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Von Brandenburg in die Tiroler Alpen

Nicola Funke über ihre Bachelorarbeit im Gebirge


Für ihre Bachelorarbeit ging Nicola Funcke in die Tiroler Alpen – weit weg vom Studienalltag in Brandenburg. Im Interview erzählt sie, wie die Arbeit auf dem Berg aussah, welche Erfahrungen sie gemacht hat – und warum sich die Mühe gelohnt hat.


Erzähl doch mal kurz von dir: Wer bist du und worum geht’s in deiner Bachelorarbeit?

Ich bin Nicola und studiere im 8. Semester “Landschaftsnutzung und Naturschutz” (Lanu) mit der Vertiefung Schutzgebietsbetreuung. In meiner Bachelorarbeit bewerte ich eine Alm im Naturpark Karwendel aus floristischer Sicht. Dafür habe ich im Juni eine Woche lang eine Alm- und Biotopkartierung durchgeführt und auf der Hütte Gramai Hochleger gewohnt. Zusätzlich habe ich mit ArcGIS Pro die Verbuschung seit 2001 analysiert. Aus den Ergebnissen leite ich Handlungsempfehlungen ab.


Thomas Huber, 2025)


Wie bist du auf dein Thema gekommen? Und was hat dich dazu bewegt, deine Arbeit im Naturpark Karwendel zu machen?

Für mich war lange klar, dass ich in meiner Bachelorarbeit keine reine Literaturrecherche machen möchte, da ich nach dem Studium auch keinen reinen Bürojob machen, sondern praxisnah arbeiten möchte.


Ich bin ein großer Fan der Alpen und kann mir vorstellen, dort beruflich tätig zu werden. Da ich außer meinem FÖJ und Pflichtpraktikum nur ein Studium im Flachland Brandenburgs vorweisen kann, wollte ich mir mit der Bachelorarbeit einen Fuß in die Tür der Alpen stellen und habe frühzeitig Großschutzgebiete in den Alpen angefragt. Ich hatte keine konkrete Idee, über was ich schreiben möchte. Durch meine Lieblings-Wahlpflichtmodule “Grünlandvegetation und -management” und “Moorkunde”, wusste ich nur, dass ich ‘Irgendwas mit Pflanzen und irgendwas mit Grünland oder Mooren’ machen möchte. Der Naturpark Karwendel hat schnell zugesagt und mir das Thema vorgeschlagen.


Wer hat dich als Praxispartner begleitet und wie war die Unterstützung vor Ort?

Von Seiten des Naturparks unterstützt mich insbesondere Marina Hausberger. Marina kann ich zu zahlreichen inhaltlichen und praxisnahen Fragen ausquetschen. Auch Literatur konnte ich mir vom Naturpark ausleihen. Bei den Feldaufnahmen hat mich der Praktikant des Naturparks die ersten zwei Tage begleitet. Als Einheimischer, Hobby-Botaniker und mit einem Master in Evolutionsbiologie kannte er sich richtig gut mit den Pflanzen des Karwendels aus. Ohne seine Unterstützung hätte ich das nicht in einer Woche geschafft! Im Nachhinein hat mir der Naturpark auch finanziell bei den Kosten der Unterkunft unter die Arme gegriffen.


Wie können wir deine Feldaufnahmen vorstellen?

Ausgestattet mit Bestimmungsbüchern, Lupe, Pinzette und Maßstab ging es erstmal raus, um die Flächen für die Vegetationsaufnahmen zu wählen. Das hat gedauert, da ich bei 125 ha den perfekten Standort für die Aufnahmen finden wollte. Dann wurde eine Fläche von 5 x 5 m² abgemessen und die Vegetation in Schichten eingeteilt. Anschließend wurden alle Arten pro Schicht, die Deckung und Höhe der Schichten sowie die Artmächtigkeit der einzelnen Arten und die Gesamtdeckung bestimmt. Wenn eine Art im Gelände zu schwierig zu bestimmen war, habe ich sie als Abend- oder Regenbeschäftigung eingepackt. Flora Incognita konnte mich nur im Nachhinein oder beim Erklimmen des nächstgelegenen Kamms unterstützen. Das Ganze habe ich weitere 8x wiederholt. Zusätzlich habe ich eine Biotopkartierung durchgeführt.


Wenn alle Daten gesammelt sind – wie geht es weiter und wie wertest du die Ergebnisse aus?

Zuerst habe ich meine Zettel digitalisiert und versucht, die Aufnahmen der Pflanzengesellschaften (Assoziationen) zuzuordnen. Dabei habe ich die Kenn- und Trennarten notiert, um den Argumentationsweg nachzuvollziehen. Nebenbei erstellte ich eine Gesamtartenliste und verglich diese mit den Daten der Roten Liste Österreichs und Nordtirols.


Für die Biotope legte ich einen vereinfachten Bogen an, da es im Gegensatz zu Brandenburg keine detaillierten Erfassungsbögen gibt. Die Biotope habe ich den Biotoptypen der Roten Liste sowie den FFH-Lebensraumtypen zugeordnet und anhand des Rote-Liste-Status, der Artenzahlen und eventueller Beeinträchtigungen bewertet. Diese Bewertung fließt in meine Analyse zur Verbuschung ein. Zusätzlich habe ich potenzielle Risikoflächen für Erosion anhand der Hangneigung und Exposition ausgegrenzt, sodass die Entbuschungsmaßnahmen außerhalb dieser Bereiche durchgeführt werden können.


Gab’s Momente, die dich während der Arbeit besonders herausgefordert haben? Und was waren deine persönlichen Highlights?

Eine große Herausforderung war generell die Größe des Gebiets in Kombination damit, dass ich viele Arten nicht kannte. Außerdem waren manche Pflanzen noch im vegetativen Zustand oder noch nicht voll entwickelt, was die Bestimmung schwierig machte. Hätte ich die Aufnahmen jedoch später gemacht, wären aber andere Arten verblüht oder abgefressen, da die Rinder ein paar Tage nach meinen Aufnahmen aufgetrieben wurden.


Auch mit GIS gab es einige Herausforderungen. Der GIS-Teil nahm fast genauso viel Zeit in Anspruch wie die Geländeaufnahmen und die Auswertung. Ich bin richtig stolz, was ich Neues an Gis-Skills gelernt habe! Ein großer Dank geht an Frank Torkler, der mir bei meinen Fragen immer beiseite stand. Die Zeit im Gelände war insgesamt zwar anstrengend, aber auch schön und der Hüttenwirt und die Hüttenwirtin waren richtig nett. Die beiden machen die besten Spinatpressknödel! Mit einigen Gästen habe ich nette Gespräche geführt oder Kniffelabende verbracht. Mein absolutes Highlight waren kämpfende Steinböcke, die wir mit dem Fernglas beobachtet haben.


ree

Thomas Huber, 2025)


Was würdest du anderen Studierenden mit auf den Weg geben, die auch eine Abschlussarbeit im Ausland planen? 

Also der wichtigste Punkt ist die finanzielle Absicherung. Soweit ich das richtig verstanden habe, bekommt man nur ein Stipendium, wenn man die Arbeit auch an einer anderen Uni schreibt. Da ich jedoch zum Schreiben wieder nach Eberswalde zurückgekehrt bin, ist diese Absicherung weggefallen. Es lohnt sich aber, sich diesbezüglich weiter zu informieren.


Und ganz zum Schluss: Wo siehst du dich in fünf Jahren? Willst du tiefer in die Vegetationskunde einsteigen und kannst du dir ein Leben in den Bergen vorstellen?

Ehrlich gesagt, bin ich mir gerade noch nicht so sicher, was ich machen möchte. Ich würde gerne mal in den Ranger-Job hineinschnuppern, ob das etwas für mich ist. Ich glaube, bei der Naturwacht in Brandenburg würde mir das aufgrund der vielfältigen Aufgaben gefallen. Ich habe aber auch gehört, dass man in anderen (Bundes-) Ländern oft hauptsächlich Umweltbildung macht. Aber auch Moorkunde finde ich spannend, da es ein wichtiger Hebel im Klima- und Biodiversitätsschutz ist. 


Bezüglich des Ortes habe ich Eberswalde sehr lieben gelernt. Daher sage ich gerade immer: “Entweder Eberswalde oder die Berge”. Aber man muss ja auch schauen, wo man einen Job bekommt.


Danke für diese Eindrücke!



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