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Biodiversitätsförderung in Eberswalde – Planspiel mal anders

ein Beitrag von Christina Mayr und Tanja Rakocevic

Im Zuge des Seminars „Akteursgruppen und Prozessgestaltung in der ländlichen Entwicklung“ im Masterstudiengang „Regionalentwicklung und Naturschutz“ haben wir mit Herrn Prof. Dr. Nölting ein Planspiel durchgeführt. Nun ging das Corona-bedingt natürlich nicht persönlich, sondern es fand online statt. Einige von uns waren zunächst etwas skeptisch, jedoch machte die aufkommende Dynamik und die Abwechslung zu anderen, eher trockenen Online-Veranstaltungen, die Skepsis schnell wett, denn das Planspiel lief sehr gut.

Findungsphase und Gruppenarbeit

Insgesamt waren wir 23 Teilnehmer*innen. Das Planspiel wurde über BigBlueButton durchgeführt. Das Schöne an dieser Plattform ist, dass man sogenannte Breakout-Räume erstellen kann, in denen in Kleingruppen gearbeitet werden kann. Dies ist für ein Planspiel natürlich essenziell.

In einem ersten Schritt erklärte Prof. Dr. Nölting den Ablauf des Planspiels und die Rollen, die wir nun verteilen sollten. Da wir das Skript zum Planspiel bereits vor der Veranstaltung erhalten hatten, wussten wir schon, worum es geht, nämlich um die Biodiversitätsförderung in Eberswalde und den Beitritt zum Bündnis ‚Kommunen für biologische Vielfalt‘. Dies passte sehr gut zum aktuellen Thema Regional Governance. In einer ersten Runde vertieften sich die Kleingruppen in ihre Rollen und bereiteten Argumente vor. Ob die jeweiligen Rollen nun für oder gegen eine Diversitätsförderung waren, blieb uns überlassen. Es gab unter anderem den Moderator (die Rolle wurde von Prof. Dr. Nölting übernommen), Vertreter*innen der Stadt Eberswalde, Vorstandsmitglieder des ALNUS e.V., lokale Unternehmer*innen, Bürger*innen, sowie Expert*innen für Tierökologie und Vegetationskunde. Außerdem gab es zwei Journalist*innen.

Nachdem sich alle Akteur*innen in ihre Rollen ein- und die ersten Argumente ausgearbeitet hatten, ging schon das Hearing los, das vom Moderator eingeleitet wurde. Die Akteur*innen wurden begrüßt und durften jeweils ihre ersten Argumente vorstellen.

Viel Für, wenig Wider

Schnell wurde klar, dass die meisten Akteur*innen für eine Förderung der Biodiversität in Eberswalde und den Beitritt in das Bündnis ‚Kommunen für biologische Vielfalt‘ waren. So wurde zum Beispiel angebracht, dass die Artenvielfalt durch das Bündnis gesteigert werden und sich die Stadt dadurch profilieren könne. Außerdem wurde argumentiert, dass in Ostdeutschland insgesamt noch Kommunen fehlen, die sich für Biodiversität einsetzen. In Brandenburg sind erst vier Kommunen aktiv, obwohl Brandenburg besonders vom Klimawandel betroffen ist und innovative Ansätze braucht. Eberswalde könnte hier eine Vorbildfunktion für andere Städte übernehmen. Zudem würde laut Stadtverordneten die Teilnahme am Bündnis Lebensqualität, Klimawandel-Resilienz und Attraktivität der Stadt Eberswalde steigern. Letztere könnte auch Studieninteressierte positiv beeinflussen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass innerstädtische Flächen auch weiterhin für Neubauten, besonders zur Verbesserung der Situation auf dem Wohnungsmarkt sowie für die Grundsicherung wirtschaftlichen Wachstums vorzuhalten sind. Dabei ist das Einhalten von Auflagen, die die biologische Vielfalt erhalten, bzw. fördern (z.B. Gründächer), zu berücksichtigen.

