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Finsterstes Mittelalter, Alter?!


Im Januar wurden an unserer Hochschule die alljährlichen Fachbereichspreise verliehen. Wir stellen die diesjährigen Preisträgerinnen und ihre Abschlussarbeiten vor und reisen den winterlichen Temperaturen zum Trotz in Gedanken mit nach Sizilien und wagen einen Sprung in der Zeit und auf die Baustelle eines mittelalterlichen Klosters bei Meßkirch.

Manchmal braucht man gar keine aufwendige, in Alufolie gewickelte Pappkarton-Maschine mit bunten Knöpfen und Kleiderbügel-Antenne, um in der Zeit zurück reisen zu können. Manchmal reicht ein Zug-Ticket nach Meßkirch in der Nähe des Bodensees. Auf der Kloster-Baustelle des Freilichtmuseums „Campus Galli“ arbeiten Handwerker, Historiker und Ehrenamtliche an einem Karolinger Kloster – alles per Hand und ohne motorisierte Unterstützung. So, wie es die Menschen im Mittelalter auch getan hätten. Der Bauplan für das Kloster ist auf das Jahr 830 n. Chr. datiert und ist damit der Einzige, der aus dem frühen Mittelalter erhalten geblieben ist.

Das Tollste? Jeder kann mitmachen!

Die nun bereits fertig gemasterte RUNerin Kristina hat die Klosterbaustelle vor drei Jahren besucht und zwei Wochen mitgearbeitet: Zuerst auf dem Acker, dann in der Wollverarbeitung. Hier wird gewaschen, gekämmt, gefärbt, gesponnen, gewoben – Kristina hat sich direkt drauf gestürzt und hier das Thema für ihre Masterarbeit gefunden: „Bildung für nachhaltige Entwicklung und Geschichtsdidaktik“: Für Schulklassen, die auf die Klosterbaustelle kommen, hat sie sieben Untereinheiten unter dem Titel „Geschichte erleben – Zukunft spinnen“. zur Wollverarbeitung konzipiert. Die Herausforderung: Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) und Geschichtsdidaktik möglichst geschickt unter einen Hut zu bekommen. Letztere für Kristina ein komplett neuer Themenbereich.

Geschichtsdidaktik. Was ist das überhaupt? Was ist wichtig? Zu Beginn beschreibt Kristina die Thematik als chaotisches Feld. Schnell erkennt sie aber die Parallelen zur BNE und die gewinnbringenden Verknüpfungen. Um den Bogen von geschichtlichen Aspekten des Themenfeldes Kleidung zu Inhalten der nachhaltigen Entwicklung spannen zu können, hat Kristina ein Programm entworfen, bei dem die Kinder die Stationen der traditionellen Wollverarbeitung durchlaufen und später so eine Möglichkeit bekommen, die Produktion ihrer eigenen Kleidung selbstständig zu reflektieren. Was bedeutet der Produktionsaufwand für uns? Wer macht meine Kleidung eigentlich? Woher kommen die Rohstoffe? Für zwei der insgesamt sieben von ihr entwickelten Untereinheiten hat Kristina detaillierte Unterrichtseinheiten ausgearbeitet. Unterziele, Methodik und die Aspekte der BNE und Geschichtsdidaktik stellte sie hier für mögliche Lehrkräfte zusammen. Unterstützt wurde ihre Arbeit von Prof. Dr. Heike Molitor unserer Hochschule und Hans Lässig vom Meßkirch’ner Team.

Neben diesen umfangreichen Lerneinheiten gibt es auf der Klosterbaustelle weitere Bildungsangebote für Kinder und Erwachsene von unterschiedlichem Umfang: Beim „Schuften nach Plan“ wird die Arbeit erledigt, die gerade ansteht – Brenn-Grube für den Töpfer ausheben, Zaunbauen, Mauer hoch ziehen. Wer sich mit Speis und Trank im Mittelalter auseinandersetzen will, kann die mittelalterliche Küche in einer eigenen Einheit entdecken. Und wer sich zum Beispiel für Lehmbautechnik interessiert, darf sich hier auf dem „Campus Galli“ einen Tag lang austoben und Neues lernen.

Seit 2013 wird auf der Baustelle öffentlich gewerkelt – davor wurde die Baustelle vorbereitet und Besucherlenkungseinrichtungen entwickelt.

Zuerst auf 40 Jahre angelegt, wurde die veranschlagte Bauzeit jetzt auf 60-80 Jahre erweitert. Selbst bei der langen Planung im Vorfeld konnte der tatsächliche Aufwand nicht genau kalkuliert werden. Begleitet wird der Bau übrigens von einem wissenschaftlichen Beirat aus Historikern und Archäologen, welche das Projekt fachlich betreuen. Eine Anschubfinanzierung gab es über die Regionalentwicklungsförderung LEADER der EU. Zukünftig soll sich das Projekt durch die Besuchereinnahmen selbst finanzieren.

Kristina arbeitet seit kurzem als Umweltbildungsreferentin für den Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (dem Partnerverband des NABU) an der Umweltstation Altmühlsee in Muhr am See und wirkt an der Entwicklung neuer Bildungsprogramme mit. Aktuell steht die Planung des Jahres an und der Einsatz von Fördermitteln – im Frühjahr geht’s dann endlich wieder unter der Flagge der Umweltbildung raus...an den See, in den Wald und auf die Wiese...darauf freuen wir uns schon mindestens genau so sehr wie Kristina! Und wer die leider noch ganz schön dunklen Abende mit ein paar bewegten Impressionen aus Meßkirch verbringen möchte, findet auf der Seite des SWR eine dreiviertel Stunde Beitrag zur Klosterbaustelle.

Wer genaueres über die Arbeit wissen möchte, findet das Werk „Bildung für nachhaltige Entwicklung und Geschichtsdidaktik - Die Verknüpfung beider Konzepte am Beispiel eines Bildungsangebotes für das Projekt ,Campus Galli - Karolingische Klosterstadt Meßkirchʹ“ unter der Signatur A14568 bei den Abschlussarbeiten der Hochschulbibliothek.

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