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Ein Herz für die Wildbienen

Aktualisiert: vor 17 Minuten

Aimée Abitz studiert “Landschaftsnutzung und Naturschutz” (Lanu) im 8. Semester. Ihre Bachelorarbeit hat sie ihrer Leidenschaft den Wildbienen gewidmet. Was sie dabei untersucht und wie ihre Aufnahmen ablaufen, erzählt sie euch in diesem Interview.


Hallo Aimée – schön, dass du zwischen dem Stress mit der Bachelorarbeit Zeit für ein kleines Interview gefunden hast. Magst du einmal erklären, was das Thema und die Fragestellung deiner Bachelorarbeit ist und wie du darauf gekommen bist?

Wenn mich jemand fragt, was meine Lieblingsartengruppe ist, ist die Antwort ganz klar: die Wildbienen. Die Idee, in meiner Bachelorarbeit eine Wildbienenkartierung zu machen, lag also auf der Hand. Im letzten Sommer und Herbst habe ich an zwei Wildbienen-Bestimmungskursen der Stiftung Naturschutz teilgenommen. Dadurch konnte ich einen guten Einstieg in die faszinierende Welt der Bienen finden. Während des Geländepraktikums im 6. Semester waren wir eine Woche auf dem Darß, wo wir ein Moor gemeinsam mit dem Bergwaldprojekt (BWP) wiedervernässt haben. Das BWP ist auch in anderen Schutzgebieten aktiv – unter anderem im Nationalpark Jasmund. Hier pflegen sie Offenlandflächen. Bei der Projektwoche war auch eine Rangerin aus dem Nationalpark Jasmund vor Ort. Dort habe ich spontan nachgefragt, wie es mit einer möglichen Bachelorarbeit aussieht und plötzlich hatte ich ein Thema und tolle Unterstützende an meiner Seite.


Ich schreibe meine Bachelorarbeit also im Nationalpark Jasmund. Genauer gesagt, untersuche ich die Wildbienenfauna in zwei ehemaligen, intensiv genutzten Kreidebrüchen. Dabei vergleiche ich, wie sich die beiden Flächen hinsichtlich ihrer Artenvielfalt und ihres landschaftsökologischen Wertes unterscheiden. Der eine Bruch wird vom BWP gepflegt und offen gehalten, während der andere seit rund 60 Jahren sich selbst überlassen ist – dort sorgt natürliche Sukzession für eine ganz eigene Dynamik und viel Verbuschung. 


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(© Aimée Abitz, 2025)


Das klingt richtig spannend. Hast du auch vor Ort einen Praxispartner und wenn ja, wie unterstützen sie dich bei der Arbeit?

Die Betreuung von Seiten der Hochschule übernimmt Dr. Jens Möller. Die Zweitbetreuung macht Frederik Rothe, ein bekannter Wildbienenexperte. Ich durfte ihn mehrfach auf Exkursionen und bei Kartierungen begleiten. Dank seiner Unterstützung habe ich die fachliche Expertise an meiner Seite, die mir besonders anfangs noch gefehlt hat – denn die Bestimmung von Wildbienen ist deutlich schwieriger, als ich zunächst dachte. Außerdem unterstützt mich der Nationalpark Jasmund sehr intensiv: Ich bekomme eine Unterkunft vor Ort gestellt, werde bei Fragen, Kontakten und Materialien bestens versorgt und habe sogar einen Studentenvertrag – das heißt, ich werde für meine Arbeit ein wenig entlohnt. Besonders schön ist, dass meine Daten nicht einfach in der Bibliothek verschwinden, sondern direkt in die Arbeit des Nationalparks einfließen können.


Ich bin wirklich dankbar für diese Zusammenarbeit. Die Mitarbeitenden sind offen für meine Ideen und wissen genau, an wen ich mich bei welchen Fragen wenden kann. Zusätzlich habe ich noch Unterstützung vom Leiter des Kreidemuseums, der mir spannende Einblicke in die Geschichte und Nutzung der Kreidebrüche gibt – eine wertvolle Ergänzung für meine Arbeit.


Wie laufen deine Geländeaufnahmen ab?

