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Vier Jahre Forschungsprofessur – was hat sich getan?

Aktualisiert: 9. Apr.


Foto: Prof. Dr. Inga Schleip (Urheberin: Emilia Wolfram)
Foto: Prof. Dr. Inga Schleip (Urheberin: Emilia Wolfram)

Frau Prof. Dr. Schleip, Sie haben seit vier Jahren eine  Forschungsprofessur inne. Wie kam es dazu?Ich habe meine Forschungsprofessur im Wintersemester 2021/22 angetreten. Die Möglichkeit zur Verlängerung ergab sich durch ein erneutes Bewerbungsverfahren innerhalb der Hochschule. Ich war sehr glücklichmeine Forschung fortsetzen zu können.


Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschungsarbeit? Grundsätzlich geht es in einem Themenbereich um trockenheitsangepasste Beweidung, hier haben in den letzten Jahren zwei Projekte zum Weideverfahren Mob Grazing durchgeführt. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt bei der nachhaltigen Moorbewirtschaftung. Zudem habe ich mich mit der Regulierung unerwünschter Giftpflanzen auf Weiden befasst.

 

Warum sind Moore für die Landwirtschaft und den Klimaschutz so wichtig? Moore spielen eine zentrale Rolle als CO₂-Speicher. Durch jahrzehntelange Entwässerung ist jedoch viel Torf mineralisiert, entwässerte Moorflächen speichern daher nicht mehr so viel Kohlenstoff wie intakte Moore. Im Rahmen des Projekts WetNetBB untersuchen wir, wie sich Moorflächen nachhaltig bewirtschaften lassen, um ihre Klimaschutzfunktion zu erhalten.

Wie könnte eine nachhaltige Nutzung von Mooren aussehen? Moorboden kann nur bei höheren Wasserständen erhalten bleiben. Eine Wertschöpfung bei Anhebung der Wasserstände ist dann durch nasse Moornutzung weiter möglich, auch Paludikultur genannt. Darunter versteht man sowohl die Nutzung wiedervernässter Moorflächen mit speziell angebauten Pflanzen wie Schilf oder Rohrkolben, als auch die Nutzung von selbstetablierten Nasswiesen. Wir sehen großes Potenzial in der stofflichen Verwertung, z.B. für Verpackungsmaterial. So lässt sich landwirtschaftliche Nutzung mit Klimaschutz vereinen. Im Projekt WetNetBB ist tatsächlich die Suche nach geeigneten Flächen eine Herausforderung, da viele als Moorböden kartierte Flächen bereits stark degradiert sind. Das ist teilweise frustrierend, weil es zeigt, wie weit dieser Prozess bereits fortgeschritten ist. Dennoch sehen wir großes Potenzial in bestehenden Moorflächen und möchten diese Bewirtschaftungsform weiterentwickeln. Dafür ist noch viel Kommunikation und Abstimmungsarbeit nötig, um Akzeptanz bei Landwirt*innen und anderen Flächeneigentümer*innen zu schaffen.

 

Sie haben sich auch mit der Regulierung von Giftpflanzen auf Weiden beschäftigt. Was waren Ihre Erkenntnisse? Unser Ziel war es, unerwünschte Pflanzen wie Graukresse sowie bestimmte Kreuzkraut- und Schachtelhalmarten ohne den Einsatz von Herbiziden zu regulieren. Leider konnten wir dieses Vorhaben nicht weiterführen, da die notwendigen Fördergelder nicht bewilligt wurden.


Warum ist das Thema dennoch wichtig? Viele Weidebetriebe haben mit einer starken Ausbreitung toxischer Pflanzen zu kämpfen, die die Futterqualität mindern und die Gesundheit der Tiere gefährden. Wir hatten vielversprechende Ansätze erarbeitet, die mechanische Regulierung, gezieltes Weidemanagement und bodenschonende Maßnahmen kombinieren. Ich hoffe, dass in Zukunft neue Finanzierungsmöglichkeiten entstehen, um diese Forschung fortzuführen.


