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Zurück in die Zukunft – die Zukunftswoche in Eberswalde

Vom 13. bis 19. September 2021 fand in Eberswalde die Zukunftswoche statt, die von der Stadt Eberswalde, den Kreiswerken Barnim, der HNEE sowie dem Landkreis Barnim veranstaltet wurde. Ziel war es, einzelne Veranstaltungsformate, wie z.B. die Nachhaltigkeitstage der HNEE, den Familientag erneuerbare Energien der Kreiswerke Barnim oder klimaaktivistische Veranstaltungen von Fridays for Future zu bündeln. So sollte eine Perspektive für eine nachhaltige Zukunft der Region gezeichnet werden.

Wir von ackerdemiker.in waren bei fünf von rund 40 Veranstaltungen dabei und berichten euch, was wir dort gehört, gelernt und erlebt haben.

Banner der Zukunftswoche am Rathaus Eberswalde, Foto Credits: Sarah Volk


Nachhaltige Buchenwaldbewirtschaftung

Am 14. September trug Dr. Martin Flade, Leiter der Verwaltung des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin den Zuhörer*innen im Rahmen einer Online-Veranstaltung die Ergebnisse zweier langjähriger Forschungsvorhaben zu nachhaltiger Buchenwaldbewirtschaftung vor. Dabei wurde zunächst ein Einblick in die selten gewordenen Tieflandbuchenwälder des UNESCO-Biosphärenreservats gegeben, die innerhalb der Untersuchungen als Referenzflächen dienten. Flade veranschaulichte seinen Zuhörer*innen, wie wertvoll eine mosaikartige Zusammensetzung verschiedener Baumaltersklassen, sowie das Vorhandensein verschiedener Mikrohabitate ist. Problematisch sei jedoch, dass aktuell in der Forstwirtschaft das Stammholz zu früh entnommen werde, als dass sich solche Strukturen und Habitate bilden könnten. Um also ökologisch stabilere, aber dennoch nutzbare Wälder zu bewirtschaften, könnten kleinere Waldareale bis zur Zerfallsphase stehen bleiben und so Lebensraum für eine Vielzahl von Arten bieten. Diese unberührten Teilareale würden so wie eine Art „Backup“ funktionieren, aus denen heraus sich Vögel und Insekten immer wieder aufs Neue in die übrigen Waldareale verbreiten könnten, so Flade. Die praktische Umsetzung dieser Erkenntnisse wurde dabei von einem besonderen Instrument begleitet, das auch der HNEE zur Verfügung steht: dem Marteloskop. Mit Hilfe dieses Simulators lässt sich der Entwicklungszustand von Waldflächen virtuell veranschaulichen, planen und gestalten und so die Forstwirtschaft hin zu einer integrativen Waldbewirtschaftung verändern. Die gewonnenen Erkenntnisse des vom Bundesamt für Naturschutz finanziell unterstützen Forschungsteams können im Praxishandbuch „Naturschutzziele und Bewirtschaftungs-empfehlungen für reife Buchenwälder Nordostdeutschlands“ nachgelesen werden.


Radtour ins Schutzgebiet

Die vom Alnus e.V. organisierte Radtour „Moore und Wiesen in Eberswalde" fand ebenfalls am 14. September statt und führte in den geschützten Landschaftsbestandteil Moore-Pumpe. Dort besichtigten wir eine Feuchtwiese nahe des Kleingartenvereins Justsche Grube.

In Mitteleuropa zählen Feuchtwiesen zu den artenreichsten Biotopen und beheimaten z.B. Orchideen und viele Arten von Tagfaltern. Sie sind außerdem Heimat für Binsen, Seggen, Gräser und anderer oft seltener und geschützter krautiger Pflanzen. Ältere Anwohner*innen erzählten, dass sie früher auf der Wiese ganze Sträuße an Orchideen gesammelt haben.

Um die spezifische Biodiversität von Feuchtwiesen zu erhalten, müssen sie bewirtschaftet werden, da sie sonst von Hochstauden, Gebüschen und Bäumen bewachsen werden. Die betrachtete Wiese würde sich ohne Bewirtschaftung in einen Erlenbruchwald entwickeln. Zum Erhalt muss sie also regelmäßig gemäht und das Mahdgut von der Fläche entfernt werden. Nur so können auch die seltenen und konkurrenzschwachen Arten wie Orchideen überleben.

Bei der Pflege von Feuchtwiesen stellt sich häufig die Frage: Wohin mit dem gemähten Material? Mit dem Bau einer neuen Biogasanlage, in der auch Schnittgut verwertet werden darf, steigt die Hoffnung, das Mahdgut der Wiese in Zukunft dort zu verwenden.

Daraufhin ging es weiter auf einen Trockenrasen, wo uns die typische und an die besonderen Bedingungen angepasste Vegetation nähergebracht wurde. In der ehemaligen Kiesgrube, einem sehr trockenen, sandigen und nährstoffarmen Standort, befinden sich ebenfalls zahlreiche besonders geschützte Pflanzenarten. Durch die Nutzung als Motocross-Strecke wurde das Gebiet offengehalten. Da die meisten Teilnehmenden dieses Gebiet noch nicht kannten, machten wir einen kurzen Abstecher, um einen Blick auf den See zu werfen, der durch die Arbeit eines Bibers aufgestaut wurde.

