top of page

Algenschokolade, Konvis in der Biobranche und ein Pappmaché Schwein - das war die Biofach 2019

Ein Gastbeitrag von Valentin Kunze

Das Surren der Neonröhren und das Rauschen der Klimaanlage, welche die gewaltige Messehalle 9 temperiert, sind längst vollständig in den sich angeregt unterhaltenden Stimmen untergegangen. HNEE Alumni, Dozent*innen, Professor*innen, Student*innen, Praxispartner*innen und vermutlich auch einige hungrige Messebesucher*innen, die sich hier verlaufen haben, drängen sich in den begrenzten Raum des Gemeinschaftsstands Berlin-Brandenburg. Offensichtlich findet hier ein gern und gut besuchtes Event statt – kein Wunder bei den leckeren Antipasti, Salaten und anderen Köstlichkeiten die angeboten werden.


Es ist Donnerstag der 14. Februar 2019 und die HNEE lädt zum Eberswalder Lunch, welcher traditionell jedes Jahr auf der BioFach stattfindet. Auch ich bin dieses Jahr wieder auf der BioFach, der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel in Nürnberg, welche übrigens in diesem Jahr ihr 30. Jubiläum feierte. Wie bereits im letzten Jahr bin ich, um unsere Hochschule zu vertreten, in Gesellschaft meines ÖAM Kommilitonen Lukas und der ÖLVin Carola, die auch schon letztes Jahr dabei waren, angereist. Neu im HNEE Biofach Team ist Carolas ÖLV Kommilitonin Annika. Außerdem mit dabei sind natürlich auch wieder unser überdimensioniertes Pappmaché Huhn, die zusammensteck-Ökobäuerin und kistenweise Flyer und Prospekte. Neu im Stall des HNEE Promo-Teams ist ein, im Vergleich zum Huhn, eher unterdimensioniertes Pappmaché Schwein, welches im Zweifelsfall zweifelsohne vom Huhn gefrühstückt werden könnte. Soweit kam es natürlich nicht - alles blieb friedlich im Team und am Stand.


Auch wie letztes Jahr ist unser HNEE Stand wieder Teil der von Kugler & Rosenberger organisierten Generation Zukunft Insel, an der unter anderem auch wieder die Universität Kassel, die Universität Hohenheim sowie der Verbund der freien Waldorfschulen vertreten sind. Neu sind allerdings unsere Standnachbarn auf der anderen Seite des Ganges: Dort präsentiert sich dieses Jahr eine Firma namens Algenheld als Teil des Niedersachsen Konsortiums, welche mithilfe eines Algen-Superheld Kostüms eine Algenschokolade anpreisen. Die Algenschokolade harmoniert nicht so wirklich mit meinem Geschmacksempfinden, aber das ist ja bekanntermaßen subjektiv. Was Schokolage angeht bin ich ganz konservativ und bevorzuge weiterhin die gute LoveChock nebenan in Halle 8, die auch dieses Jahr wieder neue Geschmacksrichtungen im Petto hat oder die gute alte Vivani, die es ja auch in unzähligen Ausführungen gibt.


Aber nochmal zurück in unsere Halle 9. Nicht weit von unserem Stand ist auch wieder der von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin Brandenburg (FÖL) organisierte Bereich in dem sich die uns wohl bekannten Betriebe aus der Gegend Berlin-Brandenburg präsentieren. Wieder mit dabei sind Ostmost (deren Apfel-Minze Schorle einer meiner Getränke favourites ist), ManuTeeFaktur (die ungeschlagen den besten Kombucha überhaupt brauen), Ökotopia (mit leckeren Tees und Kaffees), Philosoffee (Coldbrew Kaffee aus der Flasche) und noch einige mehr. Neu dabei ist die frisch gegründete Brandenburger Bio-Molkerei Luisenhof – sehr schön zu sehen, dass es sich nach jahrzehntelangem Molkereien-Sterben anscheinend doch wieder lohnt kleine Molkereien zu gründen und betreiben. Neben den wirklich interessanten und leckeren Produkten die die Berlin-Brandenburg Ecke zu bieten hat ist vor allem die gute Stimmung auffällig, die in dieser Ecke der Messe eigentlich durchgehend herrscht – offensichtlich kennt man sich hier und genießt die gemeinsame Zeit auf der Messe.


