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Praxisluft schnuppern mit Julia Kastl

Das Studium am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz beginnt mit Vorlesungen, Seminaren und Exkursionen. Je nach Studiengang heißt es dann ggf. irgendwann „ab ins Praxissemester“. Wir interviewen in unserer neuen Rubrik „Praxisluft schnuppern mit …“ Studierende, die gerade ihr Praxissemester absolviert haben oder mittendrin stecken, um zu erfahren wie diese aufregende Zeit für sie war/ist. Dieses Mal erzählt Julia Kastl von ihrem Praktikum bei Sonnentor.

Julia mit einem altem Apothekerschrank in Sprögnitz. Für Besucher*innen ein Hingucker bei Sonnentor (Foto: Julia Kastl)

Hallo Julia, seit wann und was studierst Du in Eberswalde?

Ich studiere seit dem Wintersemester 2021/2022 den Masterstudiengang Ökologische Landwirtschaft und Ernährungssysteme (OLE) und absolvierte mein Praktikum regulär im dritten Semester bei Sonnentor.


Wonach hast Du Deinen Praktikumsbetrieb ausgewählt und was wolltest Du dort insbesondere lernen, vertiefen?

Im zweiten Semester belegte ich das Modul nachhaltige Unternehmensführung bei Prof. Dr. Jens Pape und lernte dabei die Corporate Social Responsibility (CSR) kennen. Wer dieses Konzept nicht kennt: CSR ist die freiwillige unternehmerische Verantwortung, um einen ethischen Umgang mit sozialen, ökologischen sowie ökonomischen Aspekten wie beispielsweise fairen Löhnen oder sparsamen Einsatz von natürlich Ressourcen in die Unternehmenstätigkeiten zu integrieren. Da mich das Konzept sehr interessierte, wollte ich mein Praktikum für den Einblick in die CSR-Abteilung eines Unternehmens nutzen. Darüber hinaus wollte ich noch eine andere Stadt oder sogar ein anderes Land kennenlernen und mein Praktikum bei einem „Bio-Pionier“ absolvieren. Das Praktikum bei Sonnentor hat sich demnach sehr gut angeboten und die Bewerbung lief reibungslos. Ebenfalls war mir wichtig, dass ich als Wertschätzung für meine Arbeit vergütet werde, was bei Sonnentor zutraf.


Wie können wir uns Deinen Alltag vorstellen? In welchem Bereich hast Du dort gearbeitet und welche Aufgaben hattest Du?

Der Hauptsitz des Unternehmens liegt in Sprögnitz, im Waldviertel in Niederösterreich. In Wien gibt es ein Dependance-Büro, das intensiv von der CSR-Abteilung genutzt wird. Da ich meine Arbeitszeit zwischen Wien und Sprögnitz aufteilen konnte, wohnte ich über meine Praktikumszeit in Wien und begleitete meinen Vorgesetzten wöchentlich nach Sprögnitz, um am Produktionsstandort zu arbeiten und an Meetings, unter anderem mit der Geschäftsführerin, teilzunehmen.