Zum Abschluss der Tour ging es noch praktisch zur Sache. In der Kiesgrube durften die Teilnehmenden der Veranstaltung hochgewachsene Kiefern und andere Bäume fällen und zur Seite räumen, damit die Fläche offen bleibt und die typischen Arten erhalten bleiben. So ging es mit (Motor-) Sägen ans Werk.

Teilnehmende der Alnus Radtour fällen Bäume in der Kiesgrube, Foto Credits: Julian Jaschke


1. Eberswalder Science Slam

Am 16. September veranstaltete die Stadt Eberswalde den 1. Eberswalder Science Slam. Verena Specht von der Berliner Energieagentur GmbH, die den Slam organisierte, moderierte durch das Abendprogramm. Sechs Wissenschaftler*innen stellten in jeweils zehnminütigen Vorträgen die Ergebnisse ihrer aktuellen Forschungsprojekte vor. Der Gewinner des Abends war Daniel Meza Arredondo. Der studierte Physiker aus Mexiko promoviert aktuell an der TU Berlin im Bereich Solarenergie. In seinem Vortrag präsentierte er auf lustige und anschauliche Weise den aktuellen Stand seiner Forschung. Er will einen Weg finden, um Solarzellen mit umweltfreundlichen und kostengünstigen Materialien herzustellen. Seine Theorie ist, dass sich von der Sonne emittierte und in den Solarzellen absorbierte Photonen vollständig in Elektronen umwandeln lassen. Diese zusätzlich gewonnenen Photonen tragen so dazu bei, dass Solarenergie effektiver nutzbar gemacht werden kann. Er durfte 200 Euro sowie eine Trophäe als Gewinner des 1. Eberswalder Science Slams mit nach Hause nehmen.

Weitere Teilnehmer*innen waren z.B. die derzeitige HNEE-Studentin Silke Oppermann, die im Rahmen ihrer Masterarbeit Klimaneutralitätslabels von Firmen und Konzernen kritisch unter die Lupe nimmt und Matthias Holzgreve, der an unserem Fachbereich Naturschutz mit dem Spezialgebiet Umweltbildung und Natur der Zukunft lehrt. Er führte die Zuschauer*innen durch ein zehnminütiges Gedankenspiel über die Vor- und Nachteile von Dystopien und Utopien und hielt ganz nebenbei ein Plädoyer dafür, wieder mehr zu träumen. Hier können die spannenden Beiträge nachträglich angesehen werden.


Fridays for Future-Klimacamp

Die ganze Zukunftswoche über veranstalteten die Fridays for Future-Ortsgruppen aus Eberswalde und Bernau ein Klimacamp auf der Wiese bei der Kirchstraße und Goethestraße in der Eberswalder Innenstadt, das von Schüler*innen und Studierenden organisiert wurde. Mithilfe dieses Camps sollte vor der Bundestagswahl auf das Thema Klimagerechtigkeit aufmerksam gemacht und darüber informiert werden.

Im Verlauf der Woche wurden viele Workshops und Planspiele veranstaltet, z.B. zu gewaltfreier Kommunikation, Nachhaltigkeit und Antirassismus sowie ein Zirkeltraining der Zukunft der Barnimer Transition-Initiative wandelBar und ein World Climate Planspiel mit Prof. Dr. Uta Steinhardt. Die Teilnehmenden schlüpften dabei in die Rolle der Staaten der internationalen Gemeinschaft, die versuchten nationale Interessen zu vertreten und gleichzeitig CO2-Emissionen zu reduzieren. Zudem wurde das Klimakonzept der Stadt Eberswalde vorgestellt und am Sonntag fand eine Kleidertauschparty zusammen mit Greenpeace Eberswalde statt.

Fridays for Future Klimacamp, Foto Credits: Sarah Volk


Nachhaltig speisen

Eine weitere Veranstaltung war ein Besuch in der Nachhaltigkeitsmensa der HNEE. Innerhalb der AG Nachhaltigkeitsmensa wurde mit Studierenden, Mitarbeitenden und Verantwortlichen für Verpflegung des Studentenwerks Frankfurt (Oder) gemeinsam an der Umsetzung einer umwelt-bewussteren und nachhaltigeren Mensa gearbeitet. Kaffee, Kartoffeln, Reis und Rindfleisch werden bereits zu 100% in Bioqualität verwendet, dazu stammen der Kaffee sowie Kakao und Bananen aus fairem Handel. Das Ziel ist es, den Speiseplan der Mensen am Stadt- und Waldcampus künftig komplett auf regionale, saisonale und ökologische Zutaten und Produkte auszurichten.


Die Zukunftswoche ist ein spannendes, informatives und interaktives Angebot, das eigentlich viel mehr Raum bräuchte, damit noch mehr Menschen angesprochen werden können.

Wir warten schon gespannt auf die nächste Zukunftswoche!

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