Die einzige gespaltene Gruppe waren die Bürger*innen, bei denen es eine klare Pro- und eine klare Contra-Seite gab. So wollten die Pro-Bürger*innen dem Bündnis beitreten, da sie es als Chance sehen, dem fortschreitenden Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken und näher mit der schönen Natur in der Stadt in Kontakt zu kommen sowie ihre Wertschätzung zu erhöhen. Die Contra-Bürger*innen argumentierten, nicht in das Bündnis eintreten zu wollen, da sich die Kommune die dadurch entstehenden Kosten nicht leisten könne und außerdem „haben wir genug Parks und Grünflächen - Eberswalde soll so bleiben, wie es ist!“

Interaktionsphase

Nach dem Hearing, ersten Diskussionen im Plenum und der Mittagspause, begann die Interaktionsphase. Dabei bekamen die verschiedenen Akteur*innen die Möglichkeit, sich nochmals über das zuvor Besprochene auszutauschen und aufgekommene und noch offene Fragen zu klären. Um individuell miteinander ins Gespräch zu kommen, fand dies allerdings nicht in der großen Runde statt. Dank unserer Kompetenzen in Bezug auf digitale Lehre, die viele von uns auf Grund der letzten Wochen und Monaten stark erweitern konnten, wurden spontan auf Jitsi, Zoom und Co durch die Studierenden Diskussionsräume erstellt, in die man sich bei Interesse zuschalten konnte.

Anschließend folgte die Abschlussrunde im Plenum, eine kurze Diskussionsrunde, in der einstimmig anklang, dass es vor Unterzeichnung der Deklaration wichtig wäre, alle Stimmen zu hören, sowohl negative als auch positive. Außerdem sollten alle Belange der Bürger*innen der Stadt Eberswalde berücksichtigt werden. Zu diesen zählten Fragen wie: ´Wer übernimmt die Kosten der zukünftigen Biodiversitätsmaßnahmen?´ und ´Wie sieht es mit den Ängsten um Arbeitsplatz- und Wohnraumverlust aus?´. Unsere Planspiel-Bürgermeisterin ließ schlussendlich verlauten, dass vor Unterzeichnung der Deklaration, eine Diskussion und eine Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung nötig sei und es so oder so unser gemeinsames Ziel sei, dass Eberswalde weiterhin für alle lebenswert bliebe.

Feedback

Nach unserem sehr interessanten und kurzweiligen Planspiel folgte die Auswertung der gemeinsamen Arbeit auf der Meta-Ebene. Als Einstieg sollten wir uns überlegen, wie wir uns in unserer jeweiligen Rolle gefühlt haben und was wir während des Spiels lernen konnten. Auch über das Thema Regional Governance, welches wir in einer vorherigen Vorlesung schon einmal mit Prof. Dr. Nölting bearbeitet hatten, wurde gesprochen. Für uns Studierende war es zu Beginn etwas schwierig, in die jeweiligen Rollen einzusteigen, da wir keinen individuellen Input bekommen hatten. Allerdings konnten wir uns durch die gemeinsame Arbeit in den Gruppen doch sehr gut in unsere Rollen hineinversetzen und diese dadurch sehr authentisch mit viel Wissen und regionalem Bezug darstellen. Außerdem hat es viel Spaß gemacht, sehr vielschichte Diskussionen zu führen, bei denen, trotz digitalem Beisammensein, jede*r zu Wort kam.

Auch inhaltlich konnten wir viel aus unserem gemeinsamen Planspiel mitnehmen. Zum Beispiel, dass es über alle Ebenen hinweg viel Engagement braucht, um ein komplexes Thema wie Biodiversität in einer Stadt auf den Weg zu bringen. Aber auch, wie Vereine und Bürger*innen mit der Politik gemeinsam etwas initiieren und wie unterschiedliche Akteur*innen beteiligt werden können. Durch die bildhafte Darstellung im Planspiel wurde auch deutlich, welche es für Schwierigkeiten in solch einem Prozess auftauchen und wie mit Widerstand umgegangen werden kann.

Alles in allem haben wir gemeinsam ein sehr spaßiges und kurzweiliges Planspiel verbracht und das Feedback am Ende war rundum positiv.

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