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12 Betriebe in 5 Tagen – Eine Exkursion nach Hessen

Nachdem wir uns im Modul „Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle in der Land- und Lebensmittelwirtschaft“ mit den theoretischen Grundlagen verschiedener betrieblicher Strukturen beschäftigt hatten, durften wir elf hessische Betriebe besuchen und wurden dort herzlich empfangen.

(Foto: Julia Müller)


Wir besuchten zum Beispiel einen kleinen Ziegenmilchbetrieb mit Direktvermarktung und einen beeindruckenden Milchviehbetrieb mit Ammenhaltung. Außerdem erkundeten wir eine Kommune, die einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, eine genossenschaftliche Bauernmolkerei und eine große soziale Landwirtschaft. Bei jedem Besuch erhielten wir wertvolle Einblicke in die Betriebsabläufe und hörten die persönlichen Geschichten der stolzen Gründer*innen.


Eine Woche lang reisten wir Studierende der Studiengänge ÖLV und OLE, begleitet von Prof. Dr. Anna Maria Häring und Dr. Marianne Nobelmann, durch Hessen. Die Gründer*innen teilten offen und bereitwillig ihre Erfahrungen und Geschichten über die Gründung und Entwicklung ihrer Höfe mit uns.


Ein Exkursionsbericht von Yanick Sy, Johanna Nachtigall und Anna Günther.


Vom kleinen Sparschwein bis zum goldenen Hof-Löffel 

Die Gründungsgeschichten der landwirtschaftlichen Betriebe waren geprägt von großer Vielfalt. Die Gebäude reichten von urigen, jahrhundertealten Fachwerkgehöften bis hin zu hochmodernen Stallgebäuden. Das verdeutlichte nicht nur den historischen Wandel in der Landwirtschaft, sondern auch die unterschiedlichen Startvoraussetzungen der Landwirt*innen. Einige waren in der Landwirtschaft aufgewachsen und führten Familienbetriebe in der 14. Generation weiter. Diese Landwirte gründeten also auf einer stabilen Basis – sprichwörtlich mit dem goldenen Hof-Löffel im Mund. Andere hatten lediglich ein kleines Sparschwein im Stall und/oder wagten den Quereinstieg. Die Betriebsstrukturen variierten von kleinen Familienbetrieben bis hin zu großen Arbeits- und Lebensgemeinschaften. Besonders beeindruckte uns eine Einrichtung im Bereich der sozialen Landwirtschaft, die mit Menschen mit Suchterfahrungen arbeitet. 

  

Idealismus vs. Realität: Zwischen Vision und Wirklichkeit 

Eine Idealistin setzt sich auf ihrem Hof für nachhaltige Landwirtschaft ein, indem sie mit ihrer kleinen Ziegenherde die Flächen extensiv beweidet und hochwertige Ziegenmilchprodukte herstellt. Trotz finanzieller Engpässe und struktureller Herausforderungen verfolgt sie unermüdlich ihre Vision einer kleinteiligen Landwirtschaft. 

Die Betriebsleiterin der Bauernmolkerei verhandelt regelmäßig mit Vertreter*innen großen Lebensmittelketten, um die Weidemilchprodukte der regionalen Erzeuger*innen genossenschaftlich zu vermarkten. Sie hat den Wandel der Branche miterlebt und erkennt die Zwänge im Lebensmitteleinzelhandel: „Machen wir es nicht, macht es ein anderer!“ Trotz dessen zeigt sie wahren Kampfgeist: „Ich schaue, ob es sich lohnt, für etwas zu kämpfen, und wenn ja, dann tue ich es.“ 

  

Bürokratie und Subventionen: Fluch und Segen zugleich 

Ein häufig angesprochenes Thema bei unseren Besuchen war die Bürokratie. Viele Landwirt*innen beklagten die umfangreichen Hürden, die sie tagtäglich überwinden müssen, zum Beispiel die aufwendige Dokumentation und die komplexen Antragsverfahren. Gleichzeitig wurde uns die große Abhängigkeit von staatlichen Subventionen der Betrieb vor Augen geführt. 


Ein Kapitän auf gefährlicher Fahrt 

An einem der Abende saßen wir mit einem Landwirt am knisternden Lagerfeuer. Er beschrieb seine Rolle treffend: „Ich fühle mich wie ein Steuermann, der einen großen Tanker sicher durch gefährliche Gewässer steuern soll, ohne auf eine Sandbank aufzulaufen. Die Verantwortung, der Druck und das finanzielle Risiko sind groß.“ Seine Aussage verdeutlicht die Herausforderungen und die enorme Verantwortung, die Landwirt*innen tragen müssen, um ihren Betrieb erfolgreich zu führen.  


Abhängigkeit vom politischen und gesellschaftlichen Umfeld 

Ereignisse wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die daraus resultierende Inflation haben direkte Auswirkungen auf die Landwirtschaft und damit auch auf die Betriebe, welche wir besucht haben. Gesetzliche Auflagen, Reformen und Veränderungen in der Nachfrage veranlassen die Landwirt*innen, sich ständig anzupassen und neue Strategien zu entwickeln. Sie müssen flexibel reagieren und gleichzeitig langfristige Tendenzen wie den Klimawandel einkalkulieren. Ein Betrieb stellt sich besonders aktiv den Herausforderungen des Klimawandels und hat hierzu ein Konzept entwickelt, das auch für andere Betriebe übertragbar ist.

  

Leidenschaft und Freude an der Arbeit 

Die Landwirt*innen, die wir besuchten, teilten eine bemerkenswerte Leidenschaft und Freude für ihre Arbeit. Diese tiefe Begeisterung ist ihr Antrieb. Ihre Liebe zum Beruf war in jedem Gespräch deutlich zu spüren. Dabei wurde klar, dass ihre Arbeit weit über den eigenen Betrieb hinausreicht. Sie sehen sich als Teil einer größeren Gemeinschaft, in der sie durch nachhaltige Praktiken und den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen einen positiven Einfluss ausüben möchten. Dieser gemeinsame Wunsch, etwas Gutes zu tun, einigt die Landwirt*innen. Es geht ihnen nicht nur darum, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sondern auch darum, einen Beitrag zum Wohl ihres Umfelds und der Gesellschaft insgesamt zu leisten 


(Foto: Julia Müller)


Die Exkursionswoche hat und gezeigt, worauf es ankommt, auch wenn ich nicht direkt in die „klassische“ landwirtschaftliche Berufspraxis einsteigen möchten. Erstens können unterschiedliche Geschäftsmodelle Erfolgsmodelle sein, zweitens spielt die persönliche Einstellung für den Erfolg eine wichtige Rolle und drittens ist es entscheidend, mit großer Geduld am Ball zu bleiben. 

  

Das Fazit unserer Reise lieferte der Geschäftsführer des letzten Betriebs, den wir besuchten. Seine Worte fassen die Einstellung vieler Landwirte für uns treffend zusammen: „Wir sehen die Sache optimistisch, schon von Berufs wegen her halt auch.“ 

(Foto: Julia Müller)

Wir bedanken uns auch nochmal herzlich für die Vorbereitung und Organisation dieser tollen Woche bei Dr. Marianne Nobelmann und Prof. Dr. Anna Maria Häring! Wer noch mehr zu den Betrieben und Unternehmen wissen möchte, klickt sich durch die Webseiten.

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