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Wo Kiebitz und Ökotomate sich „dzień dobry!“ sagen



Ausbildung für angehende Öko-Bauern*innen Polens aus Graswurzelsicht.

Perfektes Frühsommerabendwetter in Grzybów. Als wir ankamen ist es noch sommerliche 23 Grad und wir erkunden die neugegründete Öko-Heimvolkshochschule und die angrenzenden Betriebszweige Ziegenhaltung, Kräutergarten, Rinderhaltung sowie Käserei und Bäckerei – alles ökologisch, seit mehr als 25 Jahren. Nach Sonnenuntergang trifft sich das Projektteam zum regionalen Abendessen. Es gibt selbstgebackenes Biobrot und leckeren Ziegenkäse aus eigener Produktion. Dazu Wein von bulgarischen Agrar-Studierenden, welchen unsere Kolleg*innen von der Agrar-Universität Plowdiw (Пловдив) mitgebracht haben.


Öko-Pioniere in Grzybów

Ewa Smuk Stratenwerth und ihr Mann Peter haben in Grzybów nordwestlich von Warschau ein ökologisches Zentrum aufgebaut, das für Polen einmalig ist. Angelehnt an die Idee der Heimvolkshochschulen nach Grundtvig existiert hier seit 2015 ein 2-jähriges Kursangebot für angehende Öko-Bauern und –Bäuerinnen inkl. Schulgebäude. Denn bislang ist es nicht möglich, sich im Ökolandbau im Rahmen der staatlichen Ausbildung zu qualifizieren. Die Teilnehmer*innen des ersten Kurses (Start 2015) werden dieses Jahr fertig und fangen an, auf unterschiedlichste Art Ökolandbau zu betreiben.

Die rund 35 Teilnehmer*innen vom ersten und zweiten Kurs (Start 2016) kommen aus ganz Polen und haben unterschiedlichste berufliche Hintergründe und Bezüge zur Landwirtschaft. Also eigentlich so wie „unsere ÖLV*innen“ in Eberswalde. Das Curriculum für den Kurs wurde im Rahmen des ERASMUS+ Projektes „Building Key Competences and Folkhighschool Pedagogy in XXI Europe“ federführend von Eberswalde entwickelt (Martin Nobelmann, Dr. Henrike Rieken und Prof. Dr. Anna Maria Häring). Das multinationale Team ausDänemark, Polen (Partner I, Partner II, Partner III), Bulgarien, Schweiz und Deutschland verfasste weiterhin ein Ökolandbau -Handbuch und veröffentlichte Guidelines für Heimvolkshochschulen in polnischer Sprache (eine englische pdf-Version folgt).


Zurück zu unserer Abschlussfahrt.

Zum Projektabschluss wurde eine Konferenz an der Agrar-Universität in Warschau ausgerichtet – eine wunderbare Location im alten Uni-Gebäude. Alles „etwas“ größer als unser Stadtcampus: An der Warschauer Universität für Life Science studieren ca. 25.000 Studierende. Eberswalde hat ungefähr genauso so viele Einwohner*innen. Im Rahmen der Konferenz wurde über die Idee der Heimvolkshochschulen in Polen gesprochen und unterschiedlichste Referent*innen berichteten von ihren Erfahrungen und ihren Schulen. Ewa Smuk Stratenwerth und eine Teilnehmerin präsentierten die Ökoschule aus Grzybów und ihr Konzept orientiert an der Grundvig’schen Idee der Heimvolkshochschulen. Zur Geschichte der Heimvolkshochschulen Deutschlands gab Martin Nobelmann einen Überblick. Am Abend der Konferenz lud eine junge Folk-Band zum Tanz ein.

Das ist für Heimvolkshochschulen ein wichtiges Element. Neben dem gemeinsamen Singen, gehört oft auch gemeinsames Tanzen zum Bildungsprogramm. Also tanzten auch wir mit.

Nachdem die Konferenz hinter uns lag, tauschten wir Anzug und Kleid mit Outdoor-Kleidung und robusten Schuhen, um zum zweiten Teil der Reise aufzubrechen.


Auf dem Plan standen der Besuch von Öko-Betrieben sowie Gespräche mit Kursteilnehmer*innen und Landwirt*innen, die im Kurs als Praxispartner*innen beteiligt sind. Unsere Projektleiterin Ewa suchte Betriebe im Osten Polens aus, in der Woiwodschaft Podlachie(województwo podlaskie) – Puh, das hieß erstmal Busfahren.

Aber die Reise hatte sich gelohnt. Die Kulturlandschaft ist geprägt von agro-biodiversen Weiden und Äckern auf denen viele Störche und sogar Kiebitze zu beobachten sind. Wir trafen Menschen, die mit vollem Herzen mehr als 35 Sorten Öko-Gemüse auf sandigen Böden biodynamisch anbauen und erfolgreich eine Art Abokistensystem entwickelt haben. Weiterhin Menschen, die Ökolandbau mit Naturtourismus verknüpfen und die Kursteilnehmerin, Basia, in ihrer Praxisphase begleiten. Basia baut bereits auf einem Stück Land ihr eigenes Biogemüse und Kräuter an. Erste Tee-Variationen durften wir probieren. Auf dem Weg lag auch der Besuch des Nationalparks Narew. Unser Guide war ein ehemaliger ERASMUS Student aus Portugal, der sich in diesem Teil Polens mit Familie niederlies, um in dieser eindrucksvollen Landschaft zu leben und zu arbeiten.


Eine Woche quer durch Polen und zurück.


Viele Eindrücke nehmen wir mit und vor allem, dass es in Polen eine Bewegung gibt, die mit viel Mut, Tatendrang und Ausdauer den Ökolandbau voran bringt. Der Kurs an der Ökoschule in Grzybów ist ein kleiner, aber wirksamer Beitrag. Der 3. Kurs ist in Planung, interessierte Teilnehmer*innen gibt es auch, aber – leider wie so oft – ist die Frage der Finanzierung nach Ablauf des Projektes noch nicht abschließend geklärt. Ideen kreisen in unseren Köpfen und vielleicht gibt es aus Eberswalder Sicht eine Fortsetzung im Rahmen eines weiteren Projektes. 

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