Foto: Mob Grazing auf Gut Temmen (Urheberin: Anna-Maria Proske)
Foto: Mob Grazing auf Gut Temmen (Urheberin: Anna-Maria Proske)

Was ist Mob Grazing und warum ist es ein wichtiges Forschungsthema? Mob Grazing ist eine Weidemethode, bei der die Weidetiere bei hoher Besatzdichte auf kleinen Parzellen grasen und die Fläche nur kurzzeitig beweidet wird. Etwa die Hälfte des Pflanzenaufwuchses bleibt auf der Fläche und bildet eine Mulchschicht, während die Fläche danach eine lange Ruhephase erhält. Besonders geeignet sind Bestände mit hochwüchsigen, tiefwurzelnden Pflanzen wie Luzerne und Obergräsern, da sie den "Trampeleffekt" der Tiere unterstützen. In Zusammenarbeit mit dem Biohof Gut Temmen in der Uckermark haben wir untersucht,

welche Auswirkungen diese Methode auf den Boden hat.


Welche Vorteile haben Sie festgestellt? Ein zentraler Vorteil ist die Verbesserung der Bodeneigenschaften. Unsere Analysen haben bisher gezeigt, dass sich unter Mob Grazing z.B. die Regenwurmdichte erhöht, wodurch die biologische Aktivität steigt und die Bodenstruktur lockerer wird. Dies fördert nicht nur die Wasserspeicherung, sondern auch den Humusaufbau – beides entscheidende Faktoren in Trockenzeiten.

Hat sich Mob Grazing auch auf die Erträge ausgewirkt? Unsere Hypothese ist, dass wir langfristig stabilere Gesamterträge haben. In den ersten Jahren konnten wir das jedoch noch nicht bestätigen. Um diese Annahme wirklich prüfen zu können, brauchen wir Messungen, die über drei Jahre hinausgehen. Die Menge an Futter, die von den Tieren gefressen wird, war unter Mob Grazing dagegen geringer – durch die bewusst höheren Weidereste.

Wie geht es mit der Forschung weiter? Welche offenen Fragen wollen Sie in den nächsten Jahren erforschen? Wir konnten gerade eine Finanzierung für zwei weitere Jahre sichern, um das Mob-Grazing-Experiment auf Gut Temmen fortzusetzen, auch in Zusammenarbeit mit Studierenden im Rahmen von Abschlussarbeiten. Unser Ziel ist es, langfristige Effekte auf Bodenfruchtbarkeit, Ertragssicherheit und Klimaanpassung zu untersuchen.

Gibt es neue Projekte, an denen Sie arbeiten? Ja, wir haben einen Antrag für ein Projekt zur Zwischenfruchtbeweidung gestellt. Dabei sollen Zwischenfrüchte gezielt als Futterquelle genutzt werden, um Engpässe in der Futterversorgung, die z.B. in trockenen Jahren entstehen, zu überbrücken.

 

Wie wichtig ist der Austausch mit Landwirt*innen und anderen Akteur*innen für Ihre Forschung?Sehr wichtig! Gerade in der Weideforschung ist der direkte Austausch mit der Praxis unerlässlich. Ohne das Wissen und die Erfahrung der Betriebe könnten wir keine praxisnahen Lösungen entwickeln. Wir haben gesehen, dass es einen großen Bedarf an fundierten Informationen gibt und eine Zusammenarbeit in vielen Fällen bisher sehr gut funktioniert hat. Natürlich gibt es auch immer wieder Unvorhersehbarkeiten auch auf den Betrieben, wie beispielweise krankheitsbedingter Ausfall. Aber alles in allem läuft die Zusammenarbeit sehr gut.

Was ist Ihr Fazit nach vier Jahren Forschungsprofessur? Welche Lessons Learned haben Sie für unsere Leser*innen? Unsere Forschung zeigt, dass eine stärkere Verzahnung von Ackerbau und Rinderhaltung durch die Futternutzung von Luzerne-Kleegrasgemengen oder Zwischenfrüchten großes Potenzial hat, die Bewirtschaftungssysteme nachhaltiger zu gestalten. Mob Grazing hat einen positiven Effekt auf den Boden, eine nachhaltige Moorbewirtschaftung kann Klimaschutz und Landwirtschaft verbinden, und eine umweltfreundliche Regulierung von Giftpflanzen bleibt eine wichtige Herausforderung. Ich bin gespannt auf die kommenden Forschungsschritte und freue mich darauf, diese Entwicklungen weiter zu begleiten!


 


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