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Zukunftsdialog Ökolandbau - Was nutzt mir Biodiversität?

Ein Beitrag von Roland Hoffmann Bahnsen und Stefan Kühne


Vom 17.-18. Mai 2017 fand der „Zukunftsdialog Ökolandbau – Transfer angewandter Forschung“ an unserer Hochschule statt. Die Tagung wurde zum zweiten Mal gemeinsam mit dem Julius Kühn-Institut (JKI) an unserer Hochschule ausgerichtet. Insgesamt 40 Teilnehmer*innen aus Wissenschaft, Beratung und Praxis kamen zum Thema ins Gespräch. Eröffnet wurde die Tagung vom Präsidenten der Hochschule Prof. Dr. Wilhelm-Günther Vahrson und den Vizepräsidenten des JKI Prof. Dr. Frank Ordon.


Anschließend wurde in kurzen Impulsvorträgen die Themenbreite Biodiversität der Agrarlandschaft vorgestellt. Frau Jovanka Saltzmann vom JKI wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass der Landwirt Biodiversität produziert und von der Gesellschaft entsprechend dafür entlohnt werden muss. Herr Dr. Dr. Jörg Hoffmann (JKI) konnte in einem Langzeitprojekt zeigen, dass sich die Brutvogeldichte auf einem Biobetrieb im Gegensatz zum allgemeinen Trend auf konventionellen Landwirtschaftsbetrieben stabilisiert und sogar verbessert. Langzeituntersuchungen zur Ackerbegleitflora auf fruchtbaren Ackerböden bei Braunschweig zeigten (Dr. Arnd Verschwele), dass bei Umstellung auf Ökolandbau vergleichsweise wenig neue Begleitpflanzen auftreten. In der Anfangsphase nach der Umstellung stand die Regulierung ausdauernder Ackerunkräuter wie z. B. der Ackerkratzdistel im Vordergrund.


Demgegenüber konnte Herr Dr. Frank Gottwald von dem Bereich Angewandte Ökologie und Naturschutz aus Friedrichswalde, am Beispiel des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin die erbrachte Leistung des Ökologischen Landbaus für die Artenvielfalt auf den leichten Böden und bei extensiver landwirtschaftlicher Produktion darstellen. Ein sehr erfolgreiches Model zur Finanzierung der Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Betrieben stellte Frau Dr. Karin Stein-Bachinger vom Zentrum für Argrarlandschaftsforschung (ZALF) gemeinsam mit Herrn Dr. Gottwald vor. Mit Hilfe eines Punktesystems für biodiversitätsfördernde Maßnahmen, werden in dem Projekt „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ durch die Handelskette EDEKA besondere Naturschutzsiegel an Bioprodukte vergeben, die der Verbraucher mit einem höheren Produktpreis honoriert.

Abschließend hat Frau Eva Meyerhoff vom Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen ihre Erfahrungen als Biodiversitätsberaterin für Biobetriebe weitergegeben. Gemeinsam mit dem Betriebsleiter werden dabei die zukünftigen Maßnahmen zur Biodiversitätsförderung vor Ort auf dem Betrieb erörtert und Fotos von den Gegebenheiten angefertigt. Für eine Wandtafel werden die Bilder sofort ausgedruckt und mit Biodiversitätsbuttons beklebt, die symbolhaft die Organismen (z. B. Bienen, Vögel, Wildkräuter) darstellen, die durch die jeweilige Maßnahme gefördert werden.


In einer anschließenden Diskussionsrunde mit allen Teilnehmer*innen wurden folgende Fragen diskutiert: Was nutzt Biodiversität? Hier wurde darauf hingewiesen, dass die Funktionelle Biodiversität (Förderung von Nutzorganismen zur Schädlingskontrolle) durch die Landwirt*innen schwer zu beurteilen ist. Durch die große Mobilität der Marienkäfer und Schwebfliegen ist eine Nützlingsförderung durch Kleinstrukturen nur schwer zuzuordnen. Deutlich sichtbarer werden demgegenüber eventuelle Verunkrautungen in der Nachbarschaft zu Saumstrukturen wahrgenommen. Auf der anderen Seite werden Saumstrukturen als Pufferstreifen zu Gewässern oder als Schutz vor Wind- und Bodenerosion klar positiv bewertet.



Welche biodiversitätsfördernden Maßnahmen sind ökologisch wertvoll? Hier wurden neben mehrjährigen Bracheflächen und Blühstreifen auch Agroforstsysteme genannt, die Landwirt*innen gleichzeitig ökonomische Vorteile bieten.

Welche biodiversitätsfördernden Maßnahmen sind ökonomisch vertretbar? Für Biodiversitätsmaßnahmen bieten sich Bereiche in Ackerflächen an, die durch Trockenheit oder Nässe nur schwer zu bewirtschaften sind. Der Ertragsverlust muss jedoch auch hier durch Fördergelder ausgeglichen werden. Für eine erfolgreiche Umsetzung von Biodiversitätsmaßnahmen sind betriebsspezifische und standortabhängige Konzepte mit Landwirt*innen gemeinsam zu entwickeln

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Am Donnerstag, den 18. Mai, waren alle Teilnehmer*innen zu einer Exkursion auf das Gut Temmen in der südlichen Uckermark eingeladen. Der Betriebsleiter Hans-Martin Meyerhoff stellte seinen ökologischen Großbetrieb mit 3300 ha bewirtschafteter Fläche vor. Neben dem Weideland mit 1500 Rindern wird ein Großteil der Flächen (ca. 2700 Hektar) für den Ackerbau genutzt.


Neben verschiedenen Getreidesorten, Klee und Luzerne sowie Untersaaten und Sortenmischungen wird besonders auf mehrjährige Fruchtfolgezyklen geachtet, um den Nähr- und Mineralstoffgehalt der Böden zu schonen. Die Bodenverhältnisse im Betrieb sind sehr heterogen und reichen von sandigen und steinigen Böden bis zu lehmigen Bereichen, die nur kurze Zeit im Jahr bewirtschaftet werden können. Für jeden Schlag müssen die Fruchtfolgen angepasst werden. Die Landschaft ist als Endmoräne hügelig und trotz der z. T. großen Feldschläge durch Hecken, Waldränder, feuchte Senken, Gewässer und Sölle reich strukturiert.


Alle Teilnehmer*innen erlebten einen engagierten Betriebsleiter, der die hohe Vielfalt auf seinem Betrieb nutzen kann, um ihn wirtschaftlich erfolgreich in die Zukunft zu führen.

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