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Zu Tisch bei Josephine Lauterbach – Klappe die 2.

Aktualisiert: 26. Okt. 2021



In unserer ackerdemiker.in Reihe "Zu Tisch bei ..." besuchen wir unsere Forschungsmitarbeiter*innen an ihrem Schreibtisch. An unserem Fachbereich arbeiten aktuell circa 30 Menschen in unterschiedlichen Forschungsprojekten und diese Beitragsreihe soll helfen das Rätsel um (noch) unbekannte Gesichter am Fachbereich aufzulösen!

Nach unserem letzten Gespräch mit Forschungsmitarbeiterin Susanne von Münchhausen, sind wir heute mit vielen Fragen im Gepäck erneut bei Josephine Lauterbach zu Gast. Sie ist Mitarbeiterin im Projekt Züchterische Erschließung und Nutzbarmachung pflanzengenetischer Ressourcen durch on-farm/in-situ Erhaltung und Positionierung von Produkten im Bio-Lebensmitteleinzelhandel kurz ZenPG – Puhhh, da ist erst mal kurz Luft holen angesagt! Josephine forscht an der HNEE seit Januar 2018 im Rahmen eines BMEL/BÖLN-Projektes zusammen mit Dr. Christina Bantle, der Humboldt Universität Berlin (HU) und dem Verein zur Rekultivierung Nutzpflanzen in Brandenburg (VERN) zu alten Gemüsesorten. Dabei läuft das Projekt u.a. in Kooperation mit der Kultursaat e.V., dem Bundessortenamt, dem SaatGut-Erhalter-Netzwerk Ost und der Bio Company.

In dem Projekt geht es um die Erschließung neuer Potenziale für die Gemüsezüchtung aus alten, nicht mehr auf dem europäischen Saatgutmarkt verfügbaren Gemüsesorten. Alte Sorten sollen also erhalten und so sowohl Gemüsebäuer*innen, Züchter*innen als auch Verbraucher*innen wieder zugänglich gemacht werden. Dabei sollen Präferenzen von Verbraucher*innen berücksichtigt sowie die gesamte Wertschöpfungskette einbezogen werden. Hierfür entwickelt die HNEE in ihrem Arbeitspaket ein Kommunikationskonzept zur Vermarktung alter Sorten im Bio- Lebensmitteleinzelhandel.



Liebe Josephine, wir haben uns ja schon einmal hier auf dem Blog über dein Projekt unterhalten. Was hat sich denn seitdem alles getan? Wo steht das Projekt jetzt?

Natürlich eine ganze Menge. Insgesamt haben wir im Projekt drei Studien durchgeführt. Zuerst Fokusgruppendiskussionen mit an alten Sorten interessierten Verbraucher*innen (siehe letzter Blogeintrag). Hierbei haben wir herausgefunden, was Verbraucher*innen allgemein über alte Sorten denken und was ihnen besonders wichtig ist. Wenig überraschend: Viele Menschen wollen natürlich wissen, wie die Sorten schmecken. Spannend war aber auch, dass obwohl einige der befragten Verbraucher*innen moderne Züchtungen sehr kritisch sehen, sie die Bezeichnung alte Sorten auch nicht besonders ansprechend fanden.

Dann war ich ein bisschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs und habe mir Bespiele angeschaut, wo die Vermarktung alter Sorten im (Bio-) Lebensmitteleinzelhandel schon funktioniert. Die Schweiz ist hier ein tolles Beispiel, hier kooperiert die Organisation „Pro Specie Rara“ schon seit vielen Jahren mit dem Supermarkt COOP. Hierbei ist mir aufgefallen, dass die enge Absprache zwischen allen Beteiligten besonders wichtig ist. Alte Sorten sind nun mal etwas anfälliger in Sachen Transport und Lagerfähigkeit, was eine erhöhte Kompromissbereitschaft und Absprachen erfordert.

Im letzten Winter haben wir dann eine große online-Umfrage unter etwa 700 Leuten durchgeführt: Hierbei wollten wir uns anschauen, was denn nun eine besonders ansprechende Bezeichnung für „alte Sorten“ sein kann und ob Konsument*innen bereit sind, einen kleinen Aufpreis für alte Sorten zu bezahlen. Hierfür haben wir ein hypothetisches Kaufexperiment durchgeführt. Das hat gezeigt: Die Bezeichnung alte Sorten ist tatsächlich eher unbeliebt, dagegen mochten Verbraucher*innen die Bezeichnung „Botschafter der Vielfalt“ und sind auch bereit, hierfür mehr Geld auszugeben. Für unser Kommunikationskonzept heißt das: Wir wollen vor allem aufzeigen, dass alte Sorten mehr Vielfalt auf Acker und Teller bringen.

Und was liegt heute so auf deinem Schreibtisch?

Gerade planen wir den letzten großen Baustein unseres Projekts: Eine Probevermarktung unserer Sorten im Hofladen der Domäne Dahlem. Dafür haben wir ein Logo und einen Flyer entwickelt, die sich auf die Erkenntnisse unserer Forschung stützen.

Hierfür bin ich grad in den letzten Abstimmungen: Wo genau wird das Gemüse verkauft, wo können die Flyer ausgelegt werden etc.. Außerdem planen wir noch eine kleine Kund*innenbefragung, für die wir uns ein Befragungskonzept überlegen mussten, welches die aktuellen corona-bedingten Einschränkungen berücksichtigt.



Die Frage haben wir dir schon mal gestellt und sind besonders gespannt was sich denn so getan hat in dem Bereich. Was war denn seit unserem letzten Gespräch die schönste oder lehrreichste Erfahrung bis jetzt?

Ich bin weiterhin total begeistert, dass wir mit so tollen Betrieben zusammen arbeiten. Wenn sie über unsere Sorten sprechen, merkt man die emotionale Beziehung, die sie zu den Sorten haben.

Ansonsten habe ich über die letzten zwei Jahre sehr viel methodisch gelernt: Im Studium habe ich um Statistik immer einen kleinen Bogen gemacht. Da musste ich für die Auswertung der online Umfrage nochmal ein paar Lehrbücher wälzen und Youtube-Tutorials anschauen – am Ende hat es mir aber richtig Spaß gemacht und nochmal sehr wertvolle Erkenntnisse geliefert.

Auch die Zusammenarbeit mit Studierenden ist sehr lehrreich – ab und zu darf ich in die Lehre mit reinschnuppern. Hier macht es mir besonders viel Spaß, Studierenden Programme wie CITAVI oder MaxQDA näher zu bringen. Meist spüre ich hier zuerst eine gewisse Skepsis (wozu soll ich denn noch ein Programm lernen?) und irgendwann kommt dann ein AHA-Moment. So habe ich das Gefühl, meine Erfahrungen weitergeben zu können.


Liebe Josephine, vielen Dank für das nette Gespräch!

Josephine schafft es mit ihrem Projekt nicht nur Verbraucher*innen wieder für alte Gemüsesorten – für „Botschafter der Vielfalt“ – zu begeistern, sondern auch die Wertschätzung für alle, die an der Erzeugung beteiligt sind, zu steigern. Wir sind auf weitere Ergebnisse aus dem Projekt gespannt und halten euch auf den Laufenden sobald es wieder etwas Spannendes zu berichten gibt. Bis dahin könnt ihr hier unser erstes Interview mit Josephine zum Projekt ZenPGR nachlesen.

Weitere Infos zum Projekt findet ihr HIER.


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