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Praxisluft schnuppern mit Sarah Volk

Das Studium am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz beginnt mit Vorlesungen, Seminaren und Exkursionen. Je nach Studiengang heißt es dann ggf. irgendwann „ab ins Praxissemester“. Wir interviewen in unserer Rubrik „Frisch von draußen“ Studierende, die gerade ihr Praxissemester absolviert haben oder mittendrin stecken, um zu erfahren, wie diese aufregende Zeit für sie war/ist.

Sarah Volk hat ihr Praktikum bei der „133 Hektar GmbH & Co. KG“ absolviert. Im Interview verrät sie uns, wie diese Zeit für sie war.


Hallo Sarah, seit wann und was studierst du in Eberswalde?

Ich bin im März 2020 von Hamburg nach Eberswalde gezogen, um Öko-Agrarmanagement (ÖAM) zu studieren (heute heißt der Masterstudiengang OLE). Es war allerdings ein ungewöhnlicher Start, denn Corona hat mir ´nen ziemlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Den Campus und einige Mitstudierende und Dozierende habe ich erst zum Ende des ersten Semesters bzw. bei den Prüfungen „in Echt“ kennengelernt.


Mit Blick auf Dein Studium: Wonach hast Du Deinen Praktikumsbetrieb ausgewählt und was möchtest Du dort insbesondere lernen, vertiefen?

Als Quereinsteigerin war es mir wichtig, den landwirtschaftlichen Alltag auf einem Betrieb kennenzulernen. Mein Studium war ziemlich geprägt von Online-Formaten und ich wollte endlich raus „auf´s Feld“. Außerdem interessiert mich die Regenerative Landwirtschaft und insbesondere Agroforst. Die Teilnahme an der Summer School „Agroforst & Regenerative Agrikultur“, in deren Rahmen ÖLV- und ÖAM-Studierende im Sommer 2021 (genauso wie in diesem Jahr) in die Schweiz gefahren sind, hat mich noch einmal darin bestärkt einen Betrieb zu suchen, auf dem ein Agroforstsystem schon besteht oder geplant ist.

Bei meiner Suche nach einer Praktikumstelle habe ich immer wieder die Stellenangebote der Internetseite regenerativ.org durchgesehen und mir die „Wir stehen drauf“ Videos von Svenja Nette angeschaut, in denen sie Menschen und Betriebe vorstellt, die Pionierarbeit im Bereich Regenerative Landwirtschaft leisten. Durch eines dieser Videos kam es dazu, dass ich schlussendlich bei der „133 Hektar GmbH & Co. KG“ im Nordosten von Mecklenburg-Vorpommern gelandet bin. Der Betrieb hat mich angesprochen, weil er in meinem Praktikumszeitraum sein erstes Agroforstsystem (AFS) pflanzen wollte und er ein Zusammenschluss mehrerer ökologischer Betriebe mit unterschiedlichen Expertisen ist (Baumschule, Baumschnitt, Mosterei, Schafhof, Ziegenhof). Das fand ich besonders spannend, denn so würde ich in jeden Bereich ein wenig reinschnuppern können.

Foto 1: Das 133 Hektar Team, von links nach rechts: Konstantin, Sarah, Markus, Andi, Claudia (Foto: Liske Hauser)


Wie können wir uns Deinen Alltag vorstellen? (In welchem Bereich arbeitest du dort, welche Aufgaben hast du und was macht dir am meisten Spaß?)

Mein Alltag war super vielfältig! Die ersten zwei Monate hat sich mein Tätigkeitsbereich viel um Bäume gedreht. Ich war zuerst in der Baumschule, danach ging es an die Vorbereitung der Flächen für diverse Gehölz-Pflanzungen. Für eine Hecke habe ich z.B. die Pflanzabstände vermessen, im entstehenden Obst-Agroforstsystem habe ich bei der Verlegung der Tröpfchenbewässerung und bei der Rodung der fürs AFS bestimmten Obstbäume in der Baumschule geholfen. Sehr spannend mitzuerleben waren natürlich die Pflanzungen selbst und die Unterschiede von einer Hecke mit oberirdischer Bewässerung zu Obstbäumen mit unterirdischer Bewässerung. Von morgens bis abends bei Wind und Wetter draußen zu sein und teils anstrengende körperliche Arbeit zu verrichten war zwar herausfordernd, aber hat sich auch sehr sinnvoll angefühlt.

Beim Bewerbungsgespräch hatte ich angegeben, dass ich gerne Trecker fahren lernen will. Nach den abgeschlossenen Pflanzungen war es nun soweit und mein Schwerpunkt verschob sich in der zweiten Hälfte des Praktikums mehr auf den Ackerbau. Jetzt war striegeln, grubbern, mulchen und mähen angesagt. Mit solch großen Maschinen umzugehen hat mich anfangs ein wenig eingeschüchtert, besonders im AFS, wo es gilt mit Front- und Heckanbaugeräten alles im Blick zu behalten und die kleinen Bäume nicht umzufahren oder im Zaun hängen zu bleiben. Bislang ist das zum Glück nicht passiert. Und mittlerweile ist das Treckerfahren fast schon Routine.

