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Feministischer Januar // Wir fragen im Februar, wie wars gewesen?

Aktualisiert: 23. Apr. 2019


© ASIE

Anfang des Jahres gab es bei uns neben guten Zeiten, Prüfungszeiten erstmals den feministischen Januar. Unsere neue bloggerin Johanna hat sich einen Monat später mit den Organisator*innen Anna und Ida getroffen und über die Veranstaltungsergebnisse und -erfahrungen unterhalten.


Wer seid ihr eigentlich? Seit wann gibt es euch und warum?

Ida: Wir sind eine Gruppe von Freund*innen, die sich über feministische Themen austauschen wollen. Wir waren zum Großteil auch schon vorher in unterschiedlichen feministischen Gruppen aktiv. Haben uns dann einfach mal getroffen und die ASIE (Antisexistische Initiative Eberswalde) ins Leben gerufen.

Anna: Im November 2018 haben wir angefangen mit den Treffen.


Eure erste Aktivität war der feministische Januar... wieso?

Ida: Eigentlich war am Anfang gar nicht klar, was wir machen wollen. Wir haben uns getroffen und dann einfach ein bisschen rumgesponnen. So sind viele Workshopideen entstanden und wir waren total motiviert, die gleich alle umzusetzen und waren so: „ja ok, wenn wir das selbst lernen wollen, warum nicht gleich 'nen Workshop draus machen? Warum nicht gleich einen ganzen Januar?“

Anna und Ida schauen sich an und lachen. Die Motivation ist noch immer deutlich spürbar.

Anna: Vor allem sind es Themen, auf die wir persönlich grade total Lust haben. Das hat verschiedene Schwerpunkte rein gebracht und die wollen wir auch gerne nach außen tragen. Beispielsweise wollten wir uns mit Computersicherheit auseinandersetzen, so kam es zu dem Crypto-Workshop.


Ihr habt eure Veranstaltungen ja auch auf verschiedenen Wegen beworben. Wie waren die Veranstaltungen denn dann besucht? Wie war die Zusammensetzung des Publikums? Viele bekannte Gesichter?

Anna: Dadurch, dass wir Hochschulräume angefragt und Gelder bei unserem AStA beantragt haben, bestand das Hauptpublikum aus Student*innen. Die Workshops waren dann für FLTI*.

Ida: Die erste Veranstaltung war ja offen für alle, da gab es gemischtes Publikum. Bei einer Veranstaltung waren auch ein paar ehemalige Student*innen dabei. Wie die den Weg zu uns gefunden haben? Vielleicht über die Plakate, die wir in der Stadt aufgehängt haben. Aber für mich war das schon auch manchmal 'ne Überraschung wer da gekommen ist. Bei der Auftaktveranstaltung waren auch internationale Student*innen dabei.

Anna: Na und wir haben das online auch brandenburgweit auf verschiedenen Wegen beworben. Theoretisch hätten Leute aus dem ganzen Land kommen können.

Anna grinst.


Die Workshops (Let's talk about Sexism, Crypto-Workshop, God is a Djane) waren nur für FLTI*. Ich habe mich dann gefragt, wer war und ist die Zielgruppe eurer Veranstaltungen? Weil bei feministischen Themen ist es ja auch oft ein ziemlicher Spagat zwischen geschützten Räumen, aber auch alle über feministische Themen zu informieren ...

Anna: Dadurch, dass der feministische Januar jetzt erstmal vorbei ist und wir im März wieder zu einem großen Treffen einladen, zu dem dann auch neue Leute dazu stoßen können, ist das jetzt noch gar nicht so gesetzt. Wir haben am Anfang gesagt, dass wir eine FLTI*-Gruppe sein wollen. Aber es kommt auch ein bisschen drauf an, wie die Gruppe sich jetzt weiter entwickelt. Zum Beispiel als Lesekreis würden wir noch mal drüber reden, soll das jetzt FLTI* bleiben oder nicht? Bei Veranstaltungen wird das mal so, mal so sein. Wie es halt vom Thema her passt und wie wir Bock drauf haben.

Ida: Ja, das ist themenspezifisch. Die Workshops, die wir gemacht haben, sind FLTI* gewesen, weil es Themen sind, die wenn sie im größeren Rahmen unserer Gesellschaft gesehen werden, männlich dominiert sind. Beispielsweise sind in der Club-Szene 9 von 10 DJ’s Männer*. Und deshalb haben wir es als sinnvoll erachtet, FLTI*-Räume zu schaffen.


Ok. Also wenn ihr euch als FLTI*Gruppe versteht, wer ist zum Treffen im März eingeladen?

Ida: Wir verstehen uns als FLTI*-Gruppe. Das Treffen ist eine Einladung an alle FLTI* in Eberswalde, bei uns mitzuwirken. Wer gerne zu dem Treffen kommen möchte, kann uns gerne eine E-Mail schicken, dann folgen genauere Infos (asie@riseup.net).


Seid ihr zufrieden mit eurem Start?

Ida: Ja ich bin sehr zufrieden. Also es gab Hoch- und Tiefphasen, aber ich habe viel gelernt. Der Workshop, den ich gegeben habe, das hat mir mega viel Spaß gemacht!

Anna: Ja, ich bin auch voll zufrieden. Um die Weihnachtszeit rum haben mir echt die Beine gezittert. Ich habe mich gefragt, wie wir das alles schaffen wollen. Aber irgendwie sind die Wege in Eberswalde kurz und es hat alles super geklappt.

