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Willkommen Matthias Barth! Unser neuer Präsident

Teil 3 der Interviewreihe mit dem ehemaligen Präsidenten Prof. Dr. Vahrson, Interimspräsidentin Prof. Dr. Heike Walk und dem neuen Präsidenten Prof. Dr. Matthias Barth

Seit dem 1. September 2021 ist Matthias Barth offiziell neuer Präsident der HNEE. Die feierliche Amtseinführung, bei der auch der langjährige Präsident Wilhelm-Günther Vahrson verabschiedet wurde, fand am 17. September in Chorin statt. Im Interview haben wir mit Matthias Barth über seine Ideen, Ziele und Wünsche für die Zukunft der Hochschule gesprochen.


© Robert KLUBA

Wie waren Ihre ersten Wochen an der Hochschule? Sind Sie gut angekommen?

Ich bin total herzlich aufgenommen worden. Ich habe gemerkt, dass nicht nur ich mich freue hier zu sein, sondern sich auch die Menschen hier freuen, gemeinsame Dinge zu starten. Die ersten Wochen waren aber auch ein unglaublicher Ritt, denn ich wollte von Anfang an möglichst schnell viele Menschen kennenlernen.


Sie sind in Bamberg geboren, haben Umweltwissenschaften studiert und in Erziehungs-wissenschaften promoviert, waren in Melbourne und an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Seit 2014 waren Sie Professor für Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Leuphana Universität in Lüneburg. Wie kam es dazu, dass Sie sich in Eberswalde beworben haben?

An die HNEE zu kommen hat nicht zu meinem Fünf-Jahresplan gehört (wenn ich einen hätte). Ich war schon länger daran beteiligt, die Kooperation zwischen der Leuphana Universität und der HNEE auszubauen. In Lüneburg war ich auch im Dekanat tätig und wurde von Kolleg*innen aus Eberswalde auf die Ausschreibung aufmerksam gemacht. Manchmal muss man Gelegenheiten beim Schopfe packen. Ich sehe es als eine spannende Herausforderung, weil ich wahnsinnig viel Potential in dieser Hochschule sehe.


Sie bringen bestimmt viele neue Ideen mit und haben einiges vor in den nächsten Jahren. Womit wollen Sie anfangen? Welches Thema ist Ihnen besonders wichtig?

Hier an der Hochschule brauchen wir keine Revolution, sondern eine Evolution. Es ist schon viel Gutes passiert und ganz viel angelegt, was ich weiterentwickeln möchte. Deswegen muss ich gar nicht so viel Neues bringen, aber ich denke wir können nachschärfen. Die HNEE war sehr erfolgreich in den letzten Jahren und ist stark gewachsen. Vielleicht ist jetzt ein guter Moment inne zu halten und zu überlegen wo wir Prioritäten setzen wollen. Meine Überzeugung ist, dass sich die Hochschule als Akteurin in der und für die Zivilgesellschaft verstehen muss, als Nachhaltigkeitspionierin. Ich möchte mich messen lassen am gesellschaftlichen Impact, den wir haben. Wenn wir die Nachhaltigkeitstransformation als Aufgabe für die 20er und 30er Jahre wirklich ernst nehmen, dann müssen wir die Hochschule konsequent darauf ausrichten inter- und transdisziplinär Beiträge dazu zu leisten. Wir müssen uns als Organisation verstehen, die einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck und einen möglichst großen nachhaltigen Handabdruck haben möchte.


Wie soll die Nachhaltigkeitstransformation konkret funktionieren? Haben Sie schon ein Rezept dafür gefunden?

Wenn ich den einen Zaubertrick hätte, dann hätte ich Olaf Scholz herausgefordert. Erstmal ist es wichtig zu verstehen, dass es nicht das eine Rezept gibt. Ich verstehe Nachhaltigkeit als Lern- und Kommunikationsprozess, der innerhalb der planetaren Grenzen nach neuen Wegen sucht. Wir können nicht warten, bis eine*r mit der Lösung um die Ecke kommt, sondern wir brauchen Reallabore, in denen wir unterschiedliche Wege ausprobieren und erforschen können. Darin sehe ist die große Aufgabe der Hochschulen, dass wir solche Experimentierräume für Forschende und Studierende anbieten. Wir müssen uns überlegen wie eine Energiewende, eine Mobilitätswende oder das Verhältnis von Metropolen und dem ländlichen Raum in Zukunft aussehen kann.


Sie haben gesagt, dass es mit Ihnen weniger Vorlesungen geben wird?

Vorlesungen stoßen für das, was sie zur Kompetenzentwicklung von zukünftigen Change Agents beitragen können, schnell an ihre Grenzen. Wir sollten die Rolle von Wissensvermittlung nicht unterschätzen, aber wir brauchen in der Lehre auch Experimentierräume. Wir brauchen seminaristische Formate in denen Studierende sich ausprobieren, gemeinsam an Projekten arbeiten und Lösungen entwickeln können.


Wie sieht für Sie die ideale Hochschule aus?

Die ideale Hochschule bietet Studierenden ein Set spannender Studiengänge mit einer hohen Durchlässigkeit. Studierende können ihre individuellen Profile erstellen und Module aus anderen Bereichen wählen. Es ist leicht ins Ausland zu gehen und internationale Studierende können sowohl vor Ort zusammenarbeiten, als auch virtuelle Formate nutzen, um mit anderen Studierenden in der Welt in Kontakt zu kommen. Die ideale Hochschule hat Forschungsprojekte, die an Fragen der Nachhaltigkeitstransformation ansetzen, die vor Ort relevant sind und mit lokalen und internationalen Partner*innen an ganz konkreten Fragestellungen arbeitet. Ein Ort, an dem Forschung eng mit Lehre verknüpft ist und an dem Studierende eine wichtige Rolle spielen. Sie begreift sich selbst als eine lernende Institution, in der man sich die Frage nach dem eigenen Impact im positiven als auch im negativen stellt und sich weiterentwickeln möchte zu einer Vorbildfunktion, zu einem Ort, an dem gesellschaftliche Entwicklung stattfindet.


