Sie „zieht vorüber in trägem Lauf, gelbe Mummeln schwimmen darauf“ – so beschrieb zumindest Theodor Fontane 1895 die Oder. Sie soll einst vor Fischen, Krebsen, Flussschildkröten (und Mückenschwärmen) gewimmelt haben. Otter, Biber und anderes Getier, dass das Naturschützerherz höher schlagen lässt, besiedelte in großer Zahl die Wasserarme.
Wie es davor, seitdem und in Zukunft um den Fluss stand und steht, ergründen Lanus dieses Semester im Modul „Grenzüberschreitender Naturschutz“.
Frau Dr. Chmieleski und Laura Danzeisen, die derzeit auch ein Odertal-Monitoring koordinieren, nehmen uns mit ins Untere Odertal und seine bewegte Geschichte. Ebenso ALNUS-Mitglied Paul Venuß, der sich für den Oderschutz engagiert. Alle drei bringen uns die Probleme des Grenzflusses und transnationaler Schutzprojekte näher.
Der Unterlauf des Flusses trennt Deutschland und Polen voneinander. Er beherbergt Deutschlands einzigen Flussauennationalpark, somit ein großes Repertoire an seltenen Biotopen, Tier- und Pflanzenarten. Vor 300 Jahren sah er noch völlig anders aus als heute – bevor Friedrich der Große das Oderbruch meliorieren ließ, die Natur- zur Kulturlandschaft machte.
Da es sich auf Exkursionen am besten lernen lässt, durften wir einen Tag lang das Oderbruch bereisen. Mit den HNE-Bussen fuhren wir über Neutornow (wo Fontanes Vater begraben liegt) zur Oderbrücke Hohenwutzen. Auf der polnischen Seite lockt der weit bekannte Polenmarkt Besucher*innen mit zahlreichen Angeboten. Wir hielten nicht an, sondern betraten die Oderaue auf polnischer Seite. Hier ist der Fluss nicht eingedeicht wie am gegenüberliegenden Ufer, sondern darf bei höherem Wasserstand über die Ufer treten. Das Grünland dort trocknet erst allmählich ab, an den Stämmen der Weiden sieht man noch Schrammspuren von Eisschollen aus den Wintermonaten.
Über uns zog ein Seeadler seine Kreise, Silberreiher und Höckerschwäne hielten sich auf den noch überschwemmten Flächen auf. (Und, zumindest, was die Mückenschwärme angeht, bestätigen wir: Fontane hat nicht übertrieben.)
Weiter ging es, einen Trockentalhang hinauf, der von artenreicher Trockenrasenvegetation bedeckt ist. Nach einer Mittagspause mit herrlicher Aussicht fuhren wir einen Deich entlang, der Trockenpolder vor Überflutung schützt. Auf diesen Flächen wird Ackerbau betrieben – leider nicht unbedingt abgestimmt auf das empfindliche Ökosystem Aue. Wir sahen ein Feld mit den grauen Überresten totgespritzter Pflanzen – ein Glyphosat-Acker...
Unsere Tour endete im Naturschutzgebiet Bielinek. Auf den steilen Oderhängen dort wachsen Flaum-Eichen, die sonst nur im Mittelmeer- und Kaukasusraum vorkommen. Auf den sonnenbeschienenen Standorten hoch über der dem Odertal gedeihen sie aber auch in Polen prächtig. Selbst dort oben zeigen sich Spuren vergangener Geschehnisse im Oderbruch: Schlüsselblumen blühen auf den Überresten von Schützengräben aus dem 2. Weltkrieg.
Schließlich segelte ein Schwarzstorch knapp an uns vorbei in den Eichenwald hinein. Eine kleine Sensation, denn in Europa brüten nur wenige tausend Paare der Tiere.
Mit so vielen neuen Eindrücken im Gepäck fuhren wir von der Oder zurück ins Eberswalder Urstromtal. Wir freuen uns auf eine weitere Exkursion in die Grenzregion, wenn die Blockwochen-Reisezeit beginnt. Dort werden unsere drei Oder-Expert*innen uns sicher noch weitere Highlights des Unteren Odertals zeigen und unseren Blick für Natur//Kultur im Oderraum schärfen.
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