Meine Hauptaufgabe lag in der Risikoanalyse von Rohwaren, da das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz im Januar 2023 in Deutschland in Kraft getreten ist. Das Lieferkettengesetz soll soziale und umweltbezogene Risiken in der globalen Lieferkette minimieren, verhindern und im besten Fall beenden. Dies gilt zwar erst in Deutschland, es soll aber nächstes Jahr auf die gesamte EU ausgeweitet werden. Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitende müssen dabei laut Gesetz ihre Lieferketten analysieren. Sonnentor ist zwar noch nicht direkt vom Lieferkettengesetz betroffen, da sie ihren Sitz in Österreich und weniger als 3.000 Beschäftigte haben (aktuell ca. 500), trotzdem erhält Sonnentor Anfragen für Problemanalysen der Lieferkette von größeren Unternehmen in Deutschland, dievon Sonnentor beliefert werden. Darüber hinaus möchte Sonnentor seinen sozialen Pflichten auch freiwillig nachgehen. Ich recherchierte zunächst, wie eine Risikoanalyse allgemein strukturiert ist, welche Aspekte sie enthält und wie Risiken bewertet, kategorisiert und priorisiert werden. Ich musste die Analyse so gestalten, dass auch verschiedene Abteilungen mit der Analyse arbeiten können. Danach analysierte ich die Rohwaren, die wir als am kritischsten erachteten. Zunächst half mir der CSR-Risiko-Check, der nach Eingabe des jeweiligen Landes und Rohstoffes Risiken nannte. Darauf aufbauend recherchierte ich detaillierter. Hierbei ist es aber wichtig zu erwähnen, dass zwar jegliche möglichen Risiken aufgezählt wurden, das aber nicht automatisch bedeutet, dass diese auch bei Sonnentor vorkommen. Die zuliefernden Betriebe müssen bei Sonnentor einen Verhaltenskodex zu sozialen und ökologischen Standards unterzeichnen, um Risiken auszuschließen. Nichtsdestotrotz müssen die schwerwiegendsten potenziellen Risiken ausgeschlossen werden. Dies kann beispielsweise durch Gespräche oder Audits vor Ort erfolgen. Dieses Jahr werden beispielsweise Audits in Ost-Afrika durchgeführt.


Als weitere Aktivität durfte ich Plakate für das Abfallwirtschaftskonzept am Hauptstandort Sprögnitz gestalten und Recherchen sowie Präsentation über diverse Papierlabels und deren Umsetzung durchführen.


Von Anfang an arbeitete ich selbstständig an meinen Aufgaben. Einmal in der Woche hatten mein Chef und ich ein Meeting, bei dem ich ihm erzählte, was ich erarbeitete und in der nächsten Woche plante. Vor allem bei der Einstufung der Risiken war für mich die Abklärung mit ihm sehr hilfreich. Ich konnte nach anfänglicher Einarbeitung auch von zu Hause aus arbeiten.

Sonnentor (Foto: Julia Kastl)

Was hat Dir am meisten Spaß gemacht?

Ich habe unglaublich viel über Rohstoffe und deren Herkunftsländer gelernt! Wo welche Rohstoffe wie am besten angebaut werden und welche sozialen Risiken dabei entstehen können. Und ich habe einen guten Einblick in das Unternehmen erhalten. Dort sind alle beim „Du“ und ich durfte sogar die Geschäftführer*innen und den Gründer Johannes Gutmann kennenlernen. Es hat mir sehr gefallen, dass alle Mitarbeitenden auf einer Ebene sind, egal ob Praktikant*in oder Geschäftführer*in.


Kannst du dir vorstellen später in diesem Job zu arbeiten?

Die CSR-Abteilung interessiert mich nach wie vor sehr und ich würde auch gerne die nächsten Schritte der Risikoanalyse, der Auditierung vor Ort, umsetzen. Sonnentor ist ein toller Arbeitgeber, allerdings ist der Standort nicht so passend für mich, da ich langfristig in meiner Heimat München wohnen möchte.


Angenommen ein Studi interessiert sich ebenfalls für Sonnentor für das Praktikum, was wären Deine Hinweise?

Zunächst: Schön wäre gewesen, wenn mehr Arbeitskolleg*innen vor Ort sind, da ich schon sehr viel alleine gearbeitet habe. Da das Team in Wien in Zukunft auch aufgebaut werden soll, stehen die Chancen aber gut. Ansonsten sind immer Kolleg*innen am Hauptsitz in Sprögnitz, zum Beispiel in den Abteilungen Marketing, Qualitätssicherung oder im Einkauf. Ebenfalls sollte die Person nicht auf den Mund gefallen sein und sich behaupten können, da die Österreicher*innen auch meist gerade raus sprechen.


Und wie hat Dir die Zeit in Wien gefallen?

Wien ist unglaublich schön, vor allem architektonisch! Außerdem fand ich relativ schnell ein erschwingliches WG-Zimmer. Die Stadtgröße war ebenfalls perfekt und ich konnte alles mit meinem Fahrrad erreichen.


Vielen Dank für die Einblicke Julia! Servus, Pfiat di und viel Erfolg für Deine Masterarbeit!

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