschaft geht. Es gibt ein Digitalisierungsprojekt für die Förderung von Nischenkulturen, in der eine App für Landwirt*innen entwickelt wird, die dort ihre Erfahrungen austauschen können und ein Vorhaben zur Förderung von Protein- und Ölkulturen in der Schweiz. In beiden Projekten modellieren wir, wie sich die Anbaueignung von verschiedenen Kulturen im Klimawandel entwickelt. Dazu kommt noch Admin-Kram und die Lehre, bei der ich Module mitorganisiere und Coachings übernehme.
Wie geht es für dich weiter?
Das wüsste ich auch gern. Ich merke auf jeden Fall, dass mir die Landwirtschaft fehlt, weil ich mich zwar sehr viel damit beschäftige, aber gar nicht praktisch darin arbeite. Perspektivisch will ich mehr in die Praxis, aber wann und wie weiß ich noch nicht so genau. Dieses Jahr steht auf jeden Fall erstmal unter den Sternen Leben genießen und am Wochenende in die Berge zu fahren, anstatt zu arbeiten!
Was nimmst du aus Eberswalde und dem Double Degree mit?
Eberswalde ist ein Ort, der mir im Herzen bleibt. Die Hochschule ist super herzlich und das fachliche Angebot hat mir gefallen, weil die Module angewandt waren und es einen grossen Landwirtschaftsbezug gab. Und das mit Menschen mit unterschiedlichsten fachlichen Hintergründen, von deren Vorwissen ich profitieren konnte. Das war ein guter Rundumschlag – Fokussieren kann man sich auch hinterher noch. Der Double Degree war viel Arbeit, aber wenn man Lust darauf hat, kann man an der ZHAW sehr tief ins wissenschaftliche Arbeiten und die Projektorganisation einsteigen.
An welches Ereignis aus der Studienzeit änderst du dich besonders gerne?
Die Exkursionen fand ich besonders schön. Ich habe das Gefühl, ich nehme am meisten mit, wenn ich mich mit den Personen direkt austauschen kann. Natürlich der morgendliche Kaffee bei Bäcker Wiese und dabei zu versuchen, nicht schon wieder einen Brownie zu kaufen. (..) Hat selten geklappt. (..) So nah am Campus zu wohnen, in der Stadt immer wen zu treffen und Menschen um sich zu haben, die etwas bewegen wollen. Das ist irgendwie Eberswalde.
Was würdest du Leuten mitgeben, die sich für den Double Degree interessieren?
Wenn man Lust darauf hat, gibt es auf jeden Fall Mittel und Wege, das umzusetzen. Ich habe mir zusätzlich zu meinem HiWi-Job einen Studi-Kredit besorgt, weil ich es mir sonst nicht hätte leisten können. Arbeiten ist in der Schweiz mit der kurzen Aufenthaltsgenehmigung (L) gar nicht so leicht, aber ich glaube, wenn man sich damit auseinandersetzt, findet man eine passende Lösung. Ich habe mit Foodsharing viel Geld gespart. Es war eine tolle Erfahrung: Man ist im deutschsprachigen Raum mit vielen anderen Sprachen um sich herum und irgendwie in einem anderen Kulturkreis. Und man hat die Berge!

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