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AutorenbildAimée Abitz

Naturschutz trifft Forstwirtschaft: Von Konflikt und Kooperation 

Einblicke in die ANW-Exkursion zu den Natura 2000-Gebieten bei Sondershausen, Thüringen. 


Die ANW-Hochschulgruppe der HNE Eberswalde setzt sich als studentische Initiative dafür ein, praxisnahe Einblicke in aktuelle forstwirtschaftliche und naturschutzfachliche Themen zu bieten. ANW steht für die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft, eine Vereinigung, die naturnahe Waldbewirtschaftung fördert und interdisziplinäre Diskussionen anregt. Die Hochschulgruppe organisiert regelmäßig Exkursionen, Vorträge und Workshops, die für alle Interessierten offen sind und erschafft somit eine Plattform für den Austausch und das Voneinanderlernen.


Eine dieser Exkursionen führte einige Studierende unserer Hochschule am letzten Oktoberwochenende (25.-26.10.2024) in den gold-gelben Wald von Sondershausen, Thüringen. Bei der zweitägigen Veranstaltung drehte sich alles um das Thema Natura 2000 im Wald: Was bedeutet das Konzept, wie kann es funktionieren, welche Herausforderungen gibt es in der Praxis, und wie wichtig sind interdisziplinäre Ansätze und eine gute Kommunikation zwischen verschiedenen Institutionen? 


Erste Station war das Forstamt Sondershausen, wo wir von der stellvertretenden Forstamtsleiterin Frau Tofeili einen Fachvortrag zur Durchführung von Erheblichkeitsabschätzungen in Natura 2000-Gebieten bekamen und diese mithilfe des ForstGIS beispielhaft für einen Eingriff übten. Danach ging es in den Wald, genauer gesagt, zu einigen Gewässerstellen im Wald. Sie sind Kernelement des aktuellen Projektes der Natura 2000-Station Possen. Die Mitarbeitenden widmen sich hier der Revitalisierung der Gewässer, indem sie Schlammentfernung durchführen und somit wertvolle Lebensräume wiederherzustellen, beispielsweise für die Erdkröte (Bufo bufo) oder den Kammmolch (Triturus cristatus). Begleitet wurden wir von Herr Noa, einem Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde, der uns das Habitatbaumkonzept des Thüringenforst erläuterte – ein wichtiger Bestandteil des Artenschutzes, der langfristig besonders wertvolle Bäume schützt und somit Lebensräume für viele bedrohte Tierarten sichert. 

Foto 1: aktuelles Kernelement des Natura-2000 Gebietes: Sölle im Wald (Aimée Abitz, 2024) 


Am zweiten Tag führte uns die Exkursion mit den Mitarbeiter*innen der Natura 2000-Station in den Orchideen-Kalk-Buchenwald in einer 1000 Hektar umfassenden Stilllegungsfläche rund um den Possen. Hier bot sich ein beeindruckender Anblick: Der seltene Ästige Stachelbart und der Frauenschuh - beide von großer ökologischer Bedeutung für die Region. Der Frauenschuh ist ein gutes Beispiel für Arten, die spezifische Standortbedingungen haben und ihr Erhalt gut angepassten Schutzmaßnahmen bedarf. Der Erhalt dieser Art ist aber mit Einschränkungen für andere Arten verbunden, so bleibt der Frauenschuh nur, wenn die Wiese regelmäßig offengehalten wird. Eine Offenhaltung der Landschaft heißt aber auch, keine Nutzung durch Forstwirtschaft … Dies verdeutlicht exemplarisch, wie komplex das Zusammenspiel von Artenschutz und Forstwirtschaft sein kann. In der Praxis bedeutet das oft: Kompromisse finden und Synergien schaffen, um die unterschiedlichen Anforderungen an das Ökosystem Wald zu vereinen. Hier im Wald rund um Possen wurde dieser Konflikt uns Studierenden greifbar. 

Um so wertvoller war es, dass Studierende sowohl aus dem Fachbereich “Wald und Umwelt” als auch aus “Landschaftsnutzung und Naturschutz” anwesend waren. Der Austausch zwischen den Fachrichtungen fördert nicht nur ein kritisches Hinterfragen der jeweiligen Perspektiven, sei es der forstwirtschaftliche oder naturschutzfachliche Blick, sondern auch ein reflektiertes gegenseitiges Verständnis. Diese Erfahrungen zeigen uns, dass ein über den Tellerrand hinausgehendes Denken und die Förderung des interdisziplinären Dialogs entscheidend sind, um nachhaltige Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden.

Foto 2: Eindruck in die Exkursion (Aimée Abitz, 2024) 


Am Ende der Exkursion waren wir alle dankbar für die gewonnenen Einblicke vor Ort, den intensiven Austausch und die spannenden Diskussionen. Ein großer Dank gilt allen Organisator*innen und helfenden Händen, die diese Exkursion ermöglicht und gestaltet haben – insbesondere dem Forstamt Sondershausen sowie der Natura 2000-Station Possen.


Falls Ihr nun neugierig geworden seid und mehr über die ANW wissen wollt, hier geht's zur Webseite. 

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