Einmal im Monat fahre ich für drei Tage in den Nationalpark Jasmund; meist mit Zug und Fahrrad oder mit dem Auto. Mein erster Besuch war im März, der letzte war Anfang August. Dort wohne ich in einer rustikalen (oder, je nach Blickwinkel, romantischen) Jagdhütte mitten im Nationalpark. Der erste Tag ist zum Ankommen, Einkaufen und für einen Strandbesuch reserviert. An den beiden anderen Tagen mache ich die Wildbienenkartierungen: Ich bin jeweils rund vier Stunden auf den Untersuchungsflächen unterwegs und gehe gezielt verschiedene wildbienenfreundliche Strukturen mit dem Kescher ab. Das sind vor allem blütenreiche Stellen, sonnige Südhänge oder offene Bodenbereiche.


Die großen Bienen fange ich mit Fanggläsern, die kleineren mit einem Exhauster. Das ist im Prinzip ein Staubsauger für Insekten. Die gesammelten Exemplare werden mit Essigsäure eingeschläfert und sicher verpackt, um sie zu Hause fachgerecht zu präparieren und unter dem Mikroskop zu bestimmen. Die Methode ist schonend und wird in der Wildbienenerfassung häufig eingesetzt. Eine exakte Bestimmung vor Ort ist fast nie möglich – in Deutschland gibt es rund 604 Wildbienenarten, viele davon unterscheiden sich nur in winzigen Merkmalen. 


Was passiert nach den Geländeaufnahmen?

Dann beginnt der zweite Teil der Arbeit: Zu Hause werden die Tiere präpariert, erst nach Gattungen und dann auf Artebene bestimmt. Dafür nutze ich Bestimmungsbücher, aber wirklich leichter wird es erst mit viel Übung. Gerade am Anfang habe ich für manche Arten über 1,5 Stunden gebraucht, um überhaupt halbwegs sicher zu sein, welche es ist. Bei besonders schwierigen Arten überprüfte Frederik die Bestimmung. Wenn alle Bienen bestimmt sind, werden die Daten in Tabellen eingetragen und landschaftsökologisch und statistisch ausgewertet. 


Das klingt nach viel Arbeit. Wie lange dauert es, bis du alle Bienen einer Aufnahme bestimmt hast? 

Länger als gedacht – deutlich länger. Ich hatte mir vorgenommen, nach jeder Geländeaufnahme bis zur nächsten alle Bienen des Monats zu bestimmen, und diese Zeit habe ich auch gebraucht. Seit April bin ich durchgehend gut beschäftigt. Neben dem Sammeln, Präparieren und Bestimmen kommt ja auch noch die Literaturrecherche und das Schreiben der Arbeit dazu. Also: Viel Aufwand für so kleine Tiere – aber es lohnt sich und ich schätze den praktischen Teil der Arbeit sehr!


Was passiert mit den gesammelten Daten und wie kann der Nationalpark davon profitieren?

In Mecklenburg-Vorpommern und speziell auf Rügen gibt es bislang kaum Daten zur Wildbienenfauna in Kreidebrüchen. Auch zur generellen Verbreitung vieler Arten gibt es große Lücken. Die Arbeit liefert also neue Erkenntnisse zur Artenvielfalt einerseits und zur Wirksamkeit der Offenhaltungsmaßnahmen im gepflegten Kreidebruch andererseits. Der Nationalpark zeigt großes Interesse daran, Wildbienenschutzmaßnahmen gezielt zu etablieren und bestehende Konzepte weiterzuentwickeln. Basierend auf meinen Daten werde ich Handlungsempfehlungen und Ideen formulieren, wie der Nationalpark geeignete Lebensräume für Wildbienen erhalten oder neu schaffen kann.


(© Aimée Abitz, 2025)


Was sind deine Pläne nach der Bachelorarbeit? Möchtest du dich weiter auf Wildbienen spezialisieren?

Ich glaube, Wildbienen werden mich immer begleiten – sei es beruflich oder privat. Ich kann mir gut vorstellen, auch in Zukunft Wildbienenkartierungen durchzuführen oder Projekte rund um Wildbienen zu betreuen. Sie bleiben einfach meine kleinen Lieblinge. Zunächst möchte ich aber tiefer in die Welt der Honigbienen einsteigen und mein Wissen zur ökologischen Bienenhaltung und traditionellen Imkereimethoden vertiefen. Die Kombination aus Naturschutzarbeit und Imkerei als Hobby kann ich mir sehr gut vorstellen.


Viel Erfolg noch bei deiner Bachelorarbeit und auf deinem Weg mit den Bienen!

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