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And the Sparkassenpreis goes to Leonie Steinherr


Neues aus unserer Kategorie #ausgezeichnete Abschlussarbeiten. Im Rahmen der Immatrikulationsfeier am 27.09.2018 wurden die diesjährigen Preisträger*innen des Sparkassenpreises ausgezeichnet. Leonie Steinherr, ehemalige ÖAMerin, erhielt den Preis für ihre Masterarbeit „Streuobstbestände erhalten durch gemeinschaftliche Nutzungskonzepte – Analyse von Fallbeispielen aus dem Land Brandenburg“. Zwischen Freibier, Spritzkuchen und jeder Menge frischer Ersties haben wir uns auf dem Marktplatz getroffen und über ihre Abschlussarbeit geplaudert.


Leonies Eltern haben zu Hause eine Streuobstwiese, sie ist ausgebildete Streuobstbaumwartin und weil „Bäume schöner als Gemüse“ sind, war die grobe Richtung, in die ihre Masterarbeit gehen sollte, eigentlich schon lange klar. Erstbetreuer Prof. Dr. Jens Pape hatte im Frühjahr 2017 eine Ausschreibung zum Thema „Wirtschaftliche Nutzung von Streuobstwiesen“ im Themenangebot für Abschlussarbeiten hinterlegt – dazu gab es aber schon einige Untersuchungen und Leonie interessierte sich für einen anderen Ansatz: Wie steht es um gemeinschaftliche Nutzungsprojekte von Streuobstwiesen im Bereich Commons? Und wie viele Projekte gibt es überhaupt, die es nicht mit dem gewerblichen Ansatz versuchen? Zusammen mit der Zweitbetreuerin Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer entwickelten sie daraus das Forschungsthema für die Masterarbeit.



Streuobstwiesen sind einer der artenreichsten Lebensräume Europas – und gleichzeitig stark gefährdet. Seit 1950 wurde ein massiver Rückgang der Flächen um 75% registriert. Der gewerbliche Anbau ist zunehmend unwirtschaftlicher geworden und staatliche Förderprogramme sind immer weiter reduziert worden. Die Obstbäume bedürfen regemäßiger Pflege und somit besteht ein hoher Bedarf an geeigneten Nutzungskonzepten, die entweder eine wirtschaftliche Rentabilität der Nutzung gewährleisten oder Erhaltungskonzepte, die ökologische und sozio-ökonomische Ansätze verbinden.


Vier Projekte hat Leonie in Brandenburg genauer unter die Lupe genommen: Zwei Dorfgemeinschaftsvereine, einen Landschaftspflegeverein und einen Naturschutzverein. Die Vereine wiesen unterschiedliche Strukturen auf – einige pflegen ganz junge Bestände andere eine 100 Jahre alte Streuobstwiese. Anhand der hier gesammelten Informationen hat Leonie auf der einen Seite untersucht, ob die Vereine es schaffen, die Bedingungen für den dauerhaften Erhalt von Streuobstwiesen (Pflege, Schnitt, Neuplanzungen) zu gewährleisten und zum anderen geschaut, ob das soziale Konstrukt geeignet ist, gemeinsame Ressourcen zu nutzen. Dabei hat Leonie die acht Kriterien von Elinor Ostrom zur Organisation von Commons herangezogen. Darüber hinaus wollte sie wissen, wo Herausforderungen, Grenzen und Potentiale der gemeinschaftlichen Nutzung von Streuobstwiesen liegen. Um diese doch sehr unterschiedlichen Fragen beantworten zu können, hat sie die Streuobstwiesen-Bestände optisch erfasst und mit Hilfe eines Erhebungsbogens bewertet. Die Strukturierung der Vereine lässt sich natürlich nicht so einfach mit einem Blick von außen auf’s Geschehen erfassen und so führte Leonie leitfadengestützte Experteninterviews mit einer qualitativen Inhaltsanalyse durch.


Die gemeinschaftliche Nutzungskonzepte, so ergaben Leonies Erhebungen, haben ihre Streuobstwiesen im Vergleich zu gewerblichen besser gepflegt, häufiger geschnitten und öfter gemäht. Außerdem wurden in drei von vier Fallbeispielen junge Bäume nachgepflanzt. Die Initiativen schafften es dabei, stabile Finanzierungen aufzubauen, Informations- und Bildungsangebote zu gestalten und sich mit anderen Projekten in der Region zu vernetzen. Schnittkurse, Bau von Insektenhotels, Saft pressen, Erntefeste, Sortenbestimmung – das Angebot an Umweltbildungsmaßnahmen für Kinder und Erwachsene ist vielfältig und die Kapazitäten zum Teil größer als auf einem landwirtschaftlichen Betrieb.


Als Bremsen der Entwicklung arbeitete Leonie mangelnde Finanzierung und Förderungen heraus und den Zugang zu Flächen für die Streuobstwiesen. Zu den institutionellen Hindernissen kommen die Begrenztheit ehrenamtlicher Kapazitäten und das Desinteresse an Umweltthemen der Bevölkerung. Wie also gegensteuern?


Mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit und der Selbstorganisation von innovativen Finanzierungskonzepten wie zum Beispiel Baumpatenschaften oder Crowdfunding-Kampagnen! Die Analyse der Commons-Strukturen ergab zudem, dass eine klare Trennung von legitimen Nutzer*innen und Nicht-Berechtigten förderlich ist und fest verankerte Konfliktlösungsmechanismen die gemeinsame Arbeit erleichtern. Allgemein unterstützt ein vielfältiges Gesamtangebot aus Aktivitäten, Teilhabe, gemeinsamen Lernen und Freizeitgestaltung die positive Entwicklung von Commons. So kann eine Bewusstseinsänderung durch Verantwortungsübernahme und ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen nicht nur bei den Mitgliedern herbeigeführt werden, sondern auch Vorbildprojekte für den ländlichen Raum geschaffen werden.


Wenn Leonie dem Land Brandenburg etwas mit auf den Weg geben würde, dann einen Ausbau der Förderungen und die Vereinfachung von Förderbedingungen und –zugang, die Bereitstellung von Flächen und ein Transferangebot für die gemachten Erfahrungen mit Vernetzungsangeboten und Koordinationsstellen.


Der verdiente Urlaub nach der Masterarbeit wurde für Leonie erst mal nach hinten verschoben: Bis Dezember arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule im Bereich Humusaufbau und Diversität. Danach gibt’s dann aber erst mal ’ne Auszeit!


Wer sich die untersuchten Vereine noch einmal im Detail angucken mag, der schaue bitte hier:

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