Ida: Das war ja auch das coole, das wir über die HNEE und den AStA Strukturen nutzen konnten, die wir schon kennen. Ich glaube, es ist uns auch deshalb so leicht gefallen ist, weil die meisten von uns schon Veranstaltungen an der HNEE organisiert haben.


Wie waren die Rückmeldungen zu den Veranstaltungen? Von der Hochschule, den Teilnehmer*innen und Referent*innen?

Anna: Die Rückmeldungen der Referent*innen waren eigentlich durchweg positiv. Vor allem am Anfang hat sich die Debatte zu FLTI* erzürnt. Der AStA hat wütende Mails bekommen, nach dem Motto: „Was soll das? Ich werde als Mann ausgeschlossen. Was fürn Kack.“ … hauptsächlich kam die Kritik von cis-Männern, aber in einigen Fällen auch von Frauen. Von den Teilnehmer*innen hingegen haben wir echt tolles Feedback bekommen. In den Mails für die Anmeldungen war so viel Begeisterung, Motivation und Zuspruch zu lesen. Und wir haben dadurch gemerkt, dass ist wirklich der Nerv der Zeit. Das wird gerade gewünscht. Von der Hochschule kam die Gleichstellungsbeauftragte, Dörte Beyer auf uns zu und wollte uns auch gerne unterstützen. Also irgendwie von den meisten Seiten Support.

Ida: Das negative Feedback was wir da bekommen haben, hat mich nicht kalt gelassen. Das fand ich schon ziemlich krass. Ich hatte zwar damit gerechnet, aber mich hat es dann doch mehr beschäftigt. Aber ich habe, wie gesagt, durch diesen Prozess auch viel gelernt. Ich habe Debatten mit Freund*innen dann noch mal anders ausgetragen. Am Ende dachte ich mir: „Hey, wenn sich so viele Leute darüber aufregen, dann hören sie vielleicht zum ersten Mal davon. Und wir sind ja auch irgendwie alle in einem Lernprozess.“ Damit beruhige ich mich dann auch selber. Und denke, wenn es wirklich so laute Stimmen in Eberswalde und im HNEE-Forum bei Facebook gibt, vielleicht ist es gut, diese Diskussion anzustoßen. Vielleicht überträgt sie sich aus dem Netz in die WG-Küche oder auf die Parkbank. Das finde ich cool, dass wir damit Leute zum Nachdenken anregen können.

Anna: Ja, das auf jeden Fall. Und für mich kam dann schnell der Punkt, wo ich mir dachte, wenn es Männer gibt, die sich so über diese Ausgrenzung aufregen wollen ... es steht ja allen Leuten offen, sich selber zu organisieren und solche Veranstaltungen zu entwickeln. Haben wir ja auch so gemacht. Deswegen: Go for it! Wenn ihr was lernen wollt, dann sucht euch den Raum, statt andere zu stören.


Hat es euch auf neue Ideen gebracht? Ist neuer Handlungsbedarf sichtbar geworden durch die Veranstaltung?

Ida: Das Interesse an den Workshops war sehr groß und die Warteliste dreimal so lang wie die Teilnehmer*innenliste, wir wollen auf jeden Fall weiter machen!

Anna: Die große Nachfrage zu dem Rahmen, den wir gestaltet haben, das motiviert voll! Die Gleichstellungsbeauftragte meinte neulich zu uns, dass ein Sexismusworkshop für Männer wirklich wichtig wäre. Und ja, den Handlungsbedarf sehe ich auch, aber das heißt noch nicht, dass wir das auch organisieren müssten. Ich finde, da können die Typen sich auch mal selbst organisieren. Es gibt auch schon Gruppen, die sich mit Sexismus auseinandersetzen.


Auch in Eberswalde?

Anna: Ne, ich glaube nicht. Aber in Berlin gibt es Gruppen, die sich mit kritischer Männlichkeit befassen und einige Blogs im Internet. Also wenn es da Bedarf gibt und den gibt es ja scheinbar, sonst hätten sie sich ja nicht so aufgeregt … wie gesagt: Go for it!


Was ist das nächste Thema bei euch?

Ida: Erstmal wollen wir uns als Gruppe noch mal gemeinsam überlegen, wie wir weiter machen wollen. Vielleicht bleibt es ja beim feministischen Januar einmal im Jahr...? Mal gucken.

Anna: Oder auch wo wollen wir zusammen hingehen? Frauenkampftags-Demo in Berlin oder andere Veranstaltungen oder Partys. Vor allem hatten wir irgendwie das Bedürfnis nach einem feministischen Netzwerk und nach einer Bezugsgruppe zum Austauschen. Ich glaube, das ist einfach noch nicht so festgesetzt, was wir als Nächstes machen.


Was wollt ihr gerne noch loswerden?

Ida: Na… seid offen, seid aktiv, engagiert euch und macht mit! Zum Beispiel bei uns.

Anna: Feminismus ist für alle da. Das ist kein Frauenthema, sondern es geht um die Verhältnisse in denen wir leben. Und unter denen leiden alle Geschlechter. Und ich fände es einfach schön, wenn Feminist*innen keine Feindbilder darstellen. Also keine Angst vor dem F-Wort. Denn Feminismus ist ein wunderschönes Wort, das mensch gar nicht oft genug in den Mund nehmen kann.


Anmerkungen zum besseren Verständnis:

das * wird als Beitrag zu geschlechter-gerechter Sprache verwendet, da es alle Geschlechteroptionen einschließt

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