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Biber in MOL – Nachhaltigkeitstransformation mit Antje Stöckmann

Die HNEE trägt ja die Nachhaltigkeit schon im Namen und auch in den verschiedenen Studiengängen des Fachbereichs Landschaftsnutzung und Naturschutz kommt dieses Thema immer wieder zur Sprache. Aber wie und wo engagieren sich HNEE-Angehörige auch außerhalb der Hochschule für mehr Nachhaltigkeit? Das möchten wir in unserer neuen Rubrik „Gesichter der Transformation“ erfahren. Den Anfang macht Prof. Dr. Antje Stöckmann, die im Interview über ihre Arbeit in der AG „Biber in MOL“ berichtet.

Antje Stöckmann (Foto: HNEE)


Hallo Frau Stöckmann, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unsere Fragen nehmen. Zunächst einmal: Was sind die Ziele der AG „Biber im MOL“?

Da muss ich etwas weiter ausholen, denn die AG gibt es schon seit 2015 und die Vorgeschichte begann sogar zwei Jahre früher.

Im Landkreis Märkisch Oderland (MOL) gab es damals immer mehr Biber und in der Folge zunehmend Beschwerden von Landwirt*innen wegen überschwemmter Flächen und vom Unterhaltungsverband wegen Problemen mit den Schöpfwerken, wenn die Biber das Wasser anstauten. Daraufhin erteilte der Landkreis im Jahr 2013 eine generelle Ausnahmegenehmigung zum Entnehmen von Bibern. Diese Genehmigung sollte gleich für vier Jahre gelten. Dagegen hat der NABU geklagt, mit dem Argument, dass dies gegen EU-Vorschriften zum Artenschutz verstoße. Biber sind eine geschützte Tierart. Den Prozess vor dem Verwaltungsgericht gewann der NABU. Der Landkreis MOL zog noch eine Instanz weiter vor das Oberverwaltungsgericht, wo der NABU aber ebenfalls gewann. Das zuständige Ministerium entschied dann, dass versucht werden sollte, mit allen Interessengruppen zu sprechen und einen gemeinsamen Weg zu finden, der dem EU-Artenschutzrecht entspricht, aber auch die Interessen der Betroffenen berücksichtigt. Das war die Geburtstunde der „Biber-AG“, wie sie im allgemeinen Sprachgebrauch genannt wird. Mehr über die Vorgeschichte dieser AG gibt es übrigens hier zu lesen.


Die Biber-AG ist beim Landkreis MOL angesiedelt. In der G sind u.a. der Gewässer- und Deichverband Oderbruch, Naturschutzverbände, Jäger*innen, der Bauernverband, die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises, das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) des Landes Brandenburg und das Landesumweltamt vertreten, also ein breites Spektrum an Interessengruppen und Behörden. Zusammen versuchen wir einen Weg zu finden, wie die unterschiedlichen Interessen beim Thema Biber zusammengebracht werden können. Anfangs fanden dazu noch viele und häufige Sitzungen statt, in denen wir teilweise stundenlang diskutierten, inzwischen treffen wir uns nur noch ein- bis zweimal im Jahr.


Die Biber-AG gibt es also seit 2015 und Sie sind von Anfang an dabei?

Ja, seit der zweiten Sitzung. In der ersten Sitzung wurden erst einmal organisatorische Dinge besprochen und in der zweiten ging es dann richtig los.


Wie kam es dazu, dass Sie sich in dieser AG engagieren?

Ich bin im Vorstand der NABU-Regionalgruppe Oberbarnim und der NABU hielt es für sinnvoll, dass in der AG „Biber in MOL“ auch tatsächlich regionale Vertreter*innen mitarbeiten und nicht nur Menschen aus der doch etwas weiter entfernten Landeshauptstadt Potsdam.


Setzen Sie sich neben Ihrer Arbeit in der Biber-AG auch noch an anderen Stellen für Naturschutz ein?

Ja, über meine Arbeit in der Biber-AG kam es dazu, dass ich nun auch im Naturschutzbeirat des Landkreises MOL mitwirke. Außerdem bin ich ehrenamtliche Naturschutzhelferin nach dem brandenburgischen Naturschutzausführungsgesetz.


Zurück zur Biber-AG: Was sind dort Ihre Hauptaufgaben?

Der Großteil der Arbeit dieser AG besteht aus Politikberatung. Wir haben z.B. ein aufwändiges GIS-Kartenwerk erarbeitet, mit dessen Hilfe die Gewässer im Oderbruch einer Risikobewertung unterzogen wurden. So konnte bewertet werden, an welchen Gewässern erst einmal nichts passieren muss und an welchen unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, weil durch die „Bauarbeiten“ von Bibern z.B. ein Deich instabil geworden ist.

Der Landkreis MOL hat dann auf der Basis dieses Kartenwerks eine Allgemeinverfügung erlassen, die den Genehmigungsprozess für Maßnahmen gegen Biber abkürzt. Normalerweise muss aufgrund des Artenschutzes für jedes Entnehmen oder Vergrämen eines Bibers ein eigener Antrag gestellt werden. Das ist jetzt in den „Risikogebieten“ nicht mehr erforderlich, es wird also einiges an Arbeit und Zeit gespart.


Was hat die Biber-AG neben diesem vereinfachten Genehmigungsverfahren schon erreicht?

Sie hat verschiedene Interessengruppen an einen Tisch gebracht und erreicht, dass diese sehr gut und konstruktiv zusammenarbeiten. So kann die AG in ihrer Arbeit die unterschiedlichen Interessen, den Schutz des Bibers und gleichzeitig den Schutz des Menschen und der Infrastruktur berücksichtigen, z.B. indem Vorsorgemaßnahmen gegen von Bibern unterhöhlte Straßen oder Biberbauten im Oderdeich getroffen werden.


Welche Dinge – z.B. Wissen oder Kontakte zu Fachleuten – aus Ihrer Arbeit an der HNEE können Sie in die AG einbringen und umgekehrt?

In die Biber-AG kann ich vor allem mein Fachwissen über Gewässerökologie einbringen, außerdem meine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Interessengruppen im Spannungsfeld Landwirtschaft/Naturschutz/Wasserwirtschaft.


Auf der anderen Seite habe ich mit HNEE-Studierenden im Rahmen von Geländeübungen unter anderem Biber-Revierkartierungen durchgeführt und die Daten daraus der Biber-AG zur Verfügung gestellt. Außerdem habe ich schon Abschluss- und Projektarbeiten von Studierenden betreut, die heute in der Biber-AG mitarbeiten, etwa der Biber-Manager des Gewässer- und Deichverbandes Oderbruch und der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises MOL. Und ich kann meine Erkenntnisse aus naturschutzrechtlichen Stellungnahmen für den Raum MOL – natürlich anonymisiert – in meine Arbeit an der HNEE einbringen.


Zum Schluss noch eine Frage, die vielleicht für die studentischen Leser*innen dieses Blogs interessant ist: Gibt es die Möglichkeit, in der AG ein Praktikum zu machen?

Direkt bei der Biber-AG ist das nicht möglich, aber bei den einzelnen beteiligten Organisationen und Institutionen können Studierende Praktika absolvieren.


Vielen Dank für das Gespräch!

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