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Zu Tisch bei … Anja Hradetzky Teil II

Autorenbild: Nicola FunckeNicola Funcke

Aktualisiert: 5. März

Im ersten Teil des Interviews mit Anja Hradetzky hat Anja von ihrem Weg vom Studium an der HNEE zu ihrer Stelle als Studiengangsfachberaterin erzählt. Im zweiten Teil erfahrt ihr nun, wie ein typischer Tag bei ihr aussieht und welche spannenden Dinge sie neben der Tätigkeit an der HNEE noch beruflich macht. 


Wie sieht ein typischer Tag als Studiengangsfachberaterin aus und wie ist dabei der Kontakt zu Studierenden?

Eigentlich gibt es keinen typischen Tag. Ich telefoniere viel mit Studierenden, mache Büroarbeit und schreibe viele E-Mails. Die Hauptaufgabe ist jedoch die Weiterentwicklung des Dualen Studiums Ökolandbau. Ich bin dafür mit den verschiedenen Akteuren in Kontakt. Ich fahre aber auch zur Agentur für Arbeit und vertrete die HNEE auf Messen und bin natürlich am Tag der offenen Tür am Start. Dafür müssen auch die Werbematerialien erstellt und die Internetpräsenz aktuell gehalten werden. Ich schätze es sehr, dass ich flexibel arbeiten kann. Sowohl zeitlich als auch örtlich.


Was war bisher Dein schönstes Erlebnis an der HNEE? 

Ich bin ja noch gar nicht so lange da, aber ein schönes Erlebnis war definitiv das 20 Jahre Ökolandbau-Studiengänge-Jubiläum. Es gab auch das Regionalforum zum Dualen Studium, bei dem von anderen Hochschulen die Organisatoren der dualen Studiengänge und Ausbildungsbetriebe zusammengekommen sind. Also generell geben mir die Treffen, bei denen Menschen zusammenkommen, Wissen ausgetauscht und zusammen an einem Ziel gearbeitet wird, richtig was.


Nun würde mich interessieren, was du noch neben deiner Stelle an der Hochschule machst. Ich habe gelesen, dass du Kuhflüsterin bist. Was kann ich mir denn darunter vorstellen?

Also ich mache aktuell noch die Vermarktung für die „Stolze Kuh“. Ich habe einen Onlineshop aufgebaut und vermarkte Weidefleisch und Getreide nach Berlin, aber versende auch deutschlandweit.

Als Kuhflüsterin gebe ich auf Anfrage von Landwirt*innen Seminare, wie man mit Körpersprache Rinderherden leitet. Man braucht dafür nicht Knüppel und Geschrei oder viele Menschen, sondern es ist auch allein, zu zweit oder mit einem Hütehund möglich, die Rinderherde auf nonverbaler Ebene zu bewegen. Die Methode heißt Stockmanship. Wen es interessiert, es gibt eine Lernvideo Filmreihe vom Netzwerk Mob Grazing mit mir als eine der Protagonistinnen auf Youtube .

Außerdem mache ich regenerative Beweidung mit Pferden. Das heißt, die Tiere sind das ganze Jahr draußen und sie wechseln ca. alle vier Tage die Fläche. Gerade heute Morgen habe ich wieder gesehen, was für ein dickes Winterfell Pferde bekommen können. Es bildet sich Frost auf dem Fell und durch die isolierende Schicht frieren sie trotzdem nicht! Wenn man Pferde mit einer Decke schützt, stört man deren Kreislauf. Ich habe aber natürlich robuste Pony-Rassen, die dafür gemacht sind.

Zusätzlich machen meine Ponys auch therapeutische Arbeit mit Menschen. Der Schwerpunkt liegt dabei bei Frauen und Kindern. Wir sind in der Natur unterwegs und lernen uns auf kooperativem Weg zu verständigen. Dazu gibt’s mehr auf auszeitmitpferden.de.

Foto: Anja Hradetzky


Kannst du den Lesenden noch erklären, worin die ökologischen Vorteile der Beweidung mit Pferden liegen und wie sich diese von Rindern unterscheiden? Sie verbeißen doch z.B. Gehölze deutlich mehr, oder?

Genau, Pferde verbeißen deutlich mehr. Gerade stehen meine Pferde in einem Weißdorngebüsch. Die Fläche würde ohne Pflege komplett zuwachsen. Durch die mosaikartige Beweidung erhöht sich die Artenvielfalt. Ich habe bei den Rindern beispielsweise erlebt, wie sehr Schwarzstorch und Fischadler offene Strukturen in Wassernähe brauchen. Meistens sind Pferdeweiden total überweidet und es bleiben durch den Nährstoffeintrag nur Unkräuter wie Ampfer, Kletten oder Brennnessel. Dadurch, dass meine Pferde in einer höheren Dichte auf einer Fläche stehen, fressen und trampeln sie den Bewuchs platt. Dann rotieren sie weiter, das Gras kann wieder aufwachsen und es kann Humus aufgebaut werden. Da wir in Brandenburg sehr mit Trockenheit zu tun haben, ist es vorteilhaft, die dadurch entstehende Mulchauflage zu haben. Durch den schnellen Wechsel wird auch keine Fläche übernutzt.


Und dann bist du ja neben dem Job an der Hochschule und den Pferden auch noch Autorin!

Ja, genau. Wie bereits erwähnt, habe ich ein Buch über meinen Weg zur Bio-Bäuerin geschrieben. Aktuell habe ich ein neues Buchprojekt mit Sonja Moor. Darin geht es darum, wie wir die Rinder sehen und was wir von ihnen lernen können. Rinder sind sehr sozial und haben eine stabile Familienstruktur. Der Umgang mit Bullen wird auch thematisiert, denn die Angst vor Bullen ist in meinen Augen unbegründet. Und selbstverständlich geht es auch darum, wie wir mit Tieren leben und umgehen sollten. Ich wünsche mir einen bewussten Konsum von tierischen Produkten. Denn wir brauchen die Beweidung der Landschaft. Was wir meiner Meinung nach dagegen nicht brauchen, ist importiertes Fleisch aus z.B. Argentinien oder Tiere in Ställen.


Möchtest du den Studierenden zum Schluss noch etwas auf den Weg geben?

Ja, da komme ich nochmal zurück zu meiner Arbeit als Beraterin: Holt euch lieber früher als später Hilfe, wenn es euch nicht gut geht oder ihr mit dem Studium nicht zurechtkommt! Einige Kolleg*innen und ich haben eine Mental Health-Ausbildung gemacht und können euch unterstützen, wenn ihr Probleme habt.

Was mir als Studentin viel gegeben hat, war mein Engagement in studentischen Gruppen. Dadurch ist der Fokus auf das theoretische Lernen nicht so stark. Andere zu treffen macht sehr viel Spaß und es ist super auch fachübergreifend Kontakte zu knüpfen, um den eigenen Horizont zu erweitern.


Das ist ein schönes Schlusswort. Ich danke für das interessante Interview!

In der ackerdemiker.in Reihe "Zu Tisch bei ..." besuchen wir unsere (Forschungs-)Mitarbeitenden an ihrem Schreibtisch. Diese Beitragsreihe soll helfen das Rätsel um (noch) unbekannte Gesichter am Fachbereich zu lüften und Einblicke in spannende Tätigkeiten zu erhalten. Hier findet ihr weitere Interviews dieser Rubrik.

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