Ein persönlicher Erfahrungsbericht über mein erstes GeLa-Jahr
Oktober // Beginn meines ersten GeLa-Jahres
Ich bin neu in Eberswalde. Zwischen den Einführungskursen fragt eine Kommilitonin, ob wer einen Ernteanteil der GeLa teilen möchte. Sofort ist mein Interesse geweckt und ich fange an zu recherchieren. “GeLa” heißt Gemeinsam Landwirtschaften und das Konzept ist eine Solidarische Landwirtschaft. Die beiden Bio-Höfe Schwalbennest und Staudenmüller bilden mit den GeLanis eine Kooperative. GeLanis sind keine bloßen Konsument*innen, sondern Prosument*innen und helfen aktiv mit. Während ich noch recherchiere, ist der halbe Ernteanteil schon an eine andere Kommilitonin vergeben. Vielleicht schaffe ich die 3-4 Kilogramm Gemüse auch alleine? Zum Glück ist es einen Probemonat! Kurzerhand ist die Gemüse-Erklärung ausgefüllt, der Monatsbeitrag überwiesen und ich bin angemeldet.
Auf meine erste Lieferung freue ich mich wie auf ein Geburtstagsgeschenk: Ich bin so gespannt, was sich darin verbirgt! Die Lieferung ist am Dienstag, es ist soweit: Zum ersten Mal betrete ich den GeLa-Raum in Haus 1. Die Anteile sind schon vorgepackt, ich brauche das Gemüse nur noch in meine Tasche umzufüllen. Es gibt Kürbis, Kräuter, Paprika, Salat und Tomaten. Sofort probiere ich eine. Und noch eine. Mmm, lecker! Ich sehe mich neugierig um: In einem Kühlschrank gibt es auch Milchprodukte, die Kuh- und Schafspakete sind vom Hof Schwalbennest.
Foto 1: Ernteanteil Ende Oktober, Urheberin: Tessina Ott
Januar // Wintergemüse
Alle zwei Wochen gibt es Sauerkraut. Ich habe es schon roh gegessen, mit Schupfnudeln oder Bratkartoffeln und brauche neue Ideen. Zuckerhut und Postelein habe ich noch nie zubereitet. Ich tausche mich mit anderen GeLanis aus und lerne neue Lieblingsrezepte kennen. Aus den Hofbriefen erfahre ich, wie Spinat und Chicorée wachsen und werde zur jährlichen Mitgliederversammlung eingeladen. Dort sind GeLanis aus allen Abholstationen eingeladen: Eberswalde, Templin und Berlin. Bei mitgebrachten Speisen soll das Jahr reflektiert werden und es gibt Raum für Austausch, lese ich.
Mai // Spargelzeit
1. Mai, 9:30 Uhr: In Arbeitsklamotten und voller Vorfreude fahren wir dem Hoftag entgegen. Wir schlendern über den Hof der Staudenmüllers, wo schon fröhliches Gewusel herrscht, vorbei am Wohnhaus und zwischen den Gewächshäusern hindurch. Vormittags jäten wir Unkraut, andere misten aus oder putzen den Lauch. Zu Mittag versammeln sich alle, 40 Menschen, schätze ich. Wir singen Lieder und es gibt ein großes Buffet. Wir erfahren das Neueste vom Hof und diskutieren mit unseren Tischnachbarn. Ich genieße die Gemeinschaft. Nachmittags spazieren wir auf ein Feld, auf dem wir versuchen, um den Spargel herum Unkraut zu hacken. Wer aus Versehen eine Spargelspitze erwischt, darf sie naschen.
Foto 2: GeLa, Urheberin: Saskia Hermann
Erschöpft, aber zufrieden verabschieden wir uns. Ich habe erfahren, wie viel Mühe es macht, unser Gemüse zu produzieren. Große Dankbarkeit den Gärtner*innen gegenüber kommt in mir auf und ich bin motiviert, mich selbst mehr einzubringen. Solidarisch heißt nämlich nicht nur, mindestens einmal im Semester auf dem Hof mitzuhelfen und den GeLa-Raum zu putzen oder mehr zu bezahlen, wenn der Geldbeutel das zulässt. E-Mails und Anmeldungen wollen verwaltet und Veranstaltungen organisiert werden, beispielsweise das Auftakttreffen für Interessierte. Hier freut sich das Orga-Team immer über engagierte Studierende.
Foto 3: Getummel beim Vorpacken, Urheberin: Tessina Ott
Oktober // Ende meines ersten GeLa-Jahres
Im Sommer habe ich die Gemüse-Fülle genossen: Grüne Bohnen, duftenden Basilikum, knackigen Fenchel. Mit meinem Mitbewohner habe ich an Maiskolben genagt und zu Mitbringbuffets Knoblauchbrot und Pestoschnecken gebacken. Mein Highlight war der Apfel-Ingwer-Saft.
Beim halbjährlichen Auftakttreffen der GeLa haben wir mit Interessierten GeLa-Gemüse geschnippelt, bei Ratatouille und Reis den Hofvorstellungen gelauscht und Fragen beantwortet. Ich hoffe sehr, dass einige Interessierte dazustoßen: 60 Anteile könnten vergeben werden, momentan sind es etwa 40. Wenn ihr beim Lesen also GeLa-Appetit bekommen habt, meldet euch für einen Anteil unter gela.eberswalde@posteo.de!
Foto 4: Zubereitung des Gemüses, Urheberin: Tessina Ott
Der Kreis schließt sich und mein erstes GeLa-Jahr neigt sich dem Ende. Ich habe unglaublich viel über Solidarische Landwirtschaft gelernt, weil ich sie erfahren und gelebt habe. Ich durfte leckeres Gemüse genießen mit dem Gefühl, einen Beitrag für eine nachhaltigere Welt zu leisten. Und ich danke von ganzem Herzen allen Gärtner*innen, die jeden Tag für unser Gemüse aufstehen. Während ich die letzten Zeilen schreibe, trinke ich Smoothie mit Salat und Petersilie. Neben mir fermentiert gerade mein aktuellstes Kimchi-Experiment aus Karotten, Mangold und Chinakohl. Ich freue mich schon, es zu probieren und ich bin gespannt auf alle kommenden Lieferungen.
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