Auf meinen Streifzügen durch die Messehallen habe ich den Eindruck dass der Branche etwas die Ideen auszugehen scheinen. Generell ist vor allem eine Steigerung der Trends des letzten Jahres zu beobachten: viel Kokos, viel Protein (in allen Formen, auch vermehrt in Pulverform) und noch mehr Energy-Riegel. Außerdem auffällig ist der Zuwachs an Ständen konventioneller Hersteller die sich mit neuen Bio Produktlinien auch eine möglichst dicke Scheibe vom Bioboom abschneiden wollen. Da gibt es dieses Jahr zum Beispiel Stände von einschlägig bekannten „Öko-Unternehmen“ wie Coca-Cola, Red Bull oder der Backfirma RUF. Ein dagegen durchaus positiver Trend ist ein wachsender Fokus auf Verpackungsreduktion: es gibt viele biologisch abbaubare Verpackungen, mehrere Anbieter von unverpackt-Ladensystemen und auch das Lasern von Obst und Gemüse für den Einzelhandel wird angepriesen. Was mir außerdem noch auffällt ist, dass es anscheinend mehr junge Messebesucher*innen gibt als im Vorjahr, allerdings bin ich dafür deutlich weniger Landwirt*innen über den Weg gelaufen.


Mein ungeschlagenes Lieblingsprojekt seit letztem Jahr bleibt Teikei Coffee – die Nonprofit Organisation die den SoLaWi Gedanken global denkt und Kaffeproduzent*innen direkt mit Abnehmer*innen verbindet. Wobei das coolste daran natürlich auch weiterhin das Segelschiff ist, mit welchem der gesamte Kaffee einmal im Jahr CO2-neutral über den Atlantik von Südamerika nach Europa geschifft wird. Unbedingt auschecken und unterstützen! Ein weiteres aufmerksamkeitswürdiges Projekt über welches ich auf der BioFach stolperte ist SEKEM.


Zugegebenermaßen wurde ich vor allem darauf aufmerksam weil es am SEKEM Stand das ganz objektiv unübertroffen beste Geschmackserlebnis auf der ganzen Messe gibt: unglaublich leckeres Dattel-Konfekt (runde, zuckerfreie Bällchen in den Geschmacksrichtungen Dattel-Hibiskus, Dattel-Sesam und Dattel-Schokolade). Genauso spannend wie das Konfekt lecker, ist die Organisation bzw. der Betrieb dahinter, welcher seit den 1970er Jahren die ägyptische Wüste wiederbelebt und dort hochwertige Lebensmittel mit biologisch-dynamischen Methoden anbaut und dabei einen starken Fokus auf die Gemeinschaft setzt. In 2003 hat SEKEM dafür den alternativen Nobelpreis, den Right Livelihood Award, gewonnen und 2012 wurde die erste Universität für nachhaltige Entwicklung im mittleren Osten, die Heliopolis University, als Teil von SEKEM eröffnet. Sehr cool!


Bevor ich mich versehen kann sind die vier Tage BioFach auch schon wieder vorbei und die Abreise steht bevor. Dieses Jahr scheinen es die Aussteller*innen besonders eilig zu haben: Trotz Androhung einer enormen Geldstrafe von 1.200€ für vorzeitiges Einpacken vor dem offiziellem Messe-Schluss um 17 Uhr, sind bereits um 16 Uhr die meisten Aussteller*innen fleißig dabei ihre Stände abzubauen. Wir lassen uns davon natürlich nicht aus der Ruhe bringen und warten brav bis 17 Uhr, bevor wir unser Sammelsurium an Flyern, Prospekten, Pappmaché Tieren zusammenpacken und mit unseren Rucksäcken durch die Messehallen zum HNEE Transporter schleppen. Als sich am Samstag Abend die Dämmerung über das Nürnberger Messegelände legt sind wir längst auf der Autobahn zurück in Richtung Berlin und Eberswalde.

bottom of page