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Double Degree – ein Studium, zwei Abschlüsse

Johanna studiert den Masterstudiengang „Ökologische Landwirtschaft und Ernährungssysteme“ (OLE) an der HNEE. Nach Abschluss des Studiums wird sie allerdings zwei Abschlüsse in der Tasche haben. Wie das funktioniert, warum sie das macht und welche Erfahrungen sie bisher mit dem Double Degree gemacht hat, erfahrt ihr in diesem Interview. Da Johanna gerade in der Schweiz ist, haben wir uns im Videocall getroffen. (Sidefact: Johanna macht nebenbei aus der Ferne die Redaktionsleitung dieses Blogs).


Urheberin: Johanna Nachtigall
Urheberin: Johanna Nachtigall

Hallo Johanna – wie geht es dir und wo bist du gerade?

Hallo Nicola, schön, dass es geklappt hat! Mir geht es sehr gut hier in Wädenswil. Wädenswil liegt  in der Schweiz, ganz  in der Nähe von Zürich, und ist  einer der Standorte der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHaW) – der Partnerhochschule des Double Degrees.


Kannst du bitte einmal kurz und knapp erklären, was eigentlich der Double Degree ist und wie er funktioniert? Gerne! Im Masterstudiengang „Ökologische Landwirtschaft und Ernährungssysteme“ (OLE) an der HNEE hat man im ersten Semester die Möglichkeit, sich für den Double Degree zu bewerben.


Dann belegt man 60 Credits an der HNEE und sammelt 30 Leistungspunkte während des Auslandssemesters an der ZHAW. Die übrigen 30 Leistungspunkte sind für die Masterarbeit vorgesehen, bei der die Erstkorrektur von der HNEE und die Zweitkorrektur durch die ZHAW erfolgt.  Am Ende erhält man nicht nur den Abschluss an der HNEE, sondern zusätzlich auch den Master of Science in “Environment and Natural Resources" mit dem Schwerpunkt “Agrarökologie und Ernährungssysteme”.


In welchem Semester findet das Auslandssemester statt? Ist es eher für Wander- oder Skifans? Die ersten zwei Semester verbringt man in Eberswalde und geht im dritten Semester nach Wädenswil, also von Mitte September bis Ende Januar. Wenn man – so wie ich – ein Wohnheimzimmer bekommt, kann man bereits ab dem 1. August einziehen. So erlebt man sowohl den Sommer zum Wandern als auch einen Winter mit ordentlich Schnee. 


Was hat dich dazu bewegt, den Double Degree zu machen? Ich wollte immer Auslandserfahrung sammeln. Die Schweiz ist jetzt nicht weit weg, aber ich finde, es gibt schon einen großen kulturellen Unterschied! Da ich wegen Corona im Bachelor kein Auslandssemester machen konnte, wollte ich das im Master unbedingt nachholen. Dann habe ich mich für OLE beworben und gesehen, dass man damit in die Schweiz gehen kann. Die Schweiz ist für viele Deutsche – zumindest für mich und einige, die ich kenne – ein Sehnsuchtsort. 


Was für Kurse hast du denn an der ZHAW belegt? Mit welchen Themen hast du dich in deinen Forschungsprojekten beschäftigt und was hast du stattdessen im OLE-Studium verpasst?Während meines Aufenthalts habe ich die Kurse: “Research Methods” (ReMe) und zwei “Project Work in Research Group” (PWRG) belegt. Man kann jedoch auch während der Bewerbung als auch noch zu Beginn des Semesters vom Standardverlaufsplan abweichen und die zweite Forschungsarbeiten durch den Kurs  ‘Agroecology and Food Systems’ ersetzen. Das würde ich – auch wenn ich ihn nicht belegt habe – empfehlen, denn zwei Forschungsarbeiten parallel waren für mich ziemlich stressig.


Ich habe in der Forschungsgruppe ‚Nachhaltigkeitskommunikation und Umweltbildung‘ an verschiedenen Themen gearbeitet – konkret dazu, wie man mit narrativen Ansätzen Storytelling oder Worldbuilding Zukunftsgeschichten erzählen kann und ob solche Methoden bereits eingesetzt werden. Also wie man mit Zukunftsgeschichten erzählen kann und wie das vielleicht schon genutzt wird. Das war zugleich Thema meiner ersten Forschungsarbeit und hat mein Interesse an Zukunftsgestaltung geprägt. Nebenbei habe ich für meine zweite Forschungsarbeit eine Museumsausstellung in Aarau ausgewertet und habe vor Ort Interviews geführt. Das Museum hat KI auf eine ähnliche  Weise eingesetzt, wie  wir das in unserem Projekt vorhaben. 


Außerdem gibt es noch das große Research Project mit 15 Leistungspunkten, bei dem man intensiv  lernt, mit R zu arbeiten. Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen – wenn man das Prinzip einmal verstanden hat, ist es gut machbar. Auch der begleitende Statistikkurs lässt sich gut bewältigen.


Während des Auslandssemesters an der ZHAW machen die Kommiliton*innen an der HNEE ein Praktikum und schreiben sowohl einen Forschungs- als auch einen Praktikumsbericht. Viele denken, dass das Studium in der Schweiz deutlich anspruchsvoller sei, aber auch der Forschungsbericht an der HNEE hat es in sich, wie ich gehört habe.


Wir haben ja jetzt Mai – das heißt, du schreibst deine Masterarbeit auch in der Schweiz? Genau, eigentlich wäre das Semester an der ZHAW schon Ende Januar vorbei. Der Standardverlaufsplan sieht vor, dass man zwei PWRGs belegt, das heißt, man schreibt zwei Forschungsarbeiten in einer Projektgruppe. Wenn man bereits weiß, dass man bald die Masterarbeit schreiben möchte, hat man schon eine gute Basis – so war es auch bei mir. Ich konnte meine Masterarbeit direkt auf diesen Forschungsarbeiten aufbauen. Da es mir hier so gut gefällt, habe ich natürlich die Gelegenheit genutzt und bin in Zürich geblieben, um die Arbeit vor Ort weiterzuführen. 


Was ist denn das Thema deiner Masterarbeit? Aktuell entwickle ich im Rahmen meiner Masterarbeit ein Workshop-Format für Schulklassen, das im Living Lab der ZHAW durchgeführt wird. Die Schüler*innen kommen zu uns und entwerfen gemeinsam mit ChatGPT, genauer gesagt mit einem Custom GPT, das ich gerade entwickle, eigene Zukunftsgeschichten. Ziel ist es, ihre Selbstwirksamkeit und Zukunftskompetenzen zu stärken. Statt lähmenden Pessimismus braucht es jetzt neue Narrative, die Hoffnung machen und zum Handeln anregen. Genau das wollen wir mit KI-gestütztem Storytelling erproben.


Urheberin: Johanna Nachtigall
Urheberin: Johanna Nachtigall

Wie ist das Studium in Wädenswil? Ich habe von Studierenden dort gehört, dass es ziemlich ruhig ist, da die Schweizer Studierenden oft von zuhause pendeln? Wädenswil ist zwar recht  klein, aber man ist in etwa 25 Minuten in Zürich – für mich eine super tolle Stadt mit vielen Angeboten. Außerdem startet man gleichzeitig mit Erstsemester-Studierenden, die irgendwie auch auf der Suche nach neuen Freund*innen sind. Zum Double Degree gehört auch, dass man die einwöchige Summer School belegt. Man hat also ausreichend Möglichkeiten, Leute kennenzulernen!


Aber du machst es jetzt nicht mehr nur für den Lebenslauf, sondern hast Spaß dabei? Es ist so schön hier, dass ich ja sogar meine Masterarbeit hier in Zürich schreibe. Die Stadt  ist mein „Place to be“ geworden. Wenn möglich, möchte ich auch nach dem Studium hier bleiben.


Für viele stellt sich bestimmt die Frage, wie man sich ein Studium in der Schweiz finanzieren kann. Hast du ein Stipendium? Ich habe das Glück, noch eine kurze Zeit elternunabhängiges BAföG zu bekommen. Wer in Eberswalde studiert, erhält das BAföG vom Studentenwerk Frankfurt (Oder), wenn man in die Schweiz geht, muss man sich an das Studentenwerk Augsburg wenden. Alle Teilnehmenden am Programm erhalten ebenfalls das Schweizer Mobilitätsstipendium SEMP, das dem Erasmus-Stipendium innerhalb der EU entspricht. Auch BAföG-Empfänger*innen können das SEMP zusätzlich bekommen.


Ich bin zwar als Redaktionsleitung im Ackerdemiker.In-Blog tätig, würde aber davon abraten, im Auslandssemester noch zusätzlich zu arbeiten. Man verschenkt wertvolle Zeit, die man besser nutzen kann, um Menschen kennenzulernen, die Umgebung zu entdecken oder an den vielen Freizeitangeboten teilzunehmen. Besonders das Erasmus Student Network (ESN) bietet tolle Möglichkeiten zur Vernetzung und Freizeitgestaltung. 


Zudem sollte man wissen: Wer mehr als 15 Stunden pro Woche arbeitet, muss in der Schweiz eine eigene Krankenversicherung abschließen – und die ist leider sehr teuer. Also am besten vorher gut informieren und genau abwägen. 


Für wen ist der Double Degree geeignet? Für wen würdest du den Doppelabschluss weiterempfehlen? Grundsätzlich würde ich sagen: Wer sich für die Schweiz, für die Schweizer Landwirtschaft und für wissenschaftliche Arbeiten interessiert, sollte diesen Weg wählen. Wer dagegen praxisorientierter lernen und Einblicke in Unternehmen der Land- und Lebensmittelwirtschaft erhalten möchte, ist mit dem Praktikum im 3. Fachsemester OLE auch gut beraten – das man übrigens auch im Ausland absolvieren kann. 


Urheberin: Johanna Nachtigall
Urheberin: Johanna Nachtigall

Dann zum Abschluss: Wo findest du es schöner – in Eberswalde oder in Zürich? Ich habe mein Herz definitiv in Zürich verloren. Eberswalde und die Community sind zwar toll, aber mir war es immer ein bisschen zu klein. Wädenswil ist zwar auch nicht groß, aber Zürich, der See und die Berge sind ganz in der Nähe – und bietet unglaublich viele Möglichkeiten. 


Ein Tipp: Kauft euch unbedingt ein Halbtax – damit spart man bei fast allen Fahrten mit dem Zug die Hälfte und es lohnt sich wirklich schnell.


Freut mich, dass du dich dort so wohl fühlst. Damit konntest du vielleicht den ein oder anderen OLE-Studierenden überzeugen. Danke für das Interview!



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