Wie kommen wir dahin, dass unsere Hochschule internationaler wird und es bessere Angebote für Studierende gibt, sich international auszutauschen?

Wir brauchen zum einen weitere Programme, bei denen Studierende von Anfang an im internationalen Setting studieren können, wie z.B. der Global Change Management Studiengang. Es gibt auch Bemühungen zu Double Degree oder Erasmus Mundus Programmen, bei denen man mit verschiedenen inner- und außereuropäischen Hochschulen zusammenarbeitet. Zum anderen würde ich mir wünschen, dass wir das, was wir aus der Coronazeit gelernt haben, mitnehmen und das Beste aus beiden Welten zusammenbringen. Nicht jede*r möchte, oder hat die Möglichkeit ins Ausland zu gehen und das viele Fliegen können wir uns gesellschaftlich auch nicht leisten. Doch wir können uns zu Naturschutz und Klimagerechtigkeit mit Studierenden in Südamerika, in Afrika oder in Südostasien austauschen. Ich finde es toll, wenn ich mit Kolleg*innen in Vietnam z.B. einen gemeinsamen Kurs entwickeln kann. So macht für mich das Virtuelle Sinn und wir bringen Internationalität an den Campus ohne dass es mit Reisen verbunden ist. Wir brauchen also beides: die Möglichkeiten zum echten internationalen Personenaustausch und auch verstärkt virtuelle Möglichkeiten, um globale Fragen hier in die Hochschule zu bringen, denn Nachhaltigkeitsfragen sind globale Fragen.


Kürzlich hat Deutschland einen neuen Bundestag gewählt. Was erwarten Sie von der neuen Regierung? Haben Sie Hoffnung, dass es nun größere Schritte in Richtung Klimaneutralität und Nachhaltigkeit geben wird? Was sind Ihre Forderungen an die Politik?

Mit den Wahlergebnissen sehen wir schon, dass es ein Parteienbündnis geben muss, in dem die Klimafrage eine größere Rolle spielen wird. Gleichzeitig gibt es keine Partei, die ein klares Konzept hat, wie wir das Paris Ziel von 1,5 Grad einhalten wollen. Was wir sehen werden ist, dass es die letzte Regierung sein wird, die noch ein CO2-Budget hat. Aber das Budget schmilzt ab und zwar schneller als sich das viele Politiker*innen eingestehen wollen oder kommunizieren. Viele der Aktivitäten, die jetzt geplant sind – denken wir an die Laufzeiten von Kohlekraftwerken – passen nicht dazu. Das heißt, ich kann nur hoffen, dass die nächste Regierung der Klimakrise die Rolle geben wird, die sie haben muss. Das Jahr, das wir momentan erleben ist das beste, dass wir klimatechnisch noch haben werden, selbst wenn wir sofort umsteigen. Wir sind schon bei 1,2 Grad Erhöhung und sehen welche Katastrophen das auslöst. Wir müssen ganz klar zur Einsicht kommen, dass wir gemeinsam mit großer Anstrengung die Klimakrise bekämpfen müssen. Ich glaube, dass es auch weiterhin den Druck von der Straße braucht und Fridays for Future noch nicht fertig ist und auch Scientists for Future weiterhin ihren Beitrag leisten müssen.


Welchen Studiengang würden Sie wählen, wenn sie an der HNEE studieren könnten?

Das ist eine schwierige Frage, es gibt viele spannende Studiengänge. Was meine persönlichen Interessen betrifft, passt Global Change Management für mich am besten. Ich denke man studiert eigentlich nicht, um einen bestimmten Weg einzuschlagen, sondern sich möglichst viele Türen offen zu halten. Dazu muss ich sagen, dass ich mich schon als Abiturient nicht entscheiden konnte, ich war einfach total breit interessiert.


Noch ein paar Fragen, damit wir sie persönlich ein bisschen besser kennenlernen:

Was haben Sie als Kind am liebsten gespielt?

Draußen und Sport war wichtig. Möglichst weit weg von den Eltern, wo niemand kontrolliert was man tut, wie hoch der Baum ist, auf den man klettert, oder was passieren könnte.

Was war ihr Traumberuf als Kind?

Ich kann mich nicht erinnern und ich wusste ganz lange nicht was ich machen will.

Was machen Sie gerne in ihrer Freizeit?

Im Garten und beim Kochen kann ich am besten entspannen. Als Student hatte ich auch immer einen gemeinsamen Schrebergarten und im besten Fall finde ich hier in Eberswalde wieder einen Garten, aus dem sich meine Familie komplett ernähren kann.


Was wünschen Sie sich von Ihren neuen Kolleg*innen und von den Studierenden?

Weiter so viel Engagement und tolle Ideen, wie ich sie bisher erlebt habe. Und die Offenheit auch mal Neues außerhalb der Komfortzone auszuprobieren. Aber da bin ich sehr optimistisch, weil ich erlebt habe, dass es hier diese Offenheit gibt. Wenn wir das beibehalten, dann können wir, glaube ich, große Schritte machen.


Herzlichen Dank für das Gespräch!

Die Ackerdemiker.innen wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Amtszeit.

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