Da aus den unterschiedlichsten Bereichen Material wie Baum- und Strauchschnitt, Trester, Grasschnitt, Gärreste und Mist anfielen, habe ich im Sommer noch als kleines eigenes Projekt zwei Kompostmieten mit unterschiedlichen Komponenten aufgesetzt. Die eigenständige Planung, Umsetzung und Beobachtung haben mir richtig viel Spaß gemacht.

Foto 2, 3, 4 : Bewässerung verlegen im Agroforstsystem, der 1. Gepflanzte Obstbaum im AFS, die AFS Fläche einige Monate nach der Pflanzung (Fotos: Sarah Volk)


Foto 5, 6: Nach der Mahd kommt das Kreiseln auf der Kleegrasfläche (Fotos: Sarah Volk)


Foto 7,8: Aufsetzen der Kompostmiete (Fotos: Sarah Volk)


Inwiefern war Dein Praktikum für Deine berufliche Orientierung hilfreich? Was nimmst du aus deiner Zeit dort mit?

Das Praktikum war sehr hilfreich, um zu sehen, was mir Spaß macht und was nicht, welche Wissenslücken ich habe und wie ich damit umgehe. Aber auch um den landwirtschaftlichen Alltag und die Herausforderungen kennenzulernen, um sich bewusst dafür oder dagegen zu entscheiden – ganz ohne romantische Vorstellungen vom Landleben.

Ich bin auf jeden Fall darin bestärkt worden, dass die regenerative Landwirtschaft das Feld ist, in dem ich tätig sein will.


Wie blickst Du auf den Abschluss Deines Studiums an der HNEE und deine weitere Laufbahn? (Kannst du dir vorstellen später in diesem Job zu arbeiten)?

Ich will in meiner Abschlussarbeit gerne die Zusammenarbeit der landwirtschaftlichen Akteur*innen hier in der Region beleuchten. Es gibt neben dem 133 Hektar Zusammenschluss nämlich noch mehr Menschen, die hier AFS pflanzen und sich mit regenerativer Landwirtschaft beschäftigen. Wie die unterschiedlichen Akteur*innen Synergien nutzen und Kooperationen eingehen können, würde ich gerne untersuchen.

Bereits nach einigen Monaten war mir klar, dass ich hier bleiben und den Betrieb weiter begleiten möchte. Ich habe sowieso meine Projektarbeit noch nicht abgeschlossen, in der ich die Identifizierung von potentiellen Citizen Scientists für ein Langzeit-Monitoring der AFS Fläche untersuchen möchte. Zudem bin ich in die Planung eines neuen AFS involviert. Es ist mega spannend, von Anfang an und mit „allem Drum und Dran“ bei so einer Planung dabei zu sein, sie schlussendlich auch zu verwirklichen und zu begleiten. Die Agroforstsysteme sind für Jahrzehnte angelegt und ich bin sehr happy die Möglichkeit zu haben, ihre Entwicklung hier über lange Zeit mitgestalten und beobachten zu können.


Angenommen ein Studi interessiert sich ebenfalls für „Deinen“ Betrieb für´s eigene Praktikum, was wären Deine Hinweise? Was sollte die Person mitbringen, um hier ein ertragreiches Praktikum zu absolvieren?

Es gibt hier vielfältige Möglichkeiten sich einzubringen, z.B. in der Organisation und Planung oder eher praktisch draußen auf dem Acker, in der Baumschule, beim Bäume pflanzen oder schneiden etc. Für mich ergab sich ein breites Spektrum an Dingen, die ich im Praktikum lernen und die ich auch selbst als Idee einbringen konnte. Das kommt ganz auf die Person und ihre Interessen an. Von Vorteil ist auf jeden Fall die Fähigkeit, flexibel zu sein und sich eigenständig organisieren zu können, da keine sehr feste Betriebsstruktur vorhanden ist. Ich habe das aber eher als Vorteil gesehen.


Was konkret im Frühjahr 2023 anfällt ist eine Pappelpflanzung, der Start des Citizen Science Monitoring und die weitere Planung des neuen AFS. Falls ihr Interesse habt, im Sommersemester hier ein Praktikum zu machen, meldet euch unter info@133hektar.de


Um den Betrieb besser zu verstehen und mitzubekommen, was so passiert ist der Instagram Kanal hilfreich.


Jede*r am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz wird im Laufe des Studiums ein Praktikum oder sogar ein ganzes Praxissemester absolvieren. In unserer Rubrik „Praxisluft schnuppern mit ..." interviewen wir regelmäßig Studis um von ihren Erfahrungen aus dem "echten" Leben zu hören.

Hier findet ihr weitere Interviews dieser